«Wenn nötig, ziehe ich bis vor Bundesgericht»
Seit längerem ist in Ufhusen im Gebiet Engelprächtigen eine Deponie Typ B in Planung. Hier sollen zukünftig Aushub und Ausbruchmaterial fachgerecht entsorgt werden. Der Termin hat sich wegen Corona bereits verzögert und er droht sich noch weiter zu verzögern. Denn Soraya Wernli, die in unmittelbarer Nähe der geplanten Deponie wohnt, wehrt sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen.
Ufhusen/Gondiswil · Kurt Kumschick, Geschäftsführer der Engelprächtigen AG, welche eigens für das Deponie-Projekt gegründet wurde und sich aus den drei Firmen Pirol AG Kiesaggregate Ufhusen, ARAG Bau AG, Hasle, und Benerz AG, Buttisholz, zusammensetzt, plant die Projektumsetzung der Deponie Engelprächtigen bereits seit acht Jahren. Sie gilt als Nachfolgelösung für die Deponie Briseck in Zell, welche bald stillgelegt wird. Das Gebiet Engelprächtigen, das auf Ufhuser Gemeindegebiet und entlang der Bahnlinie in der Nähe von Hüswil liegt, wurde nicht zufällig ausgewählt. Von 1917 bis 1929 wurde genau an diesem Ort Schieferkohle und von 1940 bis 1946 Braunkohle abgebaut. Eine Auffüllung des Abbaugebietes hat nie wirklich stattgefunden. Mit der geplanten Deponie könnte dies nun nachgeholt werden, ist auf der Internetseite der Engelprächtigen AG zu erfahren. Bei einer Deponie Typ B werde unverschmutzter Aushub und mineralische Bauabfälle wie beispielsweise Stein- oder Ziegelbruch deponiert. Diese Abfälle würden sich nicht verändern und auch nicht mit anderen Materialien reagieren. Sie seien deshalb für Mensch und Umwelt völlig unbedenklich, ist bei der Engelprächtigen AG weiter zu erfahren.
«Es werden bei einer Deponie Typ B aber auch Asbest- oder quecksilberhaltige Materialien angeliefert und diese Abfälle sind alles andere als unbedenklich», ist Soraya Wernli überzeugt. Seit elf Jahren wohnt sie im ehemaligen Bahnwärterhaus direkt beim Bahnübergang Engelprächtigen in Hüswil. Die Tatsache, dass auch bedenkliche Abfälle angeliefert werden können, wird im Werbevideo der Engelprächtigen AG nicht erwähnt.
«Ich habe als Gemeindeschwester gearbeitet und Patienten gesehen, die wegen Asbest gestorben sind», erzählt die rüstige Rentnerin. Zudem ist Soraya Wernli nicht wirklich überzeugt, dass die kantonalen Kontrollen der Deponien auch ordentlich durchgeführt werden. «Wenn man die Fälle Blausee und Kölliken anschaut, macht mir das schon Angst», gesteht sie. (Anmerkung der Redaktion: Bei der Sondermülldeponie Kölliken wurde zwischen 1975 und 1985 Sondermüll aus der ganzen Schweiz angeliefert. Der Betreiber der Anlage, das Gewässerschutzamt des Kantons Aargau, vertraute auf die Ehrlichkeit der Lieferanten, die Kontrollen waren large und wenig exakt. Schlussendlich führte verunreinigtes Grundwasser zur Schliessung. Beim Fall Blausee führte belastetes Material aus dem Steinbruch Mitholz zum Fischsterben im Blausee. Ebenfalls eine Folge mangelnder kantonaler Kontrolle.)
24 Jahre lang Werkverkehr
Die Deponie im Gebiet Engelprächtigen weist auf dem Projekt-Plan eine Grösse von rund 170 000 Quadratmetern auf, was in etwa 24 Fussballfeldern entspricht. Über einen Zeitraum von 24 Jahren sollen dort 1,2 Millionen Kubikmeter Aushub und Bauabfälle abgelagert werden. Pro Jahr sind dies gut 50 000 Kubikmeter. Dabei sei, so die Engelprächtigen AG, pro Arbeitstag mit durchschnittlich 19 Lastwagen zu rechnen. «Das stimmt so nicht», korrigiert Soraya Wernli. «Es werden insgesamt 40 Lastwagen pro Arbeitstag sein, die genau vor unserem Haus abbremsen und in die Zufahrt zur Deponie einbiegen werden.» Diese Lastwagen würden dabei Feinstaub aufwirbeln, der sich in ihrem Gemüsegarten, welcher direkt an der Strasse liegt, absetzt. «Den Garten kann ich dann nicht mehr nutzen», erklärt sie.
