• Traute (Lea König) und ihr Freund Hans (Silas Weibel): Es gibt keine Zukunftspläne; den jungen Menschen fehlt die Perspektive. · Bild: ljw

14.06.2019
Langenthal

«Weisse Rose» mit dunklem Hintergrund

Es ist ein jahrelanger Gedanke und ein fast ebenso langes Projekt: Als Thomas Multerer, Alt-Direktor des Gymnasiums Oberaargau, in Pension ging, überreichte er der Lehrkraft Andreas Meier-Gilgen das Manuskript für eine Aufführung «Die Weisse Rose sind wir». Bloss als Idee. Aber jetzt ist es soweit: Vom 18. bis am 21. Juni führen 30 junge Akteure das Stück aus der Nazi-Zeit auf. Insgesamt gibt es vier Vorstellungen des Freiluftspiels – falls das Wetter es erlaubt.

Schwere Kost war es, die Alt-Rektor Multerer seiner erfahrenen Lehrkraft Andreas Meier-Gilgen vor wenigen Jahren in die Hände drückte. Ein Projekt, das zuerst reifen musste. Das Theaterstück «Die Weisse Rose sind wir» nach dem Film «Die Weisse Rose» des deutschen Regisseurs Michael Verhoeven. Es war der erfolgreichste deutsche Kinofilm des Jahres 1982, handelt aus dem wohl dunkelsten Kapitel der jüngeren Weltgeschichte. Eine Geschichte, die Millionen von Menschen das Leben kostete, die jungen, hoffnungsfrohen Menschen die Zukunft nahm und in welcher es trotz den schier unbesiegbaren Grausamkeiten der Nazis mutige Menschen gab, die Widerstand leisteten.

Verbündet
Wie die Geschwister Scholl und ihre Verbündeten. Sophie Scholl zieht nach München, um gemeinsam mit ihrem Bruder Hans zu studieren. Sie spürt die Angst und Verzweiflung von Traute, Hans’ Freundin. Schnell stellt Sophie fest, dass ihr Bruder einer studentischen Widerstandsgruppe angehört, die sich gegen die Nazis auflehnt. Zunächst will Sophie, dass ihr Bruder aussteigt, weil er mit waghalsigen Aktionen sein Leben und das seiner Familie aufs Spiel setzt. Doch sie entscheidet, ihn zu unterstützen. Während sich die Schlinge der Gestapo immer enger zieht, verbinden sich die Studenten mit anderen Widerstandsgruppen und knüpfen sogar Kontakt mit der Wehrmacht.
Der Einfluss der «Weissen Rose» wächst. Doch am 18. Februar 1943 hat der studentische Widerstand ein Ende: Die Geschwister Scholl werden an der Münchener Universität festgenommen und an die Gestapo ausgeliefert. Wenige Tage später werden Hans und Sophie Scholl vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt.

Zeitlose Thematik
Das Thema gab viel Stoff auch für den Unterricht am Gymnasium und in der FMS Langenthal. «Mit dem aufkeimenden Populismus und Extremismus in verschiedenen Staaten besitzt die Geschichte neue Aktualität. Die Thematik stiess bei Schülerinnen und Schülern auf grosses Interesse. Wichtig dabei ist die Sensibilisierung für undemokratische Tendenzen. Sie erkennen, was Extremismus hervorrufen kann. Aber auch, dass es immer wieder mutige Menschen gibt, die für das Gute kämpfen», sagt Beatrice Kaufmann gegenüber dem «Unter-Emmentaler». Die FMS-Lehrkraft steht zusammen mit Andreas Meier-Gilgen an der Front der Durchführenden. Gemeinsam haben sie das Stück arrangiert und mit Original-Hitler-Texten und Zitaten von Revolutionären aus verschiedenen Zeiten ergänzt, die von einer Schülerin, respektive vom Sprechchor, gesprochen werden. Sie zeigen auch, wie zeitlos die Thematik ist.
Die elf Sprechrollen des Freiluftspiels werden mit vier Tambouren der Tambouren-Gruppe Langenthal und mit Gesang ergänzt. Die fast 30 Rollen werden von der Theatergruppe des Gymo sowie von Schülerinnen und Schülern der FMS-Klasse 20t von Beatrice Kaufmann besetzt.
Die Hauptrollen von Hans und Sophie Scholl spielen Silas Weibel und Ilire Beqiri. Weitere tragende Rollen haben Adrian Klemz, Jonas Peter, Elias Meyer, Murat Kirmizitas, Amélia Studer, Lea König, Ana-Linn Schletti, Sara Rösselet und Sarah Baumberger, welche die Hitler-Stimme spricht.
Die Gymo-Theatergruppe probt seit Beginn des Schuljahres wöchentlich, die Darstellenden der FMS-Klasse seit etwa einem halben Jahr. Diese Woche wurde nun intensiv den ganzen Tag geprobt.
Gespielt wird in der Arena des Gymo. 200 Zuschauende können sich komfortabel einrichten, bis 300 können hier sitzen wenn sie zusammenrücken. Vier Vorstellungen, jeweils eine am 18./19./20./21. Juni, sind vorgesehen. «Wir hoffen auf schönes Wetter und darauf, dass wir mindestens zweimal spielen können. Toll wäre es, wenn, alle vier Vorstellungen statt-
finden könnten», sagt Beatrice Kaufmann. Verdient hätte es die ganze Crew; ihr Aufwand und das Engagement sind riesig.

Gut zu wissen
Freiluftspiel «Die Weisse Rose sind wir» in der Arena des Gymnasiums Oberaargau, ein Gemeinschaftsprojekt der Fachmittelschule Klasse 20t, der Theatergruppe Gymnasium Oberaargau und des Tambourenvereins Langenthal: Dienstag, 18. Juni; Mittwoch, 19. Juni; Donnerstag, 20. Juni, und Freitag, 21. Juni, jeweils 20.30 bis ca. 23.15 Uhr (20 Minuten Pause). Kein Vorverkauf, Abendkasse ab 20 Uhr. Auskunft über die wetterbedingte Durchführung von Dienstag bis Freitag ab 18.30 Uhr auf www.gymo.ch erhältlich.

Von Liselotte Jost-Zürcher