• Wie soll sich das Porziareal in Zukunft präsentieren? Darüber scheiden sich die Geister. Auch nach der jüngsten Podiumsdiskussion ist bei dieser Frage noch keine Einigkeit vorhanden. · Bild: Walter Ryser

28.01.2020
Langenthal

Wenn zwei das Gleiche wollen, ist es noch lange nicht dasselbe …

Wie soll das Porzi-Areal in Langenthal entwickelt werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der Stadt, der Haupteigentümerin, der Ducksch-Anliker-Gruppe, sowie Vertretern des Vereins Porziareal. Dabei wurde ersichtlich, dass im Grund alle das Gleiche wollen, was aber nicht dasselbe ist …

Vor 14 Tagen wurde in Langenthal die freiwillige Mitwirkung zum Porziareal lanciert. Bis zum 29. Februar kann sich die Bevölkerung zu den Ergebnissen der Testplanung äussern, die vor einem Jahr vorgestellt wurden und seither kontrovers diskutiert werden (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Aus diesem Grunde veranstaltete das «BZ/Langenthaler-Tagblatt-Team» auf dem Porziareal eine Podiumsdiskussion mit den involvierten Parteien (Stadt, Grundeigentümer und Verein Porziareal). Ebenfalls auf dem Podium Platz genommen hatte mit Baurechts-Berater Heiner Karrer aus Liestal eine Person, die mitgeholfen hat, ein ähnliches Industrie-Areal in Liestal zu entwickeln (Hanro-Areal).
Das am südlichen Ortsrand von Liestal am Flüsschen Frenke gelegene ehemalige Fabrikareal Hanro beherbergt Handwerks- und Gewerbebetriebe, Werkstätten, Künstlerateliers sowie Teile der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Pädagogischen Hochschule. Die Vielfalt der Nutzungen rührt von rund fünfzig verschiedenen Mietern. Eine von der früheren Eigentümerin geplante Vermarktung des Grundstücks, welche mit einem vollständigen Abriss der Gebäude und einer Umwandlung in ein Wohngebiet verbunden gewesen wäre, wurde vom Stimmvolk abgelehnt. Mit dem Erwerb des Grundstücks durch die Stiftung Edith Maryon und die CoOpera Sammelstiftung PUK wurde eine jahrelange öffentliche Auseinandersetzung über die Zukunft des Geländes beendet.

Haupteigentümerin will Mehrwert schaffen
Ähnlich präsentiert sich die Situation in Langenthal, wo sich der Verein Porziareal für eine sanfte Entwicklung mit der bestehenden Gebäudestruktur stark macht, gemäss ihrem Konzept «So geits ou», während die Haupt­eigentümerin des Areals, die Ducksch-Anliker-Gruppe, eine neue Areal-Struktur anstrebt, die zwar bestehende Gebäude miteinbezieht, aber auch neue Bauten und Gestaltungselemente vorsieht. Gian Kämpf, Mitglied der Geschäftsleitung bei Ducksch Anliker, sagte denn auch einleitend: «Leben entsteht nicht durch einen Blick zurück, sondern beim mutigen Vorwärtsgehen.» Man wolle auf dem Porziareal zusammen mit der Bevölkerung einen Mehrwert schaffen, versicherte er. Es werde zweifellos eine Veränderung auf dem Areal stattfinden, «die Bevölkerung kann aber mitbestimmen, was hier künftig stattfinden soll», zeigte er sich offen für konstruktive Beiträge. Auch versicherte er, dass man gewillt sei, die grosse historische Bedeutung des Areals zu erhalten.
Man habe konkrete Vorstellungen, wie man das Areal beleben wolle, beispielsweise mit einer Öffnung, um es besser zugänglich zu machen, mit einer Verschiebung des Bahnhofs Süd sowie der Ansiedlung von neuen Nutzern, die beispielsweise einen kulturellen Wert schaffen würden. «Wir sind überzeugt von diesem Areal und
seinem Entwicklungspotenzial», bemerkte Gian Kämpf abschliessend.

Vertrauen in Ducksch-Anliker fehlt
Nicht überzeugt von seinen Worten zeigte sich die Gegnerschaft auf Seiten des Vereins Porziareal und auch etliche Zuhörer im Publikum, die unverhohlen zu verstehen gaben, dass man den Worten der Vertreter von Ducksch-Anliker nicht traue. So warf Roland Isenschmid, Vorstandsmitglied Verein Porziareal, Gian Kämpf und Tom Rickli, ebenfalls Mitglied der Geschäftsleitung bei Ducksch Anliker, vor, nicht die Wahrheit zu sagen. «Warum könnt ihr nicht dazu stehen, dass ihr vorhabt, dieses Gebäude, in dem wir gerade sitzen (Ladenlokal der Porzellanfabrik, Anmerkung der Redaktion), abzureissen», wendete er sich an die beiden Vertreter der Haupteigentümerin. Er sehe einfach nicht ein, weshalb ausgerechnet eines der prägendsten Gebäude auf dem Areal einem Neubau weichen müsse, doppelte Vereinsmitglied Dominik Meuli nach. Der Verein Porziareal ist überzeugt, dass mit relativ bescheidenem finanziellem Aufwand das Areal aufgewertet und entwickelt werden könnte. Unterstützung erhielten sie in ihrer Ansicht von Heiner Karrer, der betonte, dass man das Hanro-Areal in Liestal mit weniger als 20 Millionen Franken entwickelt und neu belebt habe. «Schaut man sich die Entwicklungspläne der Haupteigentümerin an, dann stellt man rasch fest, dass dafür rund 200 bis 300 Millionen Franken nötig sein werden», wies Roland Isenschmid auf den Unterschied hin, der sich dann auch in der optischen Veränderung des Areals deutlich niederschlagen werde. Man müsse sich nichts vormachen, war aus den Zuhörerreihen zu vernehmen, ein Investor wie die Ducksch-Anliker-Gruppe habe es bei einem solchen Objekt auf eine Rendite abgesehen, hörte man. Und Karrer gab zu bedenken, «dass ein solches Areal für Menschen nutzbar gemacht werden sollte und nicht für Investoren und deren Rendite-Absichten.»
Kämpf und Rickli hatten bei diesem «Auswärtsspiel» auf heimischem Terrain einen schweren Stand, zeigten sich aber unbeeindruckt von der zum Teil emotionalen Debatte und versicherten immer wieder, dass man auf die historische Bedeutung des Areals und die Wünsche aus der Bevölkerung Rücksicht nehmen werde. «Eigentlich liegen wir mit unseren Vorstellungen gar nicht so weit auseinander, aber es gibt Differenzen in einigen Punkten», stellte Kämpf fest. Quasi als neutraler Begleitschutz nahmen die beiden Vertreter der Stadt Langenthal, Stadtbaumeisterin Sabine Gresch und Stadtpräsident Reto Müller, teil. Während Gresch nur davon sprach, dass das Porziareal eine Riesenchance für Langenthal biete, erläuterte Müller die Haltung des Gemeinderates, für den das Wichtigste sei, dass man am Ende ein gelungenes Resultat vorweisen könne. «Gerade deshalb ist es enorm wichtig, zu wissen, was die Bevölkerung mit diesem Areal will», ermunterte er die Anwesenden, an der freiwilligen Mitwirkung teilzunehmen.

Von Walter Ryser