Vom Eisenwarenladen zum modernen Service- und Dienstleistungsbetrieb
Die Rudolf Geiser AG in Langenthal feiert in diesen Tagen ihr 150-jähriges Bestehen. Bekanntheit erlangt hat das Unternehmen mit seinen Eisen- und Haushaltwaren, den Sport- und Campingartikeln, die das Unternehmen im Geschäft an der Marktgasse in Langenthal vertrieb. Seit 1984 befindet sich das Unternehmen an der Chasseralstrasse 12, wo man einen Neubau bezog. Hier ist aus der Eisenwarenhandlung ein moderner Service- und Dienstleistungsbetrieb geworden.
«Viele Arbeitsprozesse haben sich stark verändert und unsere Produkte sind komplexer geworden», blickt Martin Bärtschi auf die jüngste Entwicklung der Rudolf Geiser AG zurück. Der 57-jährige Huttwiler ist zusammen mit Kurt Weber Geschäftsführer des Unternehmens, das heuer seinen 150. Geburtstag feiert. Bärtschi arbeitet seit 1984 im Betrieb, der 58-jährige Langenthaler Kurt Weber kam vier Jahre später dazu. Bärtschi greift den ersten Gedanken wieder auf und erwähnt, dass der Fax heute keine Bedeutung mehr habe, ganz im Gegenteil zum Webshop, über den heute sehr viele Bestellungen eingehen würden. Vieles werde heute elektronisch abgewickelt und bei den Produkten sei man mit vielen Vorschriften im Bereich Brandschutz und Sicherheit konfrontiert. Auch habe man das Sortiment laufend an die gestiegenen Ansprüche der Kunden anpassen und erweitern müssen. Heute zählt das Warenlager der Rudolf Geiser AG über 30 000 Artikel. Abnehmer sind in erster Linie holzverarbeitende Betriebe (Schreinereien, Montage-Betriebe, Holzbaufirmen usw.). Die beiden Geschäftsführer bezeichnen den umfangreichen Lagerbestand als grosse Herausforderung: «Die Sicherstellung, dass die Mitarbeiter ihr Wissen dem Kunden rasch und unkompliziert weitergeben können, ist eine spezielle Aufgabe», bemerken die beiden, die darauf hinweisen, dass man über Generalisten verfüge, die ein breites Wissen haben. Daneben befänden sich etliche Spezialisten im Betrieb, die über ein bestimmtes Fachgebiet kompetent Bescheid wüssten.
Sortiment wird laufend erweitert
Begonnen hat alles viel kleiner und übersichtlicher. Am 1. März 1868 gründete Johann Rudolf Geiser zusammen mit einem Geschäftspartner die Glas- und Steinguthandlung Geiser & Meyer auf dem Hübeli in Langenthal. Nach 14 Jahren erwarb Johann Rudolf Geiser eine Liegenschaft an der Marktgasse, wo er fortan sein Geschäft betrieb. Nach kurzer, aber schwerer Krankheit verstarb Johann Rudolf Geiser am 14. März 1890. Dessen Frau Marianne führte das Geschäft erfolgreich weiter, bis am 1. Januar 1899 ihr Sohn Rudolf Geiser das Unternehmen unter dem neuen Firmennamen Rud. Geiser übernahm. Das Sortiment wurde im Laufe der Jahre nach den Bedürfnissen der Kunden mit Eisenwaren, Beschlägen, Spielwaren, Haushaltwaren, Sport- und Campingartikeln erweitert. 1935 steigen die Söhne von Rudolf Geiser, Felix und Rudolf Geiser, in die Firma ein und übernehmen die Leitung der neu gegründeten Rudolf Geiser AG. 1945 konnte eine zusätzliche Liegenschaft an der Wiesenstrasse – gleich hinter der Marktgasse – erworben werden. Auch der Versandhandel begann bei der Rudolf Geiser AG verhältnismässig früh. 1976 werden die Schreinereibetriebe in der Umgebung von Langenthal mittels eigenem Camion beliefert. Durch den steigenden Warenumschlag ist nun auch im Geschäftsgebäude an der Wiesenstrasse kaum mehr Platz vorhanden. Ein komplett neues Geschäftsgebäude mit Lager, Handwerkerladen und Büros muss Abhilfe schaffen. 1984 kann der Engros-Bereich der Rudolf Geiser AG mit Beschlägen, Maschinen und Werkzeugen den topmodernen Neubau an der Chasseralstrasse 12 in Langenthal beziehen. Das Herzstück liegt dabei in der Logistik. Mit dem Hochregallager und der Behälterförderanlage gehörte die Geiser-Logistik zu einer der modernsten dieser Zeit.
