• Der Heilpraktiker Peter Ingold, mit seinem Diagnosegerät «Bioresonanz», will nicht nur Tabletten verschreiben. · Bild: Leroy Ryser

05.12.2016
Langenthal

«Wir Menschen dürfen krank sein»

Wenn es draussen kälter wird, werden Menschen oft krank, gehen zum Arzt und lassen sich mit Tabletten gesund pflegen. Doch immer mehr werden auch traditionelle und natürliche Lösungsansätze gesucht. Dabei findet sich der Schlüssel oft bei der Vorbeugung – aber nicht nur.

Es sind Meldungen, die alle Jahre wiederkehren: Die Krankenkassenprämien steigen, Winterzeit ist Grippezeit und damit einhergehend sind Listen mit den besten Mitteln gegen Schnupfen und Erkältungen. Immer öfter wird dabei aber auch auf natürlicher Basis gearbeitet. «Grossmamis Trickkiste» ist auch heute noch Thema – trotz Schulmedizin – berichtete erst kürzlich der Beobachter und listete diverse altbekannte Hausmittel auf. Helfen können in diesem Moment auch Naturheilpraktiker. Peter Ingold von der Langenthaler a1 Praxis für Gesundheit und Prophylaxe vertritt dabei aber die Meinung: Eine Krankheit muss ganzheitlich angeschaut werden. Einfach nur Heilmittel verschreiben hilft nur bedingt. «Ein Körper kann mit unterschiedlichen Mitteln stabilisiert werden. Irgendwann fällt er aber in sich zusammen. Auch deswegen gibt es Depressionen», sagt der 61-Jährige. Wenn bei einem Menschen der Grundhaushalt nicht in Ordnung ist, so helfen auch Mittel nur bedingt. «Das hat mit Vorbeugung, Bewegung, genügend frischer Luft und Schlaf sowie ausgewogener Ernährung und psychischen Faktoren zu tun. Und nicht zuletzt dürfen wir Menschen manchmal auch krank sein, denn das gehört dazu», erklärt Peter Ingold. So werden in der heutigen Gesellschaft gerade diese Eckpfeiler zu oft missachtet.

Nicht nur Tabletten
Lebertrankapseln – um nur ein vorbeugendes Mittel zu nennen – können zwar helfen, müssen aber nicht unbedingt. «Wenn mit uns etwas nicht stimmt, dann geht das einfach so durch uns hindurch. Vorbeugen heisst viel mehr die Hygiene zu pflegen, Hände zu waschen oder dass wir uns abhärten und auch mal nach draussen in die Kälte gehen», so Ingold weiter. Erst danach können Heilkräuter oder gar Tabletten zur Unterstützung erfolgreich angewendet werden.
Die wohl aber grössten Probleme werden durch die heutige Art und Weise wie der Mensch lebt verursacht. Zeit ist knapp und deshalb wird überall Zeit gespart. Beginnend beim Essen und endend beim Schlaf. «Wir kommen nicht mehr zur Ruhe. Und damit ist nicht entspannen beim Fernseh-schauen gemeint», so Ingold. «Augen und Ohren brauchen auch einmal Ruhe. Draussen ein bisschen laufen gehen wäre gut – aber wer macht das noch?» Die anhaltende Beschäftigung könne insbesondere bei älter werdenden Menschen zu Problemen führen. Negative Beispiele gibt es aber auch im Zusammenhang mit unserer Arbeit. Beispielsweise ein Businesslunch sei nicht für den Menschen gemacht. «Wir essen im Stehen, lesen gleichzeitig die Zeitung und hören vielleicht auch noch Musik, anstatt uns fürs Essen alleine Zeit zu nehmen. Wir haben keine Zeit mehr für etwas.» Das wiederum zieht einen Rattenschwanz mit sich. Wer beispielsweise wegen der Arbeit spätabends noch isst, erschwert den Schlaf, weil der Magen noch verdaut. Oder noch extremer: Dank Elektrizität und Flexibilität wird mittlerweile schon in der Nacht gearbeitet. Was jungen Personen noch einfacher fällt, wird schwieriger, je älter man wird. Deshalb ist beispielsweise Yoga, laut dem kantonal approbierten Heilpraktiker, durchaus zu empfehlen, weil man sich dabei Zeit für die innere Ruhe nimmt.

Das Leben verbessern
Ein Allheil-Rezept hat aber auch Peter Ingold nicht und dennoch kann er weiterhelfen. «Auch bei der Schulmedizin ist die Zeit das Problem. Ärzte müssen heute schnell entscheiden und haben oft keine fünf Minuten für ihre Klienten und geben deshalb Tabletten raus. Naturheilpraktiker nehmen sich deutlich mehr Zeit, weil wir die Zeit haben», sagt Peter Ingold. In einer Sitzung würden dann Probleme angeschaut und Lösungsvorschläge eingeholt. Wer diese nicht umsetzen will oder kann, muss mit den Folgen leben. «Man muss nicht das ganze Leben umkrempeln. Aber es gibt immer Möglichkeiten etwas zu ändern und etwas zu verbessern.» Oft genügt das schon. Wer beispielsweise ausgewogen isst, der braucht in höchst seltenen Fällen Nahrungsmittelergänzungen.
Eines dürfe dabei aber nicht vergessen gehen: Krankheiten gehören zum Leben dazu. Ein Körper reinigt sich im Krankheitsfall selbst und zwingt einen, sich zu erholen. Darauf sollte man hören und sich entsprechend gut ausruhen und sich hier die Zeit geben, die zur Gesundung benötigt wird. Und wenn dann tatsächlich jemand krank wird, so hilft dann auch die Natur weiter. «Es gibt unzählige Möglichkeiten. Ein Erkältungsbad, viel Ruhe und Tee trinken damit die Krankheit herausgeschwitzt wird», rät Peter Ingold. Des Weiteren würden beispielsweise Thymian, Efeu und Kamille gegen Husten wirken, Brennnesseln, Salbei und Rosmarin gegen bronchiale Probleme. So gebe es für unterschiedliche Beschwerden unterschiedliche Heilkräuter – eines aber helfe immer am besten: Sich für den Körper Zeit nehmen. Vor, während und nach der Krankheit.

Von Leroy Ryser