Von Neuerungen, Wohnrecht und Nutzniessung
Am öffentlichen «Steuerabend» des Hauseigentümerverbandes (HEV) Region Langenthal informierte Markus Gfeller rund 100 Personen über Änderungen in der Steuererklärung 2016 und thematisierte primär Wohnrecht sowie Nutzniessung.
Eine trockene Materie spannend zu gestalten, dies gelang dem diplomierten Wirtschaftsprüfer Markus Gfeller, gleichzeitig Kassier des gastgebenden HEV, am Traditionsanlass vortrefflich. Eine erfreuliche Neuerung vorweg: ab Steuererklärung 2016 wird nicht mehr zwischen Ausbildungs- und Weiterbildungskosten unterschieden. Diese sind jährlich bis zu 12 000 Franken abzugsfähig. «Sie müssen aber mit dem Beruf zusammenhängen», so Gfeller. «Eine Gleitschirm-Ausbildung gilt also nicht», scherzte er und wies auf weitere Neuerungen hin.
Vorauszahlungszins gestrichen
So sind die abziehbaren Kosten für Kinderdrittbetreuung pro Kind beim Kanton von 3100 auf 8000 Franken gestiegen. Beim Bund gelten unverändert 10 100 Franken. Der Maximalabzug für Fahrkosten beträgt 6700 Franken (Kanton) und 3000 Franken (Bund). Gesunken ist der Vorauszahlungszins um 0,25 auf 0 Prozent. «Immerhin kein Negativzins», kommentierte dies Gfeller. Unverändert bleiben die Abzüge für die Säule 3a (6768 beziehungsweise 33 840 Franken) sowie der Vergütungs- und der Verzugszins (jeweils 3 Prozent).
Markus Gfeller stellte die neuen, eben erst erschienenen Statistiken des Kantons Bern vor. Danach wurden von den total 607 374 Steuererklärungen 2015 für natürliche Personen deren 321 480 TaxMe-Online eingereicht, 115 612 TaxMe-Offline, 81 998 mit Papier, 88 284 anders wie Dr. Tax. Seit drei Jahren können im Kanton Bern auch jene Steuererklärungen für juristische Personen elektronisch eingereicht werden, was sich im Vorjahr 29,7 Prozent zunutze machten.
«2016 war Rekordjahr in Sachen strafloser Selbstanzeigen», hielt Gfeller fest. Im Kanton Bern seien im vergangenen Jahr 1150 Selbstanzeigen eingegangen. Bei 545 habe das bisher unversteuerte Vermögen unter 100 000 Franken, bei 75 aber über 1 Million Franken betragen. Der Rest lag dazwischen. Zum Vergleich: 2015 waren «nur» 750 Selbstanzeigen eingegangen. Dieses Plus von 400 Selbstanzeigen erklärt sich Markus Gfeller mit dem automatischen Informationsaustausch auf internationaler Ebene. Ab 2018 würden Daten ausgetauscht. Betroffene sollten also noch 2017 eine Selbstanzeige ins Auge fassen, zumal Steuerpflichtigen eine solche zeitlebens bloss einmal gewährt werde, empfahl der Referent.
Gfeller erwähnte die ungemütliche Steuersituation im Kanton Bern. Bei den juristischen Personen betrage der Gewinnsteuersatz 21,6 Prozent, im nahen Kanton Luzern 12,3 Prozent. Der schweizerische Durchschnitt: 17,81 Prozent. Bei den natürlichen Personen liege der Einkommenssteuersatz zurzeit im Kanton Bern (wie auch in den Kantonen Genf und Waadt) über 40 Prozent, in den Kantonen Zug, Ob- und Nidwalden bis 25 Prozent. Ziele und Massnahmen 2019 bis 2022 im Kanton Bern: gestaffelte Senkung des maximalen Gewinnsteuertarifs für juristische Personen von 21,6 auf 16,37 Prozent, Senkung des ordentlichen Kapitalsteuertarifs von 0,03 auf 0,01 Prozent.
Bei den natürlichen Personen sieht der Kanton Bern eine Erhöhung des Abzugs für Kinderdrittbetreuungskosten von 8000 auf 10 100 Franken vor.
Unterschied von Nutzniessung und Wohnrecht
Den grössten Teil seines Referats widmete der Experte dem Unterschied von Nutzniessung und Wohnrecht. Das Wohnrecht definierte Gfeller als «das Recht, ein Gebäude oder einen Gebäudeteil zu bewohnen». Das Wohnrecht sei nicht übertragbar. Der Nutzniesser hingegen dürfe die Liegenschaft nutzen, verwalten und Erträge daraus beziehen. Wer ein Wohnrecht habe, müsse für kleinere Reparaturen, normalen Unterhalt und Nebenkosten aufkommen, ein Nutzniesser neben den Unterhalts- und Nebenkosten zudem für Hypothekarzinsen und Versicherungsprämien.
Bei der Einkommenssteuer sei es so, dass, wer ein Wohnrecht habe, den Eigenmietwert für den genutzten Teil deklarieren müsse, für diesen genutzten Teil aber die Unterhalts- und Nebenkosten abziehen könne. Nutzniesser müssten den Eigenmietwert oder den Mietzins deklarieren, könnten jedoch die Liegenschaftskosten steuerlich absetzen. Der Wirtschaftsprüfer erklärte auch den Unterschied bei der Vermögenssteuer zwischen Wohnrecht und Nutzniessung.
Markus Gfeller hatte interessante Gerichtsentscheide auf Lager. Einer betraf die Wahlkampfkosten von 60 000 Franken der Walliser CVP-Nationalrätin Viola Amherd. Die Walliser Steuerverwaltung verweigerte deren Abzug mit der Begründung, diese Kosten beträfen «unsicheres Einkommen in Zukunft». Die Rekurskommission hingegen gewährte den Abzug, weil es hier um den «Erhalt der Erwerbsquelle» gehe – aber das Bundesgericht schloss sich der Begründung des Kantons Wallis an und verweigerte als letzte Instanz den Abzug. Ab Steuerjahr 2017 will auch der Kanton Bern keine Abzüge für die Wiederwahl mehr zulassen. Nachdem der Referent weitere Gerichtsentscheide erläutert hatte, riet er allgemein, «ungewöhnliche und sachwidrige» Steuermanipulationen zu unterlassen. Die Steuerbehörde werde sonst sehr bald Verdacht auf Steuerumgehung schöpfen. «Bei Unsicherheit Kontakt mit der Steuerbehörde aufnehmen, den Sachverhalt schildern», so Gfeller. HEV-Präsident Erich Giesser lud anschliessend das Publikum zum von der Clientis Bank Oberaargau offerierten Apéro ein.
Von Hans Mathys