Tanzen mit Maske und Abstand
Nach einer Woche voller Ungewissheit, vielen Abklärungen mit dem Kanton Bern und dem BAG durfte das Tanzstudio «tanzpasión» seine Türen wieder öffnen. Die Geschäftsführerin Nicole Rodriguez-Andres zeigt sich darüber erfreut, macht sich aber zugleich Sorgen über die unsichere Zukunft.
Im Frühling war das Tanzstudio «tanzpasión» an der Huttwiler Marktgasse drei Monate lang geschlossen. Der Lockdown brachte in der Schweiz beinahe alles zum Stillstand. Erst ab dem 8. Juni erhielt Nicole Rodriguez-Andres wieder grünes Licht. Dann am 23. Oktober beschloss der Kanton Bern erneut, unter anderem auch die Tanz- und Fitnessstudios für vier weitere Wochen zu schliessen. «Diese Nachricht kam völlig unerwartet», sagt die Gründerin und Geschäftsführerin von «tanzpasión». Nach einer Zeit voller Ungewissheit, vielen Abklärungen mit dem Kanton Bern sowie mit dem BAG und durch die Präzisierung der Verordnung für Fitnesscenter ist zwar nun vieles etwas klarer, aber immer noch sehr komplex. «Laut Behörden durften nun Tanzstudios vorzeitig wieder öffnen. Das klang zwar erstmals hervorragend, aber die Auflagen sind einschneidend und nicht einfach umzusetzen.» Letzte Woche hat Nicole Rodriguez-Andres wieder mit den
regulären Lektionen begonnen. Für die Erwachsenen ging es gestern Montag wieder los. «Aus wirtschaftlicher Sicht wäre ein Schliessung nicht länger tragbar. Wer weiss, wie lange diese Situation noch dauern wird.»
Markierungen am Boden
Im Tanzstudio sind die aufgeklebten Kreuze auf dem Boden nicht zu übersehen. Sie markieren, wo sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in etwa aufhalten sollten, um stets genügend Abstand voneinander zu haben. Der Unterricht gestaltet sich jedoch gleich, da die Choreografien so ausgelegt sind, dass sich alle in die gleiche Richtung bewegen und so der Abstand jederzeit eingehalten werden kann. Dabei hat der Ballettunterricht den Vorteil, dass viel an der Stange geübt wird. Kurse mit maximal 15 Personen inklusive Instruktorin dürfen nur unter Einhaltung der 1,5-Meter-Abstandsregel durchgeführt werden. Wenn bei den Kursen nur Kinder bis 16 Jahre mitmachen, dürfen mehr Jugendliche anwesend sein. Neu gilt die Maskenpflicht ab 12 Jahren im ganzen Gebäude, d. h. auch im Kursraum und während dem Training. «Die Gesundheit und der Schutz von Teilnehmenden und Instruktorinnen steht bei uns an erster Stelle», betont Rodriguez-Andres.
Risikopersonen tanzen online
Bereits jetzt weiss sie aber, dass mit der Maske und den weiteren Massnahmen nicht alle den Weg ins Tanzstudio auf sich nehmen werden. «Die Maske ist für gewisse Personen eine Hürde», sagt sie. Jedoch stellt die Leiterin fest, dass man sich mit der Maske vielleicht bewusster auf den Atem konzentrieren muss, was auch seinen Vorteil hat. Die Corona-Krise hat Nicole Rodriguez-Andres zu einer Live-Stream-Expertin gemacht. Per Video hat die Geschäftsführerin versucht, die Stammgäste von «tanzpasión» weiter zu betreuen. «Am Anfang habe ich einfach nur den Laptop hingestellt und das Video aufgenommen. Nach und nach habe ich mich dann immer mehr hineingefuchst», erzählt sie. Da bei den Lektionen auch Risikopersonen teilnehmen, erhalten diese die Möglichkeit, via Live-Stream mitzumachen. «Bewegung ist gerade in dieser Zeit sehr wichtig für das Immunsystem. Mit dem Live-Stream-Angebot kann man von zuhause aus im geschützten Rahmen mitmachen.» Ein Anmeldesystem ist bei «tanzpasión» vorerst nicht geplant. «Falls das Interesse in einzelnen Gruppen gering wäre, würden wir über eine Stundenplanänderung nachdenken. Anderenfalls müssten wir bei grossem Interesse die hoch frequentierten Stunden auf Anmeldung anbieten, um die 15-Personen-Regel einhalten zu können», erwähnt die Huttwilerin. Die nächsten Wochen werden zeigen, in welche Richtung es geht.
Ungewisse Zukunft und neues Projekt
«Super, ich nehme trotz der Maskenpflicht an den Lektionen teil. Hauptsache, ich kann mich bewegen und bin live dabei», sagt eine Kurs-Teilnehmerin. Eine andere hingegen meint, mit Maske sei es anstrengender und sehr ungewöhnlich. Seit 18 Jahren führt Nicole Rodriguez-Andres das Tanzstudio im «Blumenstädtchen». «Die aktuelle Situation bereitet mir Sorgen und macht mir ehrlich gesagt auch etwas Angst», betont sie. Die passionierte Tänzerin ist auf das Tanzstudio angewiesen – nicht nur aus finanzieller Sicht. «Die Kursteilnehmer machen ‹tanzpasión› zu dem, was es ist, und die grosse Solidarität rührt mich sehr. Ich werde alles dafür tun, das Tanzstudio am Leben zu erhalten. Wir müssen nun von Tag zu Tag schauen und auf alles gefasst sein.» Auch wenn die Zukunft für alle noch ungewiss ist, auf eines freut sich Nicole Rodriguez-Andres ganz besonders. Im kommenden Jahr startet die Huttwilerin mit einem Kinder-Yoga. «Yoga ist für Kinder- und Jugendliche eine Quelle aus Spiel, Spass und Glück. Hier können sie sowohl ihren natürlichen Drang nach Bewegung ausleben als auch Momente ohne Leistungsdruck, Entspannung und Ruhephasen erleben.»
Von Yanick Kurth