Tschernes Herz sagte ja zum «Grütli»
Was lange währt, wird endlich gut. Die Nachfolge für das «Grütli» ist geregelt. Ab Samstag, 1. April, wird der Gastroprofi Bernhard Tscherne das letzte noch offene Restaurant in Wasen übernehmen. Der gebürtige Österreicher war seit acht Jahren auf der Suche nach einem geeigneten Herzensobjekt und wurde in Wasen endlich fündig. Am 25. März werden die Gäste an der «Austrinkete» das letzte Mal von Doris und Markus Zürcher bewirtet.
Wasen · Rund zwei Jahre ist es her, als die Interessengemeinschaft IG Grütli zusammen mit den Wirtsleuten begann, für das «Grütli», der letzten noch offenen Dorfbeiz in Wasen, eine Nachfolgelösung zu suchen. Ende März 2023 erreicht Wirt Markus Zürcher das Pensionsalter. Mit ihm wollte bis dann auch seine Frau Doris den Betrieb in anderen guten Händen wissen. Die Gruppe war sich sicher, dass das Grütli, als Dorfbeiz geführt, eine Zukunft haben könnte. Um zu spüren, ob die Bevölkerung von Wasen auch wirklich hinter der Idee stehen würde, die letzte Dorfbeiz zu retten, wurde Mitte November 2021 ein Crowdfunding gestartet. «Mit rund 175 000 gesprochenen Franken war uns klar, dass das Dorf hinter uns steht», erklärt Initiant Matthias Zehnder. Doch mit dem Geld allein war das Restaurant noch lange nicht gerettet. Es reichte nicht aus, das «Grütli» zu kaufen und zu unterhalten. Dann im Frühling 2022 zeichnete sich ein weiterer Teilerfolg ab. Die Spruchreife der guten Nachricht erreichte die Bevölkerung von Wasen aber erst im darauf folgenden Herbst. Das «Grütli» hatte eine neue Besitzerin: Jacqueline und Urs Bähler, Eigentümer der Kupferhof AG in Liestal (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Nun musste «nur» noch ein Pächter oder eine Pächterin gefunden werden. Die IG, unterdessen als Verein IG Grütli Wasen geführt, machte sich aktiv auf die Suche. Doch diese fruchtete nicht. Bis Ende letzten Jahres traf keine einzige Bewerbung ein. Dann im Januar wendete sich plötzlich das Blatt. Oder wie es Matthias Zehnder ausdrückt: «U dänn hät doch de Schiitstock chauberet», will heissen, dass der Verein IG Grütli Wasen unverschämtes Glück hatte. Unter fünf Bewerbungen traf auch die von Bernhard Tscherne ein. «Er überzeugte uns durch seine umfassende Gastroerfahrung. Er ist der Mann, nach dem wir gesucht hatten», erklärt Matthias Zehnder glücklich.
«Mein Herz sagte ja»
«Was mich bewogen hat, das Restaurant Grütli zu übernehmen, war mein Herz», gesteht Bernhard Tscherne. Als er auf die Ausschreibung im Internet stiess, machte er sich zusammen mit seiner Frau auf den Weg nach Wasen, um im «Grütli» einen Kaffee zu trinken. Als sie vor dem Restaurant standen, sagte seine Frau zu ihm: «Das ist genau deins, hier fühle ich mich heimelig, eine richtige Landbeiz.» Der erste positive Eindruck verstärkte sich im Innern des Restaurants. «Ich konnte mir hier meinen Plan, die österreichische und schweizerische Küche zu vereinen, sehr gut vorstellen. Nach acht Jahren Suche sagte mein Herz endlich ja», freut sich Bernhard Tscherne. Zu Hause angekommen trat er sofort mit Matthias Zehnder in Kontakt. Bald darauf waren sich die Parteien einig. Der 41-jährige gebürtige Österreicher ist seit 15 Jahren in der Schweiz, wohnt in Worb und hat bereits eine beeindruckende gastronomische Karriere hinter sich. Die Hotelfachschule absolvierte er in Österreich in Bad Gleichenberg. Er ist Barista, Sommelier für Wein, Käse, Zigarren und Schnaps und hat unter anderem in New York, in Singapur und sogar auf einem Schiff gearbeitet. Er war im Gstaaderhof, hat mitgeholfen, den Ratskeller in Bern aufzubauen, bewirtete den EHC Biel und sorgte im Beefsteakhaus für das Wohl des SCB. Seine letzte Anstellung war im Schweizerhof Bern in Jacks Brasserie. Nun wagt Bernhard Tscherne den Schritt in die Selbstständigkeit und übernimmt ab Samstag, 1. April, das «Grütli». «Wir bieten ‹Omas Küche›, neu und regional frisch gekocht», verspricht er. So werden künftig neben Wiener Schnitzel und Kaiserschmarrn auch Käseknöpfli und Gehacktes mit Hörnli und Apfelmus auf der Speisekarte ihren Platz finden. Die Wirtin Doris Zürcher freut sich, dass sämtliche Angestellten, die bleiben wollen, auch bleiben können.
Aus Restaurant wird Wirtshaus
An der «Austrinkete», getarnt als Grütlifest, werden Doris und Markus Zürcher am Samstag, 25. März, das letzte Mal ihre Gäste bewirten. Begleitet mit Livemusik wird gleichzeitig der Abschied wie auch der Neubeginn kulinarisch gefeiert. Danach wird von oben bis unten alles gereinigt. Umbauarbeiten sind bis zur Eröffnung keine notwendig. «Die Geräte in der Küche und Gaststube wurden regelmässig gewartet und sind in bestem Zustand», erklärt Doris Zürcher. Abgesehen vom Namen bleibt also vorerst alles beim Alten. «Der ändert von Restaurant Grütli in Wirtshaus Grütli», verrät Bernhard Tscherne. «Investitionen am und im Gebäude werden wir dennoch in naher Zukunft vornehmen müssen», sagt Matthias Zehnder. Welche das genau sein werden, muss erst in einem Gespräch zwischen der Besitzerin (zuständig für Gebäudehülle), Bernhard Tscherne (Pächter) und dem Verein IG Grütli Wasen (zuständig für Gastrobetrieb) besprochen werden. Als Erstes müssten wohl energetische Sanierungen und das Erneuern des Flachdaches hinter der Küche in Angriff genommen werden, schätzt Zehnder. Der Charme und der Geist des «Grütlis» sollen dabei aber erhalten bleiben. «Alle Investitionen werden den laufenden Betrieb jedoch nicht behindern», verspricht Bernhard Tscherne.
Von Marion Heiniger