Wenn die Schweiz zur zweiten Heimat wird
Oskars Lapinskis, SCL Tigers – Wie viele Eishockeyspieler in seinem Alter hat auch Oskars Lapinskis einen Traum: die NHL. Ob er wahr wird? Bis zur NHL ist es ein langer Weg. Nach dem 14. Geburtstag ist Lapinskis aus Lettland nach Langnau gekommen. Momentan spielt der 16-Jährige bei den Novizen der SCL Young Tigers. Ein erstes Etappenziel bei den Erwachsenen ist die erste Mannschaft der Tigers.
Eishockey · Seit etwas mehr als zweieinhalb Jahre ist nun Oskars Lapinskis in Langnau. Als er aus Lettland in die Schweiz kam, konnte er kein Deutsch. Nur lettisch, russisch und englisch. «Es war nicht einfach hier, doch ich habe mich sehr schnell eingelebt», sagt Lapinskis. Er ist auf Empfehlung von Torhüter Ivars Punnenovs nach Langnau gekommen. Zuerst sei er zu einem Probetraining eingeladen worden, doch die Verantwortlichen der SCL Young Tigers haben sein Talent richtig eingeschätzt und ihn sogleich unter Vertrag genommen. «Nach dem Probetraining bin ich nach Hause geflogen, habe alle Sachen eingepackt und bin wieder in die Schweiz zurückgekehrt.»
Alles sei schnell gegangen. So habe er auch keine Zeit gefunden, darüber nachzudenken, was ihn im Emmental erwarte. Bereut habe er ihn nie, den Schritt, weit über 3500 Kilometer von zu Hause weg zu leben. «Zuerst habe ich mich mit den Letten Punnenovs und Melnalksnis in meiner Muttersprache unterhalten, danach in Englisch mit anderen. Heute kann ich mit meinen Mannschaftskollegen bereits in Berndeutsch ein paar Sprüche klopfen.» Hochdeutsch ist für ihn eine Fremdsprache, die aber zu seiner Ausbildung gehört. In Bern besucht er die Feusi Schule. Zum KV-Abschluss gehört in der Schweiz die deutsche Sprache, was Lapinskis hilft.
Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist der Lette in einem kleinen Dorf, wo sich noch Fuchs und Hase gute Nacht sagen, mit nur gerade 1000 Einwohnern. Im Vergleich dazu sind die Gemeinden im Emmental Grossstädte (Langnau beispielsweise hat 9988 Einwohner). Zur grossen lettischen Metropole Riga betrug die Distanz rund 40 Kilometer.
«Meine Eltern haben ein Kleinunternehmen mit grossem Expansionspotenzial. Sie stellen Wasseruhren her und montieren diese auch gleich selber. Ihr Einzugsgebiet umfasst alle baltischen Staaten und nun expandieren sie auch noch nach Finnland.»
Sehr zufriedener Trainer
Lapinskis sieht seine Zukunft nicht in diesem Business, seine Passion liegt ganz klar beim Eishockey. Dies tut er mit Leidenschaft. Sein Trainer Samuel Balmer attestiert ihm auch, dass er bei jedem Training an seine volle Leistungsgrenze geht. «Ich bin sehr zufrieden mit ihm. Ich bin zuversichtlich, wenn er weiterhin so hart an sich arbeitet, dass er es ganz weit bringen wird.» Eine neue Zukunftshoffnung für die Tigers? Niemand will diese Aussage bejahen, denn es kann noch so viel passieren. Die Novizen der Young Tigers sind flott unterwegs. Sie liegen auf Platz 4 und vor Weihnachten stehen noch drei Partien auf dem Programm. Balmer ist voller Lob für seine Jungs: «Es ist super, diese Truppe zu trainieren. Schade ist eigentlich nur, dass das Leistungsgefälle innerhalb des Teams gross ist.» Balmer will aber nicht jammern, denn es macht ihm unheimlich Spass bei der Arbeit. Die Young Tigers dürfen sich glücklich schätzen, einen Fachmann wie ihn als Ausbildner in ihren Reihen zu wissen.
Gutes Omen
Dass Oskars Lapinskis einmal ein ganz grosser Eishockeyspieler werden wird, ist nicht ausgeschlossen. Die Vorzeichen jedenfalls stehen gut. Bevor er seine KV-Ausbildung begann, drückte er in Langnau die Schulbank. Nicht in irgendeinem Schulhaus, nein, es ist nämlich das gleiche in dem schon Martin Gerber zur Schule gegangen ist. Wenn dies nicht ein gutes Omen ist. Seine bevorzugte Position auf dem Eis ist die Flügelposition. «Da kann ich mich entfalten und meine Flügelläufe starten. Aber eigentlich spielt es keine Rolle, wo ich spiele. Die Entscheidung trifft der Trainer.» Kürzlich gegen Lugano musste er auf der Centerposition ran. Anscheinend hat er seine Aufgabe ausgezeichnet gelöst, denn Trainer Balmer habe nach der Partie gesagt: «So, Oskars, nun spielst du den Rest der Saison auf dieser Position.» Was der Trainer sagt und bestimmt, wird befolgt. Wer es bis nach ganz oben schaffen will, muss alle erteilten Aufgaben erfüllen können. Momentan freut sich der junge Lette doppelt: Einerseits läuft es ihm im Eishockey bei Langnau sehr gut, anderseits werden an Weihnachten seine Eltern auf Besuch kommen.
Von Markus Jutzi