Vom Bleisatz zum Computerlayout
Als Lernende hat sie noch mehrere Kilo schwere Bleischiffe durch die Druckerei geschleppt. Heute beschränkt sich ihr körperlicher Einsatz auf das Gestalten und Umbrechen von Texten auf dem Computer-Bildschirm. 45 Jahre liegen zwischen diesen beiden Tätigkeiten, in denen Brigitta Hunziker die Entwicklung vom Bleisatz per Hand über den Fotosatz bis hin zum modernen Computer-Layout miterlebt hat.
Huttwil · Brigitta Hunziker wollte nach der Schule einen handwerklichen Beruf erlernen und begann 1975 ihre berufliche Laufbahn als Schriftsetzerin in der Druckerei Schürch in Huttwil. Dabei setzte sie zunächst alle Buchstaben und Zwischenräume einer Zeile in einen kleinen verstellbaren Rahmen, den sogenannten Winkelhaken. War eine Zeile fertig, hob sie diese auf ein Brettchen, das Satzschiff.
Zusammen mit Klischees (Druckstock) für Firmenlogos und Bilder entstand so nach und nach die Druckform, die für den Buchdruck gebraucht wurde. «Es war eine riesige Arbeit, bis eine Zeitungsseite fertiggestellt war», erinnert sich die heute 61-jährige Frau mit den auffallend roten Locken. Doch sie hatte einen Beruf erlernt, den es nur wenige Jahre nach der Abschlussprüfung in dieser Form nicht mehr gab. Ab Mitte der 1980er-Jahre wurde der Bleisatz ausgemustert. Fotosatz hiess die neue Technologie, und erstmals arbeitete Brigitta Hunziker am Computer.
«Das war eine spannende Zeit, es wurde rein nach Koordinaten gearbeitet», erzählt sie. Die so blind gesetzten Texte wurden anschliessend auf Fotopapier belichtet, das danach in der Entwicklungsmaschine entwickelt wurde.
«Erst dort konnte ich sehen, was ich gemacht hatte, das war immer ein aufregender Moment», schwärmt sie ein wenig. Später konnte Brigitta Hunziker bereits einen Gestaltungsbildschirm benutzen, auf dem die gestalteten Spalten und Schriften zu sehen waren. «Bilder konnte man noch nicht an die entsprechende Stelle einfügen, sie wurden nachträglich hineinge-klebt», erklärt sie. Die fertigen Seitenteile wurden danach belichtet, entwickelt und mit Wachs am Leuchtpult zusammengeklebt. Weitere technische Revolutionen zogen ein und Brigitta Hunziker musste ihre komplette Arbeitsweise erneut ändern. «Heute arbeite ich nur noch am Computer», sagt sie und ein wenig Wehmut schwingt in ihrer Stimme mit. Von ihrem einst erlernten handwerklichen Beruf ist nichts mehr übriggeblieben.
Dem Beruf treu geblieben
Doch der Wandel in der Druckbranche hatte auch seine guten Seiten. Für Fehler auf der Zeitungsseite hat Brigitta Hunziker heute nur noch ein Lächeln übrig. Einige Mausklicks und schon sind diese behoben. Vor über vierzig Jahren wäre das mit viel Aufwand und Zeit verbunden gewesen. Denn nicht nur die Fehler, sondern gleich die ganze Zeitungsseite musste dabei ausgetauscht werden.
Heute ist Brigitta Hunziker für das Zeitungslayout zuständig. «Ich kontrolliere die Seiten, wenn sie von der
Redaktion kommen, schaue, dass die Schriften alle gleich sind, ob die Abstände stimmen und dass es optisch ansprechend ist. Ich korrigiere die Fehler, gestalte die Inserate und bereite die einzelnen Zeitungsseiten der nächsten Ausgabe für die Redaktion vor», fasst sie kurz ihre heutige Aufgabe zusammen.
