«Wir wollen zu den Besten gehören»
Die Volksschule befindet sich im Wandel. Dieser Herausforderung stellt man sich auch in Huttwil. Eine spannende Aufgabe findet Gesamtschulleiter Pierre Zesiger, der sich als Entwickler und Visionär der Huttwiler Schulen sieht. «Ich beschäftige mich mit der Frage: Was machen wir heute, damit wir Morgen zu den besten Schulen gehören», gibt er zu verstehen.
Vor vier Jahren hat Pierre Zesiger als Gesamtschulleiter an die Volksschule Huttwil gewechselt. Gleichzeitig versieht er auch noch das Amt als Schulleiter der Oberstufe. «Ich habe hier eine Schule und vor allem Menschen angetroffen, die mir gegenüber sehr offen und mir stets positiv begegnet sind», blickt der 57-jährige Pädagoge zurück, der mit seinen beiden Kindern Ronja (16 Jahre alt) und Jonas (15) im aargauischen Menziken wohnt. Es sei ein Vorteil gewesen, dass er von aussen dazugekommen sei, «damit musste ich mich nicht mit der Vergangenheit herumschlagen, sondern konnte von Anfang an vorwärtsschauen und mich darauf konzentrieren, wohin ich mit der Schule wollte», erzählt Pierre Zesiger. Der Gesamtschulleiter bezeichnet sich selber als Entwickler und Visionär, der sich stets mit der Frage beschäftigte: «Was machen wir heute, damit wir Morgen zu den besten Schulen gehören.» Er sei kein Verwalter, dafür verfüge er über ein hervorragendes Schulsekretariat, das ihn erstklassig unterstütze und entlaste. «Es gibt mir die Möglichkeit, visionär unterwegs zu sein», betont er, der froh gewesen ist, ein offenes Kollegium und an Zusammenarbeit interessierte Schulleiter angetroffen zu haben. Aber auch eine Schule, die bereit ist, sich zu entwickeln und die laut Zesiger in der Zwischenzeit innovative Züge erhalten hat. Er erwähnt dabei die Partnerschaft der Oberstufe mit der PH Bern, die Umsetzung eines Notfall- und Krisenkonzepts, aber auch die technische Aufrüstung in den Klassenzimmern, mit Streambooks für alle Oberstufenschüler.
Auch als Fachlehrer tätig
Pierre Zesiger hat rasch erkannt, dass die gesellschaftlichen Uhren in Huttwil anders Ticken als beispielsweise in Winterthur, wo er zuvor als Gesamtleiter der Sekstufe 2 tätig war. «Hier werden Lehrpersonen auch ausserhalb der Schule noch gegrüsst», hat er erfreut zur Kenntnis genommen. «Neben der herzlichen und offenen Art, stelle ich aber bei vielen Menschen auch eine etwas ländlich geprägte, konservative und introvertierte Haltung fest, die sich bei Themen wie Aufklärung, Aids, Religion oder Rassismus bemerkbar macht», hat er festgestellt. Deshalb ermuntert er die Eltern der Schüler, mit den Verantwortlichen der Schule das Gespräch zu suchen und ihnen mitzuteilen, wo denn der Schuh drückt. Er sei mit Leib und Seele Lehrer, sagt Pierre Zesiger, der seine Leidenschaft für diesen Beruf damit begründet, dass man Menschen und insbesondere Kinder gernhaben müsse. «Am Lehrerberuf fasziniert mich zudem, dass man hier viel Verantwortung übernehmen und selbständig entscheiden kann.» Genau aus diesem Grunde habe er sich das Recht ausbedungen, weiterhin als Lehrperson tätig zu sein. So unterrichtet er im Fach Sport während drei Lektionen wöchentlich die Klasse 8A. Für ihn seien das «tolle Momente» und stressabbau pur. «Der Sportunterricht entschleunigt mich», sagt er. Die Lektionen seien jeweils ein willkommener Unterbruch seiner üblichen, strategischen und administrativen Tätigkeit.
Anspruchsvolle Elternarbeit
Er habe in all den Jahren stets unterrichtet, auch bei seinen früheren Anstellungen und dies wolle er bis zu seiner Pensionierung beibehalten, erwähnt er. Pierre Zesiger ist überzeugt, dass die Tätigkeit an der Basis einer Schule für einen Schulleiter enorm wertvoll ist. «Die Akzeptanz beim Lehrergremium ist zweifellos höher, wenn der Schulleiter nicht bloss ein Theoretiker ist, sondern auch regelmässig an der Basis aktiv ist und dabei mit dem Schulalltag und seinen Problemen konfrontiert wird.»
Die eigentliche Herausforderung in seinem Job findet aber nicht im Klassenzimmer statt, das bestätigt der Gesamtschulleiter der Huttwiler Volksschule. Es sei eine anspruchsvolle Aufgabe, 70 Lehrpersonen vorzustehen, Menschen zu führen und zu managen genauso wie die Elternarbeit, die immer komplexer und aufwändiger werde und viele herausfordernde Gespräche mit sich bringe, auch mit Eltern, die kein Deutsch verstehen, weshalb ein Übersetzer mithelfen muss. In seiner Doppelfunktion als Gesamtschulleiter und Schulleiter sei zudem die zeitliche und mentale Belastung enorm hoch. Zesiger spricht von rund 80 Abend-Terminen jährlich. Dadurch rücke das Privatleben klar in den Hintergrund. Nicht zuletzt deshalb wird er auf Sommer 2019 als Gesamtschulleiter zurücktreten.
Abschliessend zeigt sich Pierre Zesiger erfreut darüber, dass Huttwil noch über eine eigene Lokalzeitung verfügt. Ein mediales Sprachrohr für die lokale Bevölkerung finde er sehr wichtig, betont er und sagt: «Ich finde es schön, dass schulische Anliegen und Themen im ‹UE› eine Plattform finden.»
Von Walter Ryser