Wasserversorgung Brandis AG ab 2024
Wenn alles wie geplant verläuft, wird ab 1. Januar 2024 die noch zu gründende Wasserversorgung Brandis AG (WVBAG) für die Wasserversorgung grosser Teile der Gemeinden Lützelflüh und Rüegsau verantwortlich sein. Das hat sowohl organisatorisch wie tarifmässig verschiedene Änderungen zur Folge.
Rüegsau/Lützelflüh · Für die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser war in Lützelflüh bisher der Gemeinderat zuständig, während in Rüegsau diese öffentliche Aufgabe der im Jahr 1901 gegründeten Wasserversorgungsgenossenschaft WVG Rüegsau und Umgebung übertragen wurde. Nach langen Vorarbeiten einer Arbeitsgruppe ist es nun soweit, dass die Verantwortung für die Wasserversorgung in den beiden Gemeinden an die neu zu gründende Wasserversorgung Brandis AG, oder abgekürzt WVBAG, übertragen werden kann. Vorausgesetzt natürlich, dass die Stimmberechtigten der beiden Gemeinden diesem Vorhaben zustimmen. Es war jedoch ein langer Weg und ein grosser Aufwand erforderlich, bis abzusehen war, zu welchem Zeitpunkt die entsprechenden Entscheide durch den Souverän gefällt werden können. Wenn alles rund läuft, soll ab 1. Januar 2024 die Wasserversorgung Brandis AG grosse Teile der Gemeinden Lützelflüh und Rüegsau mit Wasser versorgen. Die noch zu gründende Aktiengesellschaft ersetzt mit diesem Zusammenschluss die gemeindeeigene Wasserversorgung von Lützelflüh und die Genossenschaft Wasserversorgung Rüegsau und Umgebung, wobei Letztere noch die Aufhebung beschliessen muss.
Vom Zusammenarbeitsvertrag zur WV Brandis AG
Beat Zaugg, Präsident der Arbeitsgruppe und bis Ende 2022 Gemeinderat von Lützelflüh, erläuterte an der kürzlich durchgeführten zweiten Orientierungsversammlung kurz die Ausgangslage, welche zur Idee einer Fusion der beiden Wasserversorgungen geführt hat. Lützelflüh hatte Probleme mit der bestehenden Grundwasserfassung Farbschache, die sich in unmittelbarer Nähe zu einer stark befahrenen Strasse und verschiedenen Gewerbebetrieben befindet, und musste deshalb dringend einen neuen Standort suchen. Zudem haben sowohl Rüegsau wie Lützelflüh Probleme mit der Schaffung der notwendigen Versorgungssicherheit, was mit dem Zusammenschluss fürs Erste gelöst werden kann. Allerdings muss bis zum Jahr 2030, wenn die Konzession für das Lützelflüh gehörende Pumpwerk Farbschache ausläuft, gemeinsam eine neue Lösung gefunden werden.
Nach Prüfung verschiedener Varianten erwies sich ein Anschluss an das bestehende Grundwasserpumpwerk der Wasserversorgung Rüegsau und Umgebung als die zweckmässigste Lösung. Eine Lösung, die sowohl Lützelflüh wie Rüegsau dient, kann doch so mit einem weiteren Wasserbezugsort beiderseits sofort die Versorgungssicherheit erhöht werden.
Bereits im Jahr 2017 wurde deshalb ein Technischer Zusammenarbeitsvertrag zwischen der Wasserversorgung Rüegsau und Umgebung und der Gemeinde Lützelflüh abgeschlossen und eine Verbindungsleitung projektiert, die inzwischen bis kurz vor das Pumpwerk Schlossberg erstellt ist. Aber auch die weiteren Arbeiten wie Ausbau des Pumpwerks Schlossberg und Neubau des Stufenpumpwerks Allmändli in Lützelflüh, die durch die WVG Rüegsau und Umgebung vorfinanziert werden, sind planungsmässig fertig und mit den Bauarbeiten kann demnächst begonnen werden.
Mit der Gründung einer gemeinsamen AG soll nun auch der organisatorische Zusammenschluss kommen. Vorgesehen ist die Schaffung einer Aktiengesellschaft mit einer je fünfzigprozentigen Beteiligung der beiden Gemeinden. Die Führungsverantwortung soll ein von den Gemeinderäten gewählter fünfköpfiger Verwaltungsrat, bestehend aus je zwei Personen pro Gemeinde plus einem Präsidium, übernehmen.
