Vermehrtes Graben nach Quellwasser
Seit 30 Jahren gräbt Pius Steinmann, Ufhusen, in der Region und weit darüber hinaus nach Quellwasser, baut Fassungen, Leitungen und Reservoirs. Der Bedarf nach Nachfassungen oder neuen Quellen wächst, denn vielerorts ist die Wassermenge zurückgegangen oder sind die Quellen sogar versiegt.
Ufhusen · «Eine Keimzahl von 8, das ist fast ein Weihnachtsmärchen. Gestattet ist eine Menge von 100 – da darfst Du dich über eine aussergewöhnlich gute Wasserqualität freuen», freut sich Pius Steinmann im steilen Waldstück oberhalb Zell. Vor ihm steht der Onkel des Landwirts, der das Wasserfassen in Auftrag gegeben hat. Mit etwas Bedenken mustert dieser das neue, über 8000 Liter fassende Wasserreservoir. «Wie steht es mit dem Wasseraustausch? Besteht nicht die Gefahr von abgestandenem Wasser?» Nein, meint Pius Steinmann. Mit gleichbleibenden 20 Minutenlitern sei der Wasseraustausch gewährleistet. Man habe sich für ein grösseres Reservoir entschieden, weil der Landwirt eine Hühnermasthalle betreibe und zeitweise gros-se Wassermengen benötige. Der Mann strahlt, inspiziert nochmals die Leitung, das Reservoir, die Fassung und das herrliche, kristallklare sprudelnde Wasser. Dann verabschiedet er sich zufrieden.
In den letzten Monaten war das Wasser im betroffenen Landwirtschaftsbetrieb knapp geworden. Das sei ein weitverbreitetes Problem, stellt Pius Steinmann im Gespräch mit dem «Unter-Emmentaler» fest. «Aber kein wirklich neues Phänomen, sondern eines, das sich schon seit längerem abgezeichnet hat. Das System hat sich seit Jahren nicht mehr richtig erholt.»
Nach dem sehr trockenen Sommer 2003 seien viele Quellen nicht mehr auf die vorherige Menge angelaufen. Im Sommer/Herbst 2018 habe sich die Situation in der Region und weit darüber hinaus erneut verschärft. Einige Quellen seien nun definitiv versiegt. «Ob dies in eine neue, trockenere Zeit führen wird oder ob die Tendenz wieder einmal kehrt, wird sich zeigen.» Pius Steinmann hat jahrzehntelange Erfahrung. Steinmann Bau Ufhusen GmbH wurde 1962 von seinem Onkel, Hans Steinmann, damals als Einzelbetrieb, gegründet. Pius Steinmann, der zusammen mit drei Geschwistern auf einem Bauernhof in Ufhusen aufgewachsen ist und ursprünglich das Käsen erlernt hat, trat kurz nach seiner Lehre in das Geschäft des Onkels. Später wurde dieses von zwei Söhnen des Onkels übernommen und in eine AG umgewandelt.
Nach dem Tod des einen Cousins übernahmen Pius Steinmann und ein Mitarbeiter 1999 den Betrieb und machten daraus eine GmbH. Seit 2017 führt er das Geschäft alleine.
Das Baugeschäft widmet sich inzwischen zu rund 90 % den Wasserfassungen. Seine Tätigkeit erstreckt sich über weite Teile der Deutschschweiz, vorwiegend zwar im Luzerner Hinterland, Entlebuch, im Oberaargau und Emmental, aber auch im Jura, Mittelland, gegen das Seeland zu und auch in Richtung Zentral- und Ostschweiz.Dazu gehören einerseits Sanierungen von Wasserfassungen und -leitungen, denn schon in früherer Zeit war das Wassersuchen und Wasserfassen ein Grundbedürfnis der Menschen. In den hiesigen Sandsteinfelsen wurden unzählige mannshohe Wasserhöhlen ausgehoben, wahre Kunstwerke, welche die Vorfahren mit Hammer und Meissel für die Versorgung ihrer Höfe bauten. Mit ihrem Wissen und dem Bewusstsein für die Natur, mit dem zielsicheren «Schmöcken» nach Wasser fanden sie so die Wasseradern und fassten das lebensnotwendige Nass. «Es ist immer sehr wertvoll, wenn in den Bauernhöfen, die nach Wasser suchen, alte Menschen leben. Denn diese bringen das Wissen und die geschärften Sinne der früheren Generationen mit», stellt Pius Steinmann fest. Einstürze der Höhlen, Wurzeln, die hineinwachsen oder manchmal auch defekte Leitungen sind nicht selten die Gründe, dass das Wasser in den angeschlossenen Häusern und Bauernbetrieben versiegt.
In solchen Fällen kann das Wasser manchmal weiter oben vollständig wieder gefasst werden.
Wasservorkommen reichlich vorhanden – aber tiefer
Insbesondere im Napfgebiet sei das Wasservorkommen nach wie vor gross, weiss Pius Steinmann. «Aber es muss tiefer unten gefasst werden.» Seit 1999 hat er mit seinem Geschäft über 500 Wasserfassungen für Private, Landwirte und Wasserversorgungen erfolgreich durchgeführt. Mit den Landwirten arbeitet er dabei eng zusammen – und mit Rutengängern. Insbesondere neue Gebiete sucht er in einem ersten Schritt mit bis zu drei Rutengängern ab, «denn jeder hat seine eigene Methode.» Die Mutungen der Rutengänger und die genaue Begutachtung des Geländes lassen in den meisten Fällen genau auf die Wege der Adern führen. Je nach Gelände und Tiefe der vermuteten Quelle wird eine Bohrgrube ausgehoben. Nach dem Installieren des Bohrgerätes kann mit der Horizontalbohrung begonnen werden. Die eigentliche Bohrarbeit beruht im Wesentlichen auf der Erfahrung des Bohrmeisters, welcher die Gegebenheiten des Geländes und der Bodenbeschaffenheit richtig einschätzen muss. Fels eignet sich hervorragend. Weiche Bodenbeschaffenheit erfordert wegen der Einsturzgefahr grösseren Aufwand. Ist eine Bohrung erfolgreich, kann die Quelle abgefasst und in eine bestehende oder neu errichtete Brunnstube geführt werden. In den letzten Monaten und Jahren war Pius Steinmann in Nah und Fern – unter anderem auch für grössere Projekte in Römerswil, Dürrenroth, Schenkon, Ranflüh, Rumisberg, Münchenbuchsee – praktisch nur noch für Wasserfassungen unterwegs.
In der restlichen Zeit führt er verschiedene Arbeiten im Bereich des allgemeinen Tiefbaus durch wie Drainagen, Leitungsbau, Hangsanierungen, Kanalisationen, Aushubarbeiten und weitere. Schlussendlich aber haben auch diese wieder mit denselben, mit «seinen» Elementen zu tun: Wasser und Erde.
Von Liselotte Jost-Zürcher