Durch den zusätzlichen Verkehr bei der ohnehin schon stark befahrenen Strasse werde ihr «Paradies» massiv an Wert verlieren, befürchtet die Hausbesitzerin. «Die Strasse ist auch ohne den zusätzlichen Lastwagenverkehr sehr gefährlich und Unfälle keine Seltenheit. Der Kanton hat an dieser Strecke zwar Verkehrsmessungen vorgenommen, jedoch hat er das während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 getan, wo viele im Homeoffice arbeiteten und demnach nicht auf der Strasse unterwegs waren», ärgert sich Soraya Wernli. Um ihrem Ärger etwas Luft zu machen, hat sie deshalb auf ihrem Grundstück ein grosses Plakat mit der Aufschrift «Keine Deponie» aufgehängt.
Dass ein Projekt dieser Grössenordnung auch Nachteile wie Lärm- und Staubemissionen mit sich bringt, ist auch Kurt Kumschick bewusst. «Die verkehrstechnische Erschliessung direkt ab der Kantonsstrasse ist jedoch optimal, da nur eine Zufahrtsstrasse zur Deponie gebaut werden muss», erklärt der Geschäftsführer. Zudem werde die ökologische Aufwertung zu einem Mehrwert für Natur und Landschaft führen, ist aus dem Werbevideo der Engelprächtigen AG weiter zu erfahren. Es würde dabei ein Mehrfaches der Lebensräume ersetzt, die von der Auffüllung betroffen seien. 20 Prozent der Deponie werde ökologisch aufgewertet und wertvolle Lebensräume würden entstehen. Die Feuchtgebiete an Randzonen würden neu angelegt und der eingedolte Bachverlauf freigelegt und revitalisiert werden. Ebenfalls sei denkbar, dass man dort gewisse Pflanzenarten ansiedeln könnte. Da sich durch die Deponie der Fruchtfolgeanteil um etwa 15 Prozent erhöhe, profitiert auch die landwirtschaftliche Nutzung vom Deponiestandort.
Chance für Ufhusen
Die Gemeinde Ufhusen sieht das Deponie-Projekt als Chance. «Es würde der Gemeinde und somit auch den Steuerzahlern mittel- und langfristig einen guten Nutzen bringen», erklärt der zuständige Gemeinderat Marcel Schmid. Denn dank Immissionsentschädigungen und zusätzlichen Steuereinnahmen rechnet die Gemeinde Ufhusen während der Betriebsdauer von 24 Jahren mit rund 6,6 Millionen Franken, was jährlich 280 000 Franken entspricht.
Doch was ist, wenn die 24 Jahre vorbei sind, wo wird danach das Aushub- und Abbruchmaterial entsorgt? «Als Nachfolgelösung könnte eine Deponie bei der Haltestelle in Gondiswil realisiert werden, dieses Stück Land habe ich bereits gekauft», verrät Kurt Kumschick. Mittlerweile konnte das gesamte Projekt beim Kanton Luzern zur Vorprüfung eingereicht werden. Eine öffentliche Auflage sollte noch dieses Jahr erfolgen, während dieser Zeit sind Einsprachen durch die Stimmberechtigten möglich. Wann über das Projekt Deponie Engelprächtigen an einer Gemeindeversammlung abgestimmt wird, ist noch nicht bekannt.
Mit allen Mitteln verhindern
Für Soraya Wernli ist jedoch klar, dass sie die Umsetzung des Projektes mit allen Mitteln zu verhindern versucht. Da sie in Ufhusen nicht stimmberechtigt ist, hat sie nun einen Anwalt eingeschaltet. «Wenn nötig, ziehe ich bis vor Bundesgericht und dann gibt es ja noch den Europäischen Gerichtshof», zeigt sich Soraya Wernli kämpferisch und zu allem bereit.
Von Marion Heiniger