• Die Zwillingsschwestern Shaienne (links) und Leandra Zehnder vom Skiclub Ahorn-Eriswil glänzen im Skirennsport. · Bilder: zvg

  • Leandra Zehnder

  • Shaienne Zehnder

23.11.2023
Sport

«Wir möchten einmal Olympiagold gewinnen»

Die 17-jährigen Walterswiler Zwillingsschwestern Shaienne und Leandra Zehnder streben beide den Sprung ins C-Kader von Swiss-Ski an. Die beiden Talente des Skiclubs Ahorn-Eriswil berichten über ihren Fitnesszustand und die Ziele in diesem Skiwinter.

Ski Alpin ·  Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Shaienne und Leandra Zehnder, SC Ahorn-Eriswil

In den Bergen fällt sehr viel Schnee. Skifahren ist wieder angesagt. Da dürfte Ihr Herz aufgehen.
Shaienne:
Auf jeden Fall. Und nach so langer Zeit ohne Skifahren noch viel mehr.
Leandra: Es ist super. Und es hat bereits vor dem bevorstehenden Schnee vom Wochenende ziemlich viel geschneit.    

Shaienne, wie steht es um Sie nach dem schweren Sturz im vergangenen März bei einem Riesenslalom in Lenzerheide? Wegen einem gebrochenen rechten Unterschenkel mussten Sie operiert werden.
Shaienne:
Es geht mir sehr gut. Die Reha verlief äusserst schnell.

Stehen Sie wieder völlig schmerzfrei auf den Skis?
Shaienne:
Nein. Sowohl das Schienbein wie auch das gebrochene Wadenbein ist mit je einer Platte und sieben Schrauben fixiert. Wenn das Terrain ruppig ist und viele Schläge zu verzeichnen sind, dann spüre ich dies im Bein ziemlich. Die Schmerzen halten sich aber im Rahmen. Ansonsten würde ich noch keine Rennen fahren.

Seit wann stehen Sie wieder auf dem Schnee?
Shaienne:
Ich hatte sehr wenig Zeit vor den ersten Rennen. Ich konnte nur gerade sieben Schneetrainings absolvieren. Darum schaue ich die Rennen momentan wie Trainings an. Mit dem Konditionstraining konnte ich allerdings bereits im Sommer beginnen, weshalb mein Fitnesszustand nicht schlecht ist.

Wie haben Sie die siebenmonatige Ski-Zwangspause mental verkraftet? Sie galten als grösstes Schweizer Skitalent mit Jahrgang 2006 und waren auf dem besten Weg ins C-Kader von Swiss Ski, als der Unfall passierte.
Shaienne:
Am Anfang war ich schon im Tief. Dann ging es aber jeden Tag aufwärts. Ich hatte auch Glück. Ein Kollege mit der gleichen Verletzung erlitt Rückschläge und fällt für die gesamte Saison aus.

Leandra, während Ihre Schwester im Spitalbett lag, haben Sie Vollgas gegeben. Bei Ihnen läuft es optimal.
Leandra:
Ich konnte verletzungsfrei trainieren und habe mich in jedem einzelnen Training bemüht, meinen Fitnesszustand zu verbessern.

Wie kam es dazu, dass Sie im Hochsommer in Argentinien am Südamerika-Cup teilgenommen haben?
Leandra:
Dies ist nur Zustandegekommen, weil wir in Argentinien Verwandte besucht haben.

Es lief ausgezeichnet. Sie konnten sogar eines dieser Kontinentalcup-Rennen – einen Riesenslalom – gewinnen.
Leandra:
Es lief sehr gut und hat mir auch grossen Spass gemacht. Allerdings muss ich sagen, dass ich diese Kontinentalcup-Rennen gerne noch einmal fahren würde, da ich mich jetzt viel besser vorbereitet fühle als im August.    

Nennen Sie den Riesenslalom als ihre stärkste Disziplin?
Leandra:
Zusammen mit der Abfahrt, würde ich sagen.

Wie sieht es bei Ihnen aus, Shaienne?
Shaienne: Ich denke, dass Slalom- und Riesenslalom bei mir ausgeglichen sind. Die Speeddisziplinen mag ich auch, konnte sie aber noch fast nie ausüben.

Den Winter 2023/24 haben beide Zehnder-Schwestern Mitte November mit zwei starken FIS-Slaloms auf dem Schilthorn lanciert. Wohin soll die Reise führen?
Shaienne:
Die Olympischen Winter-Jugendspiele finden im Januar in Gangwon in Südkorea statt. Die drei besten Schweizer Fahrerinnen der Jahrgänge 2006/07 qualifizieren sich. Ich will zu diesem Trio gehören, das die Schweiz an diesem Grossanlass vertritt. Ausserdem will ich den Aufstieg ins C-Kader von Swiss Ski schaffen.
Leandra: Es ist mein Ziel, die Aufnahme ins C-Kader zu schaffen. Mein grösstes Ziel momentan ist es, mich für die Jugend-Olympiade zu qualifizieren.     

