• Hockey Huttwils Coach Daniel Bieri sorgte mit seiner akribischen Arbeit dafür, dass seine Mannschaft die Fans während einer ganzen Saison mit Kampf, Wille, Leidenschaft und Disziplin begeisterte. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Grosse Enttäuschung: Daniel Bieri, sein Assistent Alain Sägesser (rechts aussen) und das Team wenige Augenblicke nach der Niederlage im fünften und letzten Finalspiel gegen den EHC Basel. · Bild: Marcel Bieri

04.04.2022
Sport

«Wir haben nicht viel falsch gemacht»

Der 42-jährige Ufhuser Daniel Bieri blickt auf die Saison von Hockey Huttwil zurück. Der Trainer der Blumenstädter äussert sich zum knapp verpassten Amateur-Meistertitel und blickt bereits auf die kommende Spielzeit.

Eishockey · Es sind einige Tage vergangen seit der knappen Finalniederlage im Kampf um den Meistertitel in der Amateurliga. Wie geht es Ihnen?
Körperlich bin ich in ein Loch gefallen. Als der wochenlange Druck plötzlich weg war, hat der Körper reagiert. Ich wurde gleich krank. Und dazu erwischte ich auch noch das Coronavirus. Jetzt geht es mir aber bereits viel besser. Die Regeneration nach einer harten Eishockeyzeit läuft. Psychisch geht es mir gut.

Huttwil lag in der Finalserie gegen Basel mit 2:0-Siegen vorne und hatte drei Matchpucks. Alle wurden vergeben. Was ergab Ihre Ursachenforschung?
Die Auswertung hat ergeben, dass wir nicht viel falsch gemacht haben. Die Serie war einfach extrem ausgeglichen. Der Knackpunkt aus unserer Sicht war sicherlich das vierte Spiel, die zweite Partie vor Heimpublikum. Wir hatten in dieser Partie – den Start mit den zwei schnellen Gegentoren einmal ausgeschlossen – eine sehr gute Energie. Es wäre nicht unverdient gewesen, wenn wir in diesem Spiel den Sack zugemacht hätten.

Haben Sie sich nach der Finalniederlage Vorwürfe gemacht, in Ihrer Funktion etwas nicht gut genug gemacht zu haben?
Ich habe den Ehrgeiz, als Trainer immer einen Topjob abzuliefern. Dementsprechend hinterfrage ich mich immer, wenn etwas nicht klappt. Ich suche dann den Fehler bei mir und nicht bei den Spielern. 47 Sekunden vor Schluss der Finalissima das entscheidende Gegentor zu erhalten, hinterlässt natürlich Spuren. Die ganze Nacht über haben mich die Spielsituationen rund um dieses Tor beschäftigt. Es ist wichtig, solche Erlebnisse zu reflektieren, um davon zu lernen und schlussendlich besser zu werden.

Basels Trainer und Eishockey-Legende Christian Weber lobte Hockey Huttwil und Ihre Arbeit in höchsten Tönen, die Medien berichteten im Zusammenhang mit Hockey Huttwil vom Meister der Herzen. Tröstet dies ein wenig über den verpassten Titel hinweg?
Es tut schon gut. Für mich steht aber etwas ganz anderes im Mittelpunkt. Das Team muss nämlich viel leisten, damit solche Äusserungen passieren. Und darum bin ich stolz darauf, wie hart meine Mannschaft über die gesamte Saison hinweg gearbeitet hat. Sie verdient diese Aufmerksamkeit.

Die Saison von Hockey Huttwil war ein grosser Erfolg. Das von der Clubführung erklärte Saisonziel wurde klar übertroffen.
Absolut. Die Halbfinal-Qualifikation haben wir erreicht. Natürlich wäre der Titelgewinn eine schöne Krönung gewesen.

Ihre Mannschaft zeigte in den 45 Saisonpartien viele starke Leistungen. Welches war die Partie, in welcher Ihre Spieler die beste Leistung ablieferten, die Ihrer Vorstellung von Eishockey am nächsten kamen?
Bei der vierten und letzten Halbfinal-Partie gegen Seewen passte von A bis Z einfach alles. Die Leistung bei diesem 4:0-Auswärtserfolg war wirklich stark. Eine überzeugende Leistung gelang uns auch beim Qualifikations-Auswärtsspiel in Arosa, als wir wegen vielen verletzten Spielern mit einer «Rumpftruppe» antreten mussten und gleichwohl eine der besten Leistungen auf das Eis zauberten.

Nennen Sie die Top-3 von Hockey Huttwil in der abgelaufenen Saison.
Ich kann hier nur das Kollektiv nennen. Die Teamstärke macht Hockey Huttwil aus. Gleichwohl möchte ich einen Spieler herausheben, welcher in den Playoffs der herausragende Spieler war. In den letzten Partien seiner Karriere zeigte Patrick Meyer seine ganze Klasse.

Wen sehen Sie als besten MySports League-Spieler 2021/22?
Der Liga-Topskorer Sandro Zurkirchen von Seewen war in der Offensive sicher ganz stark. Eric Himelfarb von Basel war im Playoff-Final sicher prägend. Aber auch hier: Bei jeder Mannschaft ist es das Kollektiv, welches über Sieg und Niederlage entscheidet – und nicht ein einzelner Spieler.

Was hat Sie in der abgelaufenen Saison so richtig auf die Palme gebracht?
Es gab fünf bis sechs Partien, in welchen wir einfach nicht abgerufen haben, was im vorherigen Training noch einwandfrei klappte. Damit habe ich immer extrem Mühe.

