• Die Toilette auf dem Bahnhof Huttwil darf nur während 15 Minuten benutzt werden. Danach folgt ein Pfeifkonzert. · Bild: Leroy Ryser

15.12.2016
Huttwil

Wer trödelt wird hinausgepfiffen

Die Toilette beim neuen Huttwiler Bahnhof liefert weiterhin Gesprächsstoff. Während sich einige am Aussehen des Würfels oder dem dünnen Papier in der Toilette stören, gibt vor allem die limitierte Benützungszeit zu reden.

Huttwil · Es war ein Geschichte-Tipp, der heute vor einer Woche die Redaktionssitzung des «Unter-Emmentaler»-Teams aufgeheitert hatte. Das neue Bahnhof-WC soll sich nach einer Viertelstunde benützen von selbst entriegeln. Ein dazu passendes Bild wurde mitgeliefert, das darauf hindeutet, dass sich nach 15 Minuten das Schloss öffnet. «Springt die Türe plötzlich auf, wenn ich auf der Toilette sitze», fragte Sport-Fachmann Stefan Leuenberger scherz- und zugleich ernsthaft. Eine Diskussion um den grauen Kasten auf dem Bahnhofsplatz war lanciert, für Unterhaltung war gesorgt.

Ein modernes Häuschen
Letztlich haben wir an unserer Sitzung entschieden, der Sache nachzugehen. Ich erhielt den Auftrag, das WC zu besuchen und mich über die volle Dauer darin aufzuhalten. Selbstverständlich habe ich mich in dieser Woche meinem Auftrag gewidmet und ich kann ihnen sagen: Ich bin froh, funktionieren Zu- und Abluft auf dieser Toilette einwandfrei, von einem schlechten Geruch war an diesem Vormittag nichts zu merken. Auch die Kälte hielt sich in Grenzen, der Raum war hell und keineswegs schäbig, sondern viel eher modern. Beim Wasserbecken gab es einen Wasser- und einen Seifendruckknopf, das Luftgebläse würde mir nach dem Benutzen des Lavabos die Hände trocknen. Die 15 Minuten gingen im Nu vorüber – aber dazu später mehr.
Selbstverständlich habe ich im Zuge meiner Recherche auch mit der verantwortlichen Institution gesprochen. Dazu gehören einerseits die BLS AG, andererseits die Gemeinde Huttwil, welche den 100 000 Franken teuren Zusatzbau finanzierte. «Mit der 15-Minuten-Limite wollen wir verhindern, das das WC zu lange besetzt ist», erklärt Helene Soltermann von der BLS Medienstelle. Eine Viertelstunde würde genügen, um sein Geschäft zu verrichten, so wolle man ausserdem Vandalismus verhindern. Gemeindepräsident Hansjörg Muralt zeigte sich derweil zufrieden mit der neuen Anlage. «Ich habe befürchtet, dass sie zu dominant sein wird. Dabei fällt sie gar nicht speziell auf.»

Durchgehendes, lästiges Geräusch
Nun aber noch einmal zurück zu meinem Testbericht: Als die 15 Minuten abgelaufen waren, ging die Toilettentüre nicht auf, sie wurde auch nicht automatisch entriegelt. Auf die Sekunde genau – ja ich habe die Zeit gestoppt – begann aber ein ohrenbetäubendes Pfeifen. Nicht etwa kurze Pfiffe, sondern ein durchgehendes, lästiges Geräusch. Wäre ich zu diesem Zeitpunkt nicht längst fertig gewesen, so hätte ich zumindest meine Handlungen beschleunigt. Nach weiteren anderthalb Minuten warten, ob sich die Türe vielleicht doch noch automatisch öffnet – sie hat es nicht getan, wäre laut BLS von aussen aber wieder mit dem Einwurf eines Frankens betretbar – habe ich sie selbst entriegelt. Just vor der Türe stand ein bereits auf mich wartendes Paar. «Haben Sie das nervtötende Geräusch ebenfalls gehört?», frage ich verlegen. «Ja, laut und deutlich.» Damit war klar, dass jeder, der sich hier zu lange Zeit nimmt, zum Dorfgespräch werden könnte. Denn offensichtlich weiss es danach das halbe Quartier. Hansjörg Muralt wies derweil auf einen Sicherheitsmechanismus hin, sollte jemand in der Toilette zusammenbrechen.
Die beiden anschliessenden Benützer der Bahnhoftoilette störten sich an diesem Limit übrigens ebenfalls nicht. Sie begrüssten die saubere, moderne Toilette und sagten, dass ihnen die Benützung dieser durchaus ein Franken wert sei. «Eine gute Sache», fanden sie die Toilette, monieren könnte man höchstens, dass es nur eine habe. Gestört haben sich die beiden WC-Nutzer aber am Journalisten, der die Toilette ganze 16,5 Minuten für seinen Testbericht missbrauchte, während sie – ganz im Gegensatz zu mir – tatsächlich zur Toilette gehen mussten.

Von Leroy Ryser