Ist der Wunsch und Traum, einmal eine der weltbesten Skifahrerinnen zu sein, immer noch präsent?
Shaienne:
Ja, klar. Ich möchte einmal Olympiagold gewinnen.
Leandra: Daran arbeite ich jeden Tag hart. Ich bin aber realistisch und weiss, dass die Chance, es zu schaffen, minimal ist.

Sie besuchen die Feusi-Sportschule in Bern. Wie läuft es dort, wenn die Gedanken und das Herzblut ununterbrochen auf der Skipiste sind?
Shaienne:
Aktuell muss ich schon
einige Tests nachholen, weil ich gefehlt habe. Notentechnisch bewege ich mich aber auf einem guten Niveau.   
Leandra: Schulisch läuft es gut. Ich habe aber nur noch zwei Tage Schule pro Woche. Ich absolviere derzeit ein zweijähriges Praktikum als Kauffrau in einem Architekturbüro, das zur Feusi-Ausbildung dazu gehört.

Ihr totaler Fokus gilt dem Skisport. Gibt es Raum für eine Beziehung?
Shaienne:
Ich bin Single. Die gemeinsame Zeit mit einem Partner wäre momentan sehr gering. Um dem entgegen zu wirken, müsste es dann wohl ein Skifahrer sein (lacht).

Der Skisport ist wegen dem Klimawandel im Gespräch. Hinzu kamen die Zermatt-Rennabsagen. Wie sehen Sie die Zukunft des Skisports?
Shaienne:
Das sieht schon bitter aus. In etlichen Jahren wird es ganz schwierig aussehen. Ich denke aber, dass ich meine Karriere noch mit Schnee beenden kann.
Leandra: Schwierig. Wenn sich die Situation weiter so verschlechtert, wie bisher, sieht es ganz düster aus. Das stimmt mich nachdenklich.

Wer holt im Skiweltcup bei den Männern und Frauen den Gesamtweltcup 2023/24?
Shaienne:
Mikaela Shiffrin und Marco Odermatt.
Leandra: Marco Odermatt sowie Lara Gut-Behrami oder Michelle Gisin.

Nennen Sie Ihre Skiidole – und weshalb sie es sind?
Shaienne:
Seit jeher der Franzose Alexis Pinturault. Sein Fahrstil und seine Persönlichkeit sind beeindruckend.
Leandra: Marco Odermatt. Wegen seiner Persönlichkeit – und weil er einfach so unglaublich schnell unterwegs ist mit den Skis.    

Sie leben in der Blase Ihres Sports. Wie sehr nehmen Sie die schwierige Weltlage wahr? Was bewirken die Kriege in der Ukraine und in Gaza bei Ihnen?
Shaienne:
Ich habe aufgehört, die Nachrichten darüber zu lesen. Ich kann nichts daran ändern und darf mich damit nicht zu fest ablenken. Traurig ist es.
Leandra: Ich verfolge das Geschehen. Wir sprechen in der Familie oft über dieses Thema. Es berührt mich. Aber ich bin machtlos.

Was beschäftigt Sie?
Shaienne:
Wenn ich in der Schule etliche Prüfungen ausstehend habe, erzeugt das bei mir schon einen unangenehmen Druck.
Leandra: Ich mache mir Gedanken wegen meinen Abschlussprüfungen im kommenden Sommer.

Etwas Erfreuliches: Weihnachten steht bald bevor. Wo feiern Sie und was gefällt Ihnen am Fest am besten?
Shaienne:
Bei meinen Grosseltern im Küng in Eriswil. Ich freue mich auf die Geschenke. Ausserdem freue ich mich, wieder einmal alle Familienmitglieder zu sehen.
Leandra: Bei den Grosseltern. Ich mag die weihnächtliche Stimmung, die ich bereits jetzt ein wenig verspüre, sehr.   

Ihr Lieblings-Weihnachtsgebäck?
Shaienne:
Mailänderli.
Leandra: Zimtschnecken.

Was wünschen Sie Ihrer Schwester im Skiwinter 2023/24?
Shaienne:
Dass sie in den Rennen abrufen kann, was sie in den Trainings zeigt, und verletzungsfrei bleibt.
Leandra: Dass ihr Bein der Belastung stand hält, sie gute Resultate einfahren kann und den Sprung ins C-Kader schafft.