45 Jahre sind seither vergangen, nicht immer war Brigitta Hunziker dabei in der Druckerei Schürch tätig. Dem Beruf jedoch ist sie treu geblieben. Nach ihrer vierjährigen Lehrzeit verschlug es sie nach Basel, bereits zwei Jahre später aber zog es sie wieder zurück in die Heimat. Es folgten Anstellungen in Druckereien in Schöftland (AG) und Hasle-Rüegsau.
Umzug mit Pferd, Ziege und Hund
Ihre Freizeit verbrachte Brigitta Hunziker als Jugendliche oft bei einer ihrer drei Schwestern, welche einen Reitstall führte. Dort half sie die Boxen auszumisten, pflegte die Pferde und erlernte das Reiten. «Ich hatte schon immer gerne Tiere, als Kind hatte ich aber nur zwei Wellensittiche und einen Goldhamster, weil wir in einem Dreifamilienhaus wohnten», erzählt die Tierliebhaberin.
Mit 20 Jahren kaufte sie ihren ersten Hund. Sechs Jahre später, als ihre Schwester den Reitstall aufgab, bekam sie ihr erstes Pferd geschenkt. «Er hiess Tobias und war ein 18 Jahre altes Schulpferd, dazu gab es eine Zwergziege», erinnert sie sich lachend. In der Zwischenzeit suchte sie nach einer neuen Bleibe, was sich jedoch mit den vielen Tieren als nicht ganz einfach erwies. Fündig wurde Brigitta Hunziker schliesslich in Gondiswil, wo sie mit Pferd, Ziege und Hund in ein altes Kleinbauernhaus zog. Kurze Zeit später wurde bei der Druckerei Schürch eine Stelle frei und sie wechselte wieder in ihren Lehrbetrieb zurück, wo sie bis heute noch arbeitet.
Nach eigenen Wünschen umgebaut
Brigitta Hunziker sitzt am Küchentisch ihres umgebauten Bauernhauses, welches zwischen Weier und Sumiswald liegt, und schwelgt in Erinnerungen. Lollypop, ihre Australian Shepherd Hündin, liegt ihr zu Füssen, die 14-jährige Joya schnarcht leise in einem der Hundebetten vor sich hin. Picaro, der schwarze Kater, hat es sich in der Hängematte gemütlich gemacht. Vor 15 Jahren haben Brigitta Hunziker und ihr Lebenspartner das alte Haus gekauft und es nach ihren Bedürfnissen und Wünschen umgebaut. Bald kamen noch einige Tiere dazu.
Unterdessen halten die beiden auf dem grosszügigen Grundstück zwei Vollblutaraber, ein Pensionspferd, drei Pfauenziegen, zwei Hunde und eine Katze sowie ungezählt viele Hühner, Enten, Gänse und Truthühner. Während die Pferde – zwar eingezäunt und im Freilaufstall – ihr Leben geniessen, laufen die gefiederten Tiere frei herum. «Wir haben jeden Tag Ostern, denn die Eier von unseren Hühnern sind überall auf dem Grundstück verteilt», erklärt Brigitta Hunziker mit einem Schmunzeln.
Handwerkliches Geschick
Neben ihrer Liebe zu den Tieren hat Brigitta Hunziker noch eine weitere Leidenschaft. Sie arbeitet gerne mit den Händen und kann zuhause ihr handwerkliches Geschick ausleben, das ihr durch den Berufswandel genommen wurde. Neben Dekoartikeln aus Beton arbeitet sie gerne mit Holz und stellt aus alten Paletten Kommoden, Sitzgelegenheiten, Tische und vieles mehr her.
In drei Jahren wird Brigitta Hunziker pensioniert. Doch langweilig wird es ihr bestimmt nicht werden. Sie freut sich bereits heute darauf, mehr Zeit für ihre Tiere und für ihre kreativen Kunstwerke zu haben.
Von Marion Heiniger