23.09.2019
Huttwil

Weniger ist mehr – entrümpeln, entlasten, entschleunigen

Nebst einem von den Landfrauen liebevoll zubereiteten, reichhaltigen Frühstück an schön geschmückten Tischen erwartete die Besucherinnen als besonderer Leckerbissen ein interessanter Vortrag zu einem allgegenwärtigen Thema. Für die musikalische Umrahmung sorgten Lena Käser mit Gesang und Klavier sowie Janik und Micha Wiedmer (Rhythmus).

 

«Wo habe ich nur diese Karte, die ich Ihnen zeigen will? Ich weiss doch, dass ich sie dabei habe!» Mit diesen Worten begrüsste Ursula Eggler vom OK die Frauen des Frühstückstreffs, indem sie ihre Handtasche durchwühlte und den ganzen Inhalt auf dem Pult ausbreitete. Ein gelungener Einstieg in ein brisantes Thema, das den Besuchern ein Schmunzeln entlockte. «Eigentlich leben wir in einer Zeit, wo man eher schreiben müsste, immer mehr und immer schneller», begann die Referentin Dr. Doris Schneider ihren Vortrag. «Stimmt es tatsächlich, dass weniger mehr ist?  In vielen Bereichen sicher, denn wir besitzen viel zu viele Gegenstände, düsen von einem Termin zum andern und können die enorme Informations- und Wissensflut fast nicht mehr verarbeiten. Deshalb müssen wir heute lernen, aktiv zu reduzieren und entscheiden, was für uns relevant ist und was nicht. Sonst sind wir irgendwann hoffnungslos überfordert.»

«Alle meine ENT-lein …»

So nennt die Referentin ihr Konzept – nach dem Buch von Werner Tiki Küstenmacher «simplify your life» – da all diese entlastenden Aktionen, die unser Leben vereinfachen und vertiefen können, mit «ent-»  beginnen, wie entrümpeln, entschleunigen, entspannen, entsorgen, entlasten. 

Alles Themen, zu welchen sie auf eindrückliche und humorvolle Art wertvolle und hilfreiche Tipps geben konnte. So zum Thema entrümpeln das Drei-Kisten-Prinzip mit einer Schatzkiste für Sachen, die man behalten will, die Fragezeichen-Kiste für Dinge, die noch brauchbar sind, die man aber nicht mehr will und der Müllkiste für alles, das entsorgt werden muss. Sie munterte auch dazu auf, nicht alles auf einmal in Angriff nehmen zu wollen, sondern jeweils nur eine kleine Einheit zu erledigen. «Wenn wir nur schon einen kleinen Teil sehen, der schön geputzt und aufgeräumt ist, hat das eine enorm motivierende Wirkung.» Die Referentin betonte, dass es auch wichtig sei, zwischendurch ganz bewusst immer wieder Zeiten einzuplanen, um zu entschleunigen, ganz im Jetzt zu sein bei dem, was wir gerade tun und nicht schon an die nächste Aufgabe zu denken. Auch «Hetz-Worte» wie «ich muss noch schnell dies und das …» sollten vermieden werden, denn sie würden Stress auslösen. 

Vielmehr sollten wir zwischendurch klei­ne Erholungsinseln und Zeiten des Nichtstuns einbauen, die wir bewusst geniessen und in denen wir uns ohne schlechtes Gewissen entspannen können. «Die allerbesten Ideen und Problemlösungs-Strategien kommen uns dann, wenn wir am entspanntesten sind.» Mit einfachen und verständlichen Beispielen erklärte die Ärztin die verschiedenen Funktionen unseres  vegetativen Nervensystems und deren Auswirkungen auf unser Wohlbefinden.

Sorgenrucksack und Altlasten

«Der Begriff entsorgen heisst ja eigentlich nichts anderes als Sorgen wegtun und den Sorgenrucksack abgeben. Ein ganz wichtiger Entscheid, denn Sorgen lösen nicht die Probleme von morgen, sondern rauben die Kraft für das Heute», betonte die Referentin. Eine schöne und ganz praktische Stelle in der Bibel sage dazu: «Hört auf, euch Sorgen zu machen, denn euer himmlischer Vater kennt eure Bedürfnisse. Sorget euch nicht um morgen, denn jeder Tag bringt seine eigenen Belastungen.» Was Jesus ganz praktisch und bodenständig gesagt hat, heisst, einen Tag nach dem andern zu nehmen. 

Oder wie ein Marineoffizier zu seinen Offiziersschülern sagte: «Schotten dicht für das Verpasste von gestern und die Sorgen von morgen.» Dazu gehört auch, dass wir uns von allem, das uns belastet, befreien. Entlasten kann man vieles. Seinen Körper, seine Gedanken, die Erwartungen, die wir an uns selbst oder an andere haben, aber auch die Lasten der Vergangenheit, indem wir vergeben. Wir sagen ja so treffend, dass wir jemandem etwas nachtragen. Das heisst, dass wir gebunden sind, weil wir immer hinter jemandem herlaufen und ihm die Last nachtragen müssen. 

Umsetzung im Alltag

Wenn wir jedoch den Fall an Gott übergeben, können wir loslassen. Dadurch werden wir frei und profitieren selbst am meisten davon. «Er hat ja gesagt, dass er ein gerechter Richter ist und das hilft mir immer, auch wenn mir Unrecht geschehen ist», weiss Frau Schneider aus eigener Erfahrung. Am Schluss bot die Referentin den Zuhörerinnen Gelegenheit, sich über die praktische Umsetzung Gedanken zu machen. «Welches Entlein brauche ich im Moment am dringendsten oder wo würde ich am schnellsten einen Erfolg sehen?» 

Nach einer sehr angeregten Diskussion schloss Doris Schneider ihren interessanten Vortrag mit den Worten: «Nehmen Sie sich nicht 20 Sachen vor, die Sie erledigen wollen, sondern lieber etwas in kleinen Schritten, das dann auch umgesetzt werden kann. Denn auch hier ist weniger mehr.»

Von Anita Schneider