Vorwärtsstrategie bringt Umsatzplus
Die Lantal Textiles AG, der weltweit führende Anbieter von Innenausstattungen für Flugzeuge, Busse sowie Bahnen, hat 2016 den Umsatz um 6,7 Prozent auf 103,2 Millionen Franken gesteigert und den Expansionskurs fortgesetzt.
Melchnau/Langenthal · Zufriedene Gesichter bei Verwaltungsratspräsident Thomas Staehelin, CEO Urs Rickenbacher und Gregor Walthert, dem Leiter Finanzen, an der Bilanzmedienkonferenz der Lantal Textiles AG in Melchnau.
Keine Gewinnzahlen bekannt gegeben
Zwar gab das Schweizer Unternehmen, das 94 Prozent seines Umsatzes im Export erwirtschaftet, weiterhin keine Gewinnzahlen bekannt, «aber 2016 war besser als 2015» verriet Urs Rickenbacher. Später sprach er gar von einem «in diesem Umfeld überaus erfreulichen» Ergebnis.
Dazu, dass der konsolidierte Umsatz 2016 im Vergleich zu 2015 um 6,7 Prozent auf 103,2 Millionen Franken gesteigert wurde, hätten «diverse Faktoren» beigetragen – vor allem aber die Übernahme zweier Firmen. Jene in Portugal mit 127 Mitarbeitern sei auf die Herstellung von Plüsch-Produkten für die Transport-Bereiche Bahn, Tram und Bus spezialisiert, jene in Deutschland mit 22 Mitarbeitern auf den Verkauf und die Wartung von gebrauchten Flugzeugsitzen und die Überholung von Passagier-Kabinen.
Ende Februar 2017 sei noch ein bekannter Konfektions-Servicebetrieb in Tschechien mit 79 Mitarbeitern hinzugekommen. Hier könnten jetzt eigenständig Bezüge, Kartentaschen und Sitze vernäht werden. Polstern lasse sich mit dem bestehenden Maschinenpark.
«Die strategische Stossrichtung ist enorm wichtig», unterstrich der CEO der Lantal, zu deren Kundenkreis über 300 Fluggesellschaften gehören. «Hier wollen wir die Marktführerschaft sichern», fuhr Rickenbacher fort – «und mit Qualität, Gesamtlösungen und Flexibilität wollen wir uns von den Mitbewerbern abheben.»
Matchentscheidend
Die Nachfrage nach Gesamtlösungen sei gross. Mit fixfertigen Sitzüberzügen inklusive Kartentaschen wolle Lantal punkten und dafür sorgen, «dass kein weiterer Partner mehr drin ist». Die Kunden sollen Vertrauen in die Lantal haben und das Oberaargauer Unternehmen als verlässlichen Partner wahrnehmen.
«Innovationen sind für uns matchentscheidend», so der Lantal-Geschäftsführer, der einen «enormen» Kostendruck spürt und feststellt, dass der Preis oft allein entscheide, die Qualitätsansprüche jedoch unverändert hoch seien. «Wir wollen ein schönes, angenehmes Reisen ermöglichen und nicht umsatzmässig – das sind wir zwar –, sondern qualitativ führend sein. Ins Gewicht falle, dass der starke Schweizer Franken die Marge reduziere und die Konkurrenz aus China, Japan und Russland den Preisdruck erhöhe. Positiv sei die weiterhin steigende Passagiernachfrage für Flugreisen. Die Währungen seien bei einem Ex-
portanteil von 94 Prozent ein «zentrales Thema», so der Lantal-CEO. Rund 50 Prozent der Rechnungstellungen würden in Schweizer Franken erfolgen, der Rest in US-Dollar und Euro.
Bei den Flugzeugen entfalle rund 30 Prozent des Lantal-Umsatzes auf Europa, je 25 Prozent auf Ferner Osten/Australien sowie Nordamerika und 15 Prozent auf den Mittleren Osten. Entsprechend gering ist der Anteil Mittel- und Südamerika sowie Afrika.
Als «Erfolgsrezept» bezeichnete Rickenbacher das Pneumatische Komfortsystem (PCS), das gleich mehrere Bedürfnisse der Flugzeugindustrie abdecke.
Luftgefüllte Kissen würden die herkömmliche schwere Schaumpolsterung ersetzen. Dies sorge einerseits für einen erhöhten Komfort, andererseits für eine Reduktion des Gewichts mit entsprechend geringerem CO2-Ausstoss. Rickenbacher:
«Das adaptive Sitzen mit PCS hat Zukunft. Zunehmend wichtig ist auch die Hygiene.» Deshalb fokussiert sich die Lantal Textiles AG beim PCS auf eine Sitzheizung und Sitzkühlung. Dies ab Anfang April. Rickenbacher ist gespannt, wie der Markt darauf reagiert. Lantal habe die Philippine Airlines als ersten PCS-Kunden in Asien akquirieren können. Als «grosse Zufriedenheit mit dem Produkt» wertet der Lantal-CEO die Tatsache, dass Swiss und Lufthansa die neuen Flugzeugtypen ihrer Flotte mit dem PCS von Lantal ausgestattet haben.
