WBM-Zukunft liegt in einer Markthalle
Die Werkstatt für Behinderte in Madiswil (WBM) rüstet sich für die Zukunft. An der Stifterversammlung stellte der Verwaltungsrat die neue Strategie vor. Im Mittelpunkt steht die Erschliessung neuer Geschäftsfelder. Auf dem Tisch liegen diverse Projekte zur Diskussion und zur Umsetzung. Vielleicht wird die WBM mit ihren Mitarbeitern schon bald in einer Markthalle tätig sein und eine Bio-Bäckerei, einen Bistro-Laden, ein Kunstatelier, eine Kaffeerösterei oder einen Waschsalon betreiben.
Madiswil · Auch vor der Werkstätte für Behinderte in Madiswil (WBM) macht der wirtschaftliche Wandel nicht Halt, das wurde an der 44. Stifterversammlung klar. «Die WBM muss sich verändern, wenn sie weiter existieren und weiterhin ein guter Arbeitgeber sein will», betonte Karin Habegger, Stiftungsratspräsidentin der WBM. Geschäftsführer Stephan Weber ergänzte, dass vorab im Bereich der Montage, Verpackung und der mechanischen Fertigung die Digitalisierung dafür sorge, dass es immer schwieriger werde, kostendeckende Erträge zu erzielen.
Aus diesem Grunde habe man sich im letzten Jahr intensiv Gedanken über die künftige Ausrichtung der WBM gemacht, erwähnte Karin Habegger. Das Ergebnis dieses Prozesses sind Leitsätze und Prinzipien, nach denen die WBM künftig geführt werden soll. Stephan Weber und Karin Habegger erläuterten die wichtigsten Leitsätze. Die beiden betonten, dass bei der WBM Nachhaltigkeit wichtig sei, die Arbeit wertschöpfend und sinnhaft sein soll, die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden gefördert werden soll, Inklusion (in Form einer Durchmischung) ein Ziel ist und dass die Partner die Haltung der WBM mittragen sollten.
Mit Kaffeerösterei oder Bio-Bäckerei?
Diese Leitsätze und Prinzipien bildeten für den Stiftungsrat die Grundlage zur Erarbeitung konkreter künftiger Tätigkeitsfelder. Man sei sich bewusst und einig, dass ein Weiterbestehen der WBM nur möglich sei, wenn es gelinge, in absehbarer Zeit neue Geschäftsfelder zu erschliessen, gab die Stiftungsratspräsidentin zu verstehen. Aus dem «Denkprozess» sei das Projekt «Markthalle» entstanden. In dieser «Markthalle» könnte sich künftig eine Bio-Bäckerei, ein Kulturatelier, eine Kaffeerösterei, ein Bistro-Laden oder ein Waschsalon befinden, die von der WBM und ihren Mitarbeitenden betrieben werden.
Stiftungsrat Kurt Schär informierte, dass man bereits ein entsprechendes Gebäude mit Räumlichkeiten im Auge habe, in denen die WBM mit den neuen Geschäftsfeldern tätig sein könnte. Karin Habegger versicherte, dass es sich hier nicht um irgendwelche «Hirngespinste» handle, sondern konkrete Abklärungen im Gang seien. In einem nächsten Schritt gehe es nun darum, so Kurt Schär, die verschiedenen Ideen und Projekte genau unter die Lupe zu nehmen und auf deren Machbarkeit zu prüfen. Dabei werde man auch die Zusammenarbeit mit Fachpersonen anstreben. «Wir werden die WBM der Zukunft bauen und gestalten, wir wollen die WBM aus eigener Kraft in dieser sich rasch wandelnden Wirtschaftswelt positionieren», gab er zu verstehen. Gleichzeitig versicherte er, dass man dabei mit grösster Vorsicht und Bedacht vorgehen werde. «Wir wollen keine Löcher auftun, die man immer wieder stopfen muss.» Die einzelnen Projekte müssten sich rechnen lassen.
In einer Konsultativabstimmung zeigten sich die anwesenden Stifter mit der geplanten Neuausrichtung einverstanden. Damit die einzelnen Projekte vertieft analysiert und abgeklärt werden könnten, benötige man rund 200 000 Franken als Anschubfinanzierung, gab Kurt Schär weiter zu verstehen. Die WBM werde diesbezüglich einen entsprechenden Antrag zuhanden der Stifter (Gemeinden) stellen. Dabei hoffe man, dass sich die Gemeinden finanziell an der Neuausrichtung beteiligen werden. Der Zeithorizont sieht vor, dass die nächsten zwei bis vier Jahre die geplanten neuen Geschäftsfelder einwandfrei abgeklärt und teilweise bereits realisiert werden.
Christine Badertscher Stiftungsrätin
Kein grosser Diskussionsbedarf bestand bei den übrigen traktandierten Geschäften. Die Jahresrechnung 2018 schliesst mit einem Verlust von gut 164 000 Franken ab. Das Eigenkapital beläuft sich auf 3,08 Millionen Franken. Zuwachs erhält der Stiftungsrat: Neu Einsitz nimmt Christine Badertscher. Die Madiswilerin ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin Swissaid (Entwicklungspolitik), Präsidentin des Oberaargauer Bauernvereins, Vizepräsidentin der Grünen Oberaargau sowie der Grünen Kanton Bern und Vorstandsmitglied im Verein Förderung junger Personen in der Gemeindepolitik.
In seinem Jahresbericht wies Stephan Weber noch einmal auf das letztjährige Jubiläumsjahr mit seinen diversen Aktivitäten hin (50 Jahre WBM), aber auch auf das in Zusammenarbeit mit der onyx realisierte Projekt einer Photovoltaik-Anlage mit Solarstromspeicher auf dem Gebäude der WBM (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Mit Blick auf das laufende Jahr erwähnte Weber, dass man prüfe, die Abfüllerei zur Motorex in Langenthal auszulagern.
Von Walter Ryser