Wie waren Sie mit Ihrem Staff zufrieden?
Extrem gut. Ich verfüge mit Alain Sägesser über einen Top-Assistenten. Vielmehr sind wir zwei ein Coaching-Team. Er ist für mich äusserst wertvoll. Der Goalie-Trainer leistete ausgezeichnete Arbeit. Ich verfügte die ganze Saison über zwei Top-Goalies. Mit dem Sportchef pflege ich eine sehr gute Zusammenarbeit. Und das Medical- und Materialteam tut alles, damit es uns gut geht und alles passt. Dann ist da noch CEO Heinz Krähenbühl mit seiner Frau Sandra, die für den Verein leben. Ich bin dankbar, mit einem solchen tollen Team, bei dem sich alle in die Hände spielen, arbeiten zu können.

Das Interesse am Eishockey in Huttwil wurde grösser. Waren in den Qualifikationspartien immer zwischen 200 und 300 Fans im Stadion, fanden die beiden Heimspiele des Finals gegen Basel vor 1027 und 1664 Zuschauern statt. Glauben Sie, dass das Interesse bei anhaltendem Erfolg noch weiter gesteigert werden kann?
Es ist völlig klar, dass wir zwischen den Eishockeyorten Langnau, Bern und Langenthal nicht gewaltige Zuschauermassen anlocken. Ich sehe es aber so, wie damals mit den Huttwil Falcons. Mit diesen schafften wir es auch, die Zuschauerzahlen mit stets guten Leistungen anzuheben. Dies sollte bei Hockey Huttwil auch möglich sein. Als Team können wir mit starken Leistungen dazu beitragen. Es sollte möglich sein – und ich denke, dass dies das Team und die Eishockey-Region Huttwil auch verdient hätte –, dass zukünftig auch die Qualifikationspartien von 400 bis 500 Zuschauern besucht werden.


Im Stadion war auch oft Ihr 12-jähriger Sohn Lionel als Fan anwesend. Während einem Spiel äusserte er sich über seinen Vater. Er meinte, dass Sie sowohl als Trainer von Hockey Huttwil wie auch daheim als Familienvater einfach toll seien.
Das hat mich extrem berührt und stolz gemacht. Aber auch meine Frau und meine Tochter sind die gesamte Saison über wie eine Wand hinter mir gestanden und haben mich auch in der Eishalle unterstützt. Meine Passion mit meinen Liebsten teilen zu können, ist für mich wunderschön. Und es ist natürlich extrem wichtig, dass meine Familie hinter meiner Tätigkeit steht.

Jetzt ist Eishockeypause. Nutzen Sie die Zeit, um viel mit Ihrer Familie zu unternehmen?
Auf jeden Fall. Wenn ich daheim bin, will ich 100-prozentig für meine Familie da sein. Wir unternehmen sehr viele Sachen zusammen. Es ist für mich ein Geschenk, wenn ich meinen Sohn an die Fussballpartien und meine Tochter ans Tanzen begleiten kann. Wir haben auch Oster- und auch Sommerferien geplant. Es dürfte nach Österreich in die Berge gehen.

Was machen Sie selber gerne, wenn Sie einmal nicht dem Eishockey nachrennen müssen?
Meine Aktivzeit als Sportler ist vorbei. Ich treibe einfach noch mit meinen Kindern ein bisschen Sport. Ich geniesse am liebsten die Zeit mit meiner Familie. Spiele und Ausflüge sind dann angesagt.

Wann startet das Sommertraining?
Bereits am 1. Mai. Bei den obligatorischen Trainings werde ich als Unterstützung selber präsent sein. Die restlichen Lektionen absolvieren die Spieler individuell.

Und wann geht es wieder auf das Eis?
Bereits Ende Juli.

Wird sich Ihr Team auf die kommende Saison 2022/23 stark verändern?
Das Kaderbuilding läuft auf Hochtouren. Nur soviel: Beide Goalies bleiben. Das Team wird eine Verjüngung erfahren. Es ist mit fünf bis sechs Zuzügen zu rechnen.

Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptbaustellen im Hinblick auf die kommende Spielzeit?
Meine Hauptaufgabe wird sein, das neue Gesicht von Hockey Huttwil rasch zu einer Einheit zu formen, welche gleich stark auftritt, wie die Version 2021/22. Ich hoffe, dass die verletzten Spieler zurückkehren werden. Weiter will ich in der Vorbereitung unsere Spielart weiter entwickeln.

Der EHC Basel hat neben dem Amateur-Meistertitel auch den Aufstieg in die NLB geschafft. Es wäre aber wohl ein bisschen einfach zu sagen, dass für Hockey Huttwil nun der Weg zum Meistertitel 2022/23 frei ist.
Tatsächlich. Die MySports League ist so ausgeglichen, dass die ersten acht Teams allesamt den Titel gewinnen können. Darum ist diese Liga auch so interessant. Es ist garantiert nicht einfacher, nur weil Basel wegfällt. Gespannt bin ich auf die beiden Aufsteiger Frauenfeld und Franches-Montagnes.  

Diese Saison war die NLB für Hockey Huttwil kein Thema. Denken Sie, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird?
Sinnvoll wäre es. Wir wollen ein Topverein in der MySports League sein. Es ist die ideale Liga für eine Eishockey-Region wie Huttwil. Wir sind ein Ausbildungsverein, der ambitionierte Spieler für Profieinsätze vorbereitet oder Ehemaligen eine gute Plattform auf höchstem Amateurniveau bietet. Ein Swiss League-Abenteuer würde meiner Meinung nach wohl den finanziellen Untergang des Vereins bedeuten.

In den oberen beiden Ligen wird aktuell noch gespielt. Wer holt die Titel?
In der Swiss League tippe ich auf den EHC Olten. Und Schweizer Meister in der National League wird der EV Zug. Für eine Überraschung könnte allerdings der SC Rapperswil-Jona sorgen.

Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Daniel Bieri, Trainer Hockey Huttwil