Einheitliche Gebühren für beide Gemeinden
Die von der Neuorganisation betroffene Bevölkerung interessiert natürlich neben der Versorgungssicherheit und Wasserqualität vor allem die zukünftige Preisgestaltung, die von Projektleiter Hans Grunder vorgestellt wurde. In beiden Gemeinden wird es dabei zu einigen Änderungen kommen. Das kantonale Mittel bei den Verbrauchsgebühren beträgt hohe 2.31 Franken pro m³ Wasser, gesamtschweizerisch jedoch nur 1.60 Franken. Neu ist nun für die WV Brandis AG ein Betrag von 1.40 Franken pro m³ bezogenes Wasser vorgesehen.
Das bedeutet, dass in Zukunft die extrem tiefen Kubikmeterpreise in Lützelflüh von 1.10 Franken um dreissig Rappen erhöht werden. Im Gegenzug fallen jedoch die bisher erhobenen Löschgebühren weg. Rüegsau dagegen hatte Kubikmeterpreis von 1.90 Franken und kommt nun in den Genuss einer Reduktion von 50 Rappen.
Bei den jährlich anfallenden Grundgebühren gibt es in Rüegsau in den Bemessungsgrundlagen eine einschneidende Änderung, muss doch vom bisherigen einfachen System pro Wohnungseinheit auf das allgemein gebräuchliche, aber kompliziertere System der Belastungswerte umgestellt werden, wozu bereits die Wasserhähnen im Einzugsgebiet der Wasserversorgung gezählt worden sind, damit zu gegebener Zeit auf das einheitliche neue Bemessungssystem umgestellt werden kann. Der Zusammenschluss soll nicht nur die Versorgungssicherheit mit Wasser in beiden Gemeinden erhöhen, sondern sich gemäss einer ersten Betrachtung der vorliegenden Unterlagen für die einzelnen Wasserbezügerinnen und -bezüger eher positiv auswirken.
Ein sportliches Terminprogramm
Es ist ein sportliches Terminprogramm, das an der Orientierungsver-sammlung durch Kurt Baumann, Gemeindepräsident von Lützelflüh und Mitglied der vorbereitenden Arbeitsgruppe, vorgestellt wurde und er hofft, dass die verschiedenen Gremien, welche dem Vorhaben zu-stimmen müssen, das Ganze schnell und in positivem Sinn erledigen. Vom 24. Juli bis 22. August 2023 sollte die öffentliche Auflage des Übertragungsreglements in den Gemeinden Lützelflüh und Rüegsau erfolgen. Am 19. (Lützelflüh) beziehungsweise 20. September soll an den Gemeindeversammlungen darüber abgestimmt werden. Bis im Mai 2024 soll dann die bis Mai 202 die Aufhebung/Liquidation der WVG Rüegsau und Umgebung vollzogen sein.
Diskussionslust hielt sich in Grenzen
Die Versammlungsbesucherinnen und -besucher waren offenbar zu-frieden mit dem Gehörten hielt sich doch die Diskussionslust in Grenzen. Ein Teilnehmer aus Rüegsau befürchtete zwar ein sehr beschränktes Mitspracherecht der Bürgerinnen und Bürger, denn der Gemeinderat könne ja alles selber bestimmen und das sei undemokratisch. «Das könnte man eigentlich schon heute sagen, denn an den GV der Wasserversorgung Rüegsau und Umgebung haben in den letzten Jahren selten mehr als fünf Mitglieder nebst dem Vorstand teilgenommen», stellte der Rüegsauer Wasserversorgungspräsident Hans Grunder fest.
«Vor zirka dreissig Jahren war bekanntlich die Finanzlage der WVG so miserabel, dass jede Genossenschafterin und jeder Genossenschafter gezwungen wurde, einen Zusatzbeitrag von 500 Franken zu bezahlen. Inzwischen ist die Finanzlage so gut, dass dieser Betrag an die noch vorhandenen Mitglieder zurückbezahlt werden könnte, was anscheinend nicht vorgesehen ist», wurde aus der Mitte der Versammlung festgestellt.
WVG-Präsident Hans Grunder wies jedoch vehement darauf hin, dass das nach den jetzt geltenden Statuten nicht möglich sei. Nach den Aussagen der ebenfalls anwesenden Juristin Susanna Glatthard scheint jedoch die Rechtslage nicht so klar zu sein. Man darf auf alle Fälle gespannt darauf sein, wie es in dieser Angelegenheit weiter gehen wird.
Von Ernst Marti