Neue Produkte dank Digitalisierung
Nach 126 Jahren und der vierten Geiser-Generation verkauft Thomas Geiser im Jahr 1994 die Rudolf Geiser AG an seine damaligen Mitarbeiter Fritz Bernhard (Leiter Einkauf), Hans-Jörg Schaer (Leiter Verkauf) und Kurt Weber (Leiter Finanzen). Ein weiteres Management-Buy-out findet im Jahr 2004 statt. Fritz Bernhard und Hans-Jörg Schaer verkaufen ihre Geschäftsanteile an die neuen Geschäftsinhaber Kurt Weber und Martin Bärtschi. Von den grosszügigen Platzverhältnissen seit dem Neubau im Jahr 1984 ist mittlerweile nichts mehr zu sehen. Um genügend Lagerkapazität zu haben, muss der Logistikbereich vergrössert werden. 2007 kann schliesslich die neue Logistik mit doppelter Lagerkapazität, neuer Behälterförderanlage, einem Palettenlift und einem automatischen Langgutlager bezogen werden. 2016 wird ein Verkaufsbüro in Corminboeuf (Kanton Freiburg) eröffnet, um die Kunden aus der Westschweiz noch besser betreuen zu können. Im selben Jahr wird auch noch die Dienst- und Serviceleistung «Elektrotechnik» eingeführt. Die Entwicklung geht unaufhaltsam weiter, wie die beiden Geschäftsführer bestätigen. So führe die Digitalisierung zu neuen Produkten. Vorab der Bereich Schliesstechnik habe sich gewaltig verändert und werde sich weiter verändern, betont Martin Bärtschi. «In diesem Bereich kann man heute tolle Sachen anbieten», erwähnt Bärtschi und nennt Fingerprint-Schliesssysteme oder Schliesssysteme, die via Handy oder Badges bedient werden können. Der Kunde lege heute grossen Wert auf Sicherheit und Komfort. Die Digitalisierung bereitet den beiden Geschäftsführern deshalb kein Kopfzerbrechen. Sie weisen darauf hin, dass sich die Rudolf Geiser AG in der 150-jährigen Geschichte des Unternehmens schon einige Male neu «erfunden» und sich der im Wandel befindenden Arbeitswelt angepasst habe. Wie die Vergangenheit gezeigt habe, sei es eine Stärke der Rudolf Geiser AG, neue Marktgegebenheiten anzunehmen und daraus neue Ideen, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Es seien bereits einige Projekte für die nahe Zukunft angedacht, weisen die beiden Geschäftsführer darauf hin, dass man vermehrt den Holzverarbeitern Gesamtpakete mit vorkonfektionierten Komponenten anbieten werde, welche diese einfach montieren und in Betrieb nehmen können. Dazu würden die Service- und Dienstleistungen vermehrt im Bereich der elektronischen Vernetzung ausgebaut. Dabei richte man den Fokus auf den Support zur Einbindung von elektronischen Komponenten in SmartHome-Systeme. Obwohl die Rudolf Geiser AG auch von der Baukonjunktur abhängig ist, blicken Martin Bärtschi und Kurt Weber auch hier mit einer gewissen Gelassenheit auf die weitere Entwicklung. Die beiden weisen darauf hin, dass vorab im Bereich Umbau noch ein grosses Potenzial vorhanden sei, gebe es doch viele Liegenschaften und Gebäude mit grossem Umbaubedarf. «Hier handelt es sich um einen Wachstumsmarkt», zeigt sich Martin Bärtschi zuversichtlich was die nahe Zukunft der Rudolf Geiser AG anbelangt.
Von Walter Ryser