Vielfältige, attraktive 15. Kulturnacht
Die 15. Kulturnacht Langenthal – die letzte für die Kulturbeauftragte Marianne Hauser Haupt vor ihrer Pensionierung – lockte viel Publikum zu den interessanten Gratis-Vorstellungen und -Ausstellungen.
Beim grossen Kulturnacht-Angebot der Kulturhäuser war eine minuziöse Planung vonnöten. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Start des etablierten Anlasses: Freitag, 19 Uhr. Schluss: 1 Uhr, also sechs Stunden später.
Ausdauer, Sitz- und Stehvermögen waren gefragt. Um 18.50 Uhr liefen auf dem Wuhrplatz letzte Vorbereitungen, um diesen in einen Kulturplatz zu verwandeln. Leiter Rainer Walker legte beim Entstehen des Konzertraums mit Klavier ebenso Hand an wie Künstler Reto Bärtschi.
Vom Kunsthaus ins Museum
Leiter Raffael Dörig führte das Publikum durch die Gruppenausstellung «Unbehaust». Hier vorerst in jenen Raum, wo die in Basel lebende und arbeitende Künstlerin Anja Braun (1985) ihr neustes Werk vorstellte. Anderswo waren bunte Frosch-Kreationen des brasilianisch-schweizerischen Künstlers Pedro Wirz (1981) zu bewundern. Die Frösche seien Kreationen aus Erde, Bienenwachs und Stoff, klärte der Leiter des Kunsthauses auf.
Weiter ging’s ins Museum zur Kurzlesung des in Rohrbach geborenen Schriftstellers Urs Mannhart. Mannhart hat für die bis zum 2. Juli dauernden Ausstellung «Regionalfenster Aarwangen» einen Text geschrieben: «Les Joues d‘Aar». Was der Schriftsteller las, war auf Tafeln mit grossen Buchstaben zu verfolgen: «Die Brücke, das Schloss, die sanfte, indiskutable Wassermacht...» Die Brücke sei eine der am meisten befahrenen zweispurigen Brücken Europas.
Vom Leuebrüggli ins Chrämerhuus
Auf ging’s in die Galerie L. Leuebrüggli. Die Aufmerksamkeit galt vorerst den Werken von Susi Kramer, Hans Sieverding und dem Aarwanger Beat Wälchli. Es folgte der Auftritt des Männerchors Langenthal unter der Leitung von Anita Steiner-Thaler mit «Night Dreams». Im Chor war ein Huttwiler auszumachen: Bernhard Bracher, auch er in gelb-blauer Langenthal-Krawatte. Er sei «Projekt-Sänger», klärte er auf.
Im randvoll besetzten Chrämerhuus war etwas später die Uraufführung des ersten Teils eines multidimensionalen Hörstücks von Elia Aubry und Loris Aregger angesagt. Geschildert wurde das unheimliche Geschehen im Skulpturenpark einer eidgenössischen Zwangsheilanstalt im Jahr 2045. Eine Nachrichtensprecherin hielt die Hörerschaft auf dem Laufenden.
Stadttheater – Museum retour
Vom Chrämi ins Stadttheater ist es ein Katzensprung. So reichte es noch knapp, um rechtzeitig im Musentempel zu sein und sich hier von groovigen Rhythmen der Band «The Waffle Machine Orchestra» mitreissen zu lassen. Die drei Männer und zwei Frauen – beide in altmodischen Klamotten in Rot und Blau mit weissen Punkten – gaben alles. Das Publikum honorierte das mit neuen Eigenkompositionen bereicherte Swing-Erlebnis mit rhythmischem Klatschen. Einen Sonderapplaus gab’s für die akrobatische Einlage des in London geborenen Band-Leaders Frank Powlesland. Er spielte am Boden liegend Gitarre, und auf seinen nach oben gerichteten Füssen «schwebte» die in Berlin geborene, in Burgdorf wohnhafte Josephine Nagorsnik. Mit «The last Song» kündigte der Engländer Frank Powlesland das letzte Stück an. Das Publikum forderte erfolgreich Zugabe. Ein Blick auf die Uhr und die Befürchtung wurde Realität: Es reichte nicht mehr, um rechtzeitig um 23.15 Uhr in der Regionalbibliothek bei «Mundwärch u Pinsu» zu sein. Zu Fuss nicht und auch nicht mit dem alten Feuerwehrauto, das als «Kulturnacht-Shuttle» die fünf Kulturhäuser miteinander verbindet. Hineingeschlichen also in die Bibliothek, wo die Märchenerzählerin Dina Nora Felder das zu dieser späten Stunde ausnahmslos erwachsene Publikum in ihren Bann zog. Grafikerin Katrin Langmair illustrierte das Geschilderte. Die Märchen waren bewusst erotisch «for adults only» eben. Dina Nora Felder erzählte rhetorisch grossartig.
«Schabernack nach Mitternacht»
Ein Spektakel bot der letzte Kulturnacht-Programmpunkt «Schabernack nach Mitternacht» mit dem einheimischen Slam Poeten Valerio Moser, der bei seinem Auftritt im Stadttheater sofort ein Bekenntnis zu seinem Wohnort abgab: «In Langenthal fühle ich mich wohl. Hier bin und bleibe ich sehr gerne. Kleinstädte sind grossartig». Das Publikum erfuhr von allerlei «Heldentaten», die Valerio Moser zuweilen erlebt, wenn er nach Mitternacht von seinen Auftritten in Basel, Zürich, Bern oder anderswo nach Langenthal zurückkehrt und hier seine Kumpane trifft. Der 30-Jährige blickte beim «Schabernack»-Auftritt auch auf die eigene, erfolglose Fussballkarriere zurück und verriet, dass der Fritzen-Verein, um den Mitgliederrückgang zu stoppen, auch Friedas aufnimmt und mit den Hansen bummeln geht.
Exakt um 1 Uhr setzt Valerio Moser den witzigen Schlusspunkt hinter die viel Freude bereitende 15. Kulturnacht. Unterwegs auch angetroffen: Marianne Hauser Haupt. Für sie als Kulturbeauftragte sicher ein schöner, aber auch wehmütiger Abschied von der Kulturnacht – und für die Utzenstorferin bald auch von Langenthal.
Von Hans Mathys