Er unterstrich, wie wichtig für die Lantal die Dezentralisierung und Internationalisierung sei – und hier konkret die Eröffnung des ersten kommerziellen Brandprüflabors in Abu Dhabi beim internationalen Flughafen. Durch die Partnerschaft mit Etihad Airways seien die erstklassigen Labordienstleistungen des Langenthaler KMU jetzt auch im Mittleren Osten erhältlich. «Wir wollen nahe bei unseren Kunden sein», unterstrich Rickenbacher. Lantal sei durch die Akquisitionen der vergangenen Monate unabhängiger geworden, hielt Urs Rickenbacher fest. Man habe hier «in nicht eigene Kompetenzen» investiert. Trotzdem liege ihm daran, die Wertschöpfung in der Schweiz zu erhöhen.
Potenzial auf hoher See
In diesem Zusammenhang erwähnte er die Lantal-Tochter Wollspinnerei Huttwil AG. «Hier gehören nur die Schafe nicht uns», witzelte er und sorgte mit diesem Bonmot bei den Medienvertretern für kollektives Schmunzeln.
Der Anteil im VIP-Bereich für Business-Jets und Superyachten sei zwar mit «2 bis 3 Millionen Franken jährlich» eher gering, doch Leute mit Sinn für wunderschöne handgemachte Teppiche seien oft VIPs und als solche Entscheidungsträger oder «Steigbügel». Nicht Fuss fassen konnte Lantal bisher im Bereich der Kreuzfahrtschiffe, der schwimmenden Hotels also. Rickenbacher – sein Vorgänger war Urs Baumann – pries die neue, edle Generation Hybrid-Teppiche. Die in der Schweiz in Langenthal (Hauptsitz), Melchnau und Huttwil produzierende Weltfirma nahm das 40-Jahre-Jubiläum für handgefertigte VIP-Teppiche zum Anlass, den Medienvertretern in Melchnau die Handtuft-Teppiche – «alles kundenspezifische Unikate von erstklassiger Qualität und zeitloser Schönheit» – zu präsentieren.
Eine Boeing 747-400 benötige bis zu 400 Quadratmeter Teppich.
Die Preisspanne sei sehr gross. Der Quadratmeterpreis betrage bei handgefertigten Teppichen meist zwischen 500 und (für Mehrfarbigkeit und Seidenanteil) 3000 Franken. Herkömmliche, maschinengewobene Flugzeugteppiche würden unter 100 Franken verkauft.
Spezielle Merkmale der Melchnauer Handmade-Teppiche für den Bereich Executive seien – neben der ausgesprochen hohen Qualität – ihre Exklusivität und Langlebigkeit. Daraus ergibt sich für Lantal ein wichtiges Verkaufsargument: Durch eine verlängerte Lebensdauer sinken die Kosten für die Kunden.
Ende März 2017 beschäftigte die Lantal Textiles AG 605 Mitarbeitende: 316 in der Schweiz, 54 in den USA, 4 in Singapur, 3 in Frankreich, 79 in Tschechien, 127 in Portugal und 22 in Deutschland. Hinzu kommen noch 18 Lehrlinge.
Den Grundstein der Lantal legte 1886 Albert Brand mit der Gründung der Leinenweberei Baumann & Brand. Seither hat sich die früher regionale Leinenweberei zu einem weltweit führenden Anbieter von systemhaften Gesamtlösungen für die Transportindustrie entwickelt. Der Name Lantal entstand 1996 aus dem international kaum verständlichen Namen Möbelstoffweberei Langenthal AG. Das aktuelle Aktienkapital beträgt 3 Millionen Franken.
Gregor Walthert, Leiter Finanzen der Lantal Textiles AG, kommentierte den Geschäftsabschluss 2016 – wie üblich jedoch ohne Gewinnzahlen. Vom Umsatz von 103,2 Millionen Franken entfallen 73,3 Millionen (71 Prozent) auf den Luftverkehr, 14,2 Millionen (14 Prozent) auf den Bodenverkehr, 6,9 Millionen (7 Prozent) auf pneumatische Systeme und die restlichen 8,8 Millionen auf andere Erträge.
Urs Rickenbacher rechnet bei seinem Ausblick für 2017 bis 2020 im Flugbereich mit einem Wachstum von jährlich 3 bis 5 Prozent. Er ist überzeugt: «Lantal ist global gut aufgestellt und weltweit noch stärker positioniert.»
Von Hans Mathys