Wir haben Respekt, aber keine Angst

Trotz der Angst vor dem Corona-Virus und dem vom Kanton auferlegten Mehraufwand für Veranstaltungen werden im Oberaargau viele Vereinsanlässe durchgeführt. Gegen eine Absage entschied sich auch das Jodlerchörli Eriswil, das an den letzten beiden Wochenenden sein Jahreskonzert durchführte. Eine Unsicherheit unter den Besuchern war nicht zu spüren. Absagen gab es nur wenige.

Coronavirus · Obwohl es noch über eine Stunde bis zum Konzert dauert, sitzen bereits die ersten Besucher an den Tischen. Das Jodlerchörli Eriswil serviert jeweils schon vor Konzertbeginn und auch danach seinen Gästen ein Abendessen. Während an den ersten beiden Konzertabenden letzte Woche noch aufwendig alle Personaldaten jedes einzelnen Besuchers aufgenommen werden mussten, kam man am heutigen Abend ohne diesen Mehraufwand in die Halle, erklärte Marco Zaugg, Präsident des Jodlerchörli Eriswil.
«Wir mussten jedoch bei einer Hotline eine Risikoanalyse machen lassen und haben erst danach die Bewilligung zur Durchführung des Konzertes erhalten», sagte Zaugg. Dass nun die Erhebung der Personendaten und die Sicherstellung der Nichtteilnahme von Personen wegfällt, welche sich in betroffenen Gebieten aufgehalten haben, bei denen sich das Corona-Virus schon stark ausgebreitet hat, bestätigt auch die Medienmitteilung des Kantonalen Führungsorgans (KFO), welche an der Eingangstüre des Mehrzweckgebäudes angebracht wurde. Was bleibt ist die Eigenverantwortung des Veranstalters.
Aus diesem Grund hängen überall im Gebäude verteilt Plakate mit Schutzvorkehrungen und Hygienemassnahmen. «Zudem muss ich die Besucher, insbesondere die Risikogruppe der über 65-Jährigen, bei der Begrüssung auf das Risiko aufmerksam machen», führte Marco Zaugg weiter aus.

Keine negativen Rückmeldungen
Trotz des Mehraufwandes vom letzten Wochenende, das mit mehr Personal an der Kasse betrieben werden musste, habe sich keiner der Besucher negativ darüber geäussert, erzählte Marco Zaugg. Auch Absagen waren kaum zu verzeichnen. An diesem Wochenende dagegen sieht es etwas anders aus. «Heute haben kurzfristig mehrere ältere Personen aus Angst vor dem Corona-Virus abgesagt», verriet Rita Gerber, die für die Reservationen verantwortlich ist. Die vom letzten Wochenende erfassten Personaldaten werden zur Sicherheit noch eine Weile aufbewahrt. Dass man sie noch brauchen wird, glaubt Marco Zaugg allerdings nicht. «Irgendwann werden wir sie wegschmeissen können», hofft er. Das Konzert aber wegen des kursierenden Corona-Virus nicht stattfinden zu lassen, kam für die Eriswiler Jodler nicht in Frage. Zwar hätte eine Absage ein Loch in die Vereinskasse gerissen, jedoch war der finanzielle Verlust nicht massgebend für die Entscheidung, den Anlass dennoch durchzuführen. «Wir haben uns lange auf das Jahreskonzert vorbereitet und wollten es aus diesem Grund nicht einfach so absagen», erklärte Marco Zaugg den Entschluss, welcher ebenfalls vom gesamten Verein mitgetragen wird.

Lockere Stimmung
Eine Unsicherheit ist auch unter den Besuchern trotz der wegfallenden Personendatenaufnahme nicht zu spüren. «Wir haben Respekt vor dem Virus, aber keine Angst», sagte beispielsweise Marlies Kohler aus Huttwil, die zusammen mit ihrem Mann und einem befreundeten Ehepaar aus Zollbrück beim Abendessen sitzt.
Auch bei der grösseren Gruppe Senioren, die gut gelaunt an einem der Tische direkt vor der Bühne Platz genommen hat, zeigt sich niemand beunruhigt. «Wir sind fast alle über 70 Jahre alt. Abgesagt hat aber nur eine Person, die wegen ihrer kranken Tochter kein Risiko eingehen möchte», erzählte eine der Damen. Sie sei eine pensionierte Pflegefachfrau und kenne sich mit Grippeviren aus. Ebenfalls nicht beunruhigt ist ein jüngeres Ehepaar aus Eriswil. «Es ist sowieso fast unmöglich nachzuvollziehen, mit wem man alles Kontakt hatte», sind sie der Ansicht. Eines ist an diesem Abend sicher: Die Stimmung ist locker, Angst hat hier niemand vor dem Corona-Virus. Damit steht einem gemütlichen Abend mit bester Unterhaltung nichts mehr im Weg.

Von Marion Heiniger