• Kein Wiehnachtsmärit im Städtli, dafür ein Wiehnachtsland auf dem Campus Perspektiven, plant Pro Regio Huttwil. Und dies an zwei Wochenenden. ·Bilder: Leroy Ryser

  • Ob es in Langenthal eine Stärne Wiehnacht geben wird, ist wieder fraglich geworden. Der Vorstand der Stadtvereinigung will diese Woche über das weitere Vorgehen entscheiden.

22.10.2020
Huttwil

Wird der Märit zum «Weihnachtswunderland»?

Pro Regio Huttwil hofft, den Weihnachtsmarkt durchführen zu können. Das vorliegende Konzept sieht eine Verlagerung auf das Areal des Campus Perspektiven vor. Doch Walter Rohrbach, Gemeindepräsident und Geschäftsführer von Pro Regio, weiss, dass alles auf sehr wackligen Beinen steht. Dies vor allem nach dem Beschluss des Kantons Bern und der Einführung des Ampelsystems. Auch die Stärne Wiehnacht in Langenthal ist gefährdet, wo ebenfalls viele auf eine Durchführung hoffen.

Einzelne wurden überrascht, andere waren erleichtert: Am letzten Freitag hat Pro Regio Huttwil in einer Medienmitteilung verkündet, dass der Weihnachtsmarkt stattfinden soll. Zum Schutz der Besucher habe das Organisationskomitee entschieden, den Markt auf das Areal des Campus Perspektiven zu verlegen und ausnahmsweise an zwei Wochenenden – vom Donnerstag, 26. bis Sonntag, 29. November und vom Donnerstag, 3. bis Sonntag, 6. Dezember – durchzuführen. «Auf diese Medienmitteilung haben wir viele Reaktionen erhalten. Insbesondere Standbetreiber zeigten sich sehr dankbar», erzählt Walter Rohr­bach, Geschäftsführer von Pro Regio und Huttwils Gemeinde­präsident. Für die Durchführung gebe es denn auch viele Gründe. Psychisch gesehen würden Events in der kalten, dunklen Jahreszeit den Menschen gut tun, ist Rohrbach überzeugt, andererseits seien wirtschaftliche Gründe entscheidend gewesen. «Wir von Pro Regio machen mit dem Weihnachtsmarkt jeweils ein Minus, die Partner, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten, sind auf einen solchen Auftritt aber insbesondere in diesem Jahr angewiesen», sagt der Geschäftsführer. Deshalb sei rasch klar gewesen: «So lange eine Durchführung mit einem soliden Schutzkonzept möglich ist, wollten wir den Event unbedingt durchführen.»

Veranstalter müssen flexibel sein
Dieses Schutzkonzept wurde noch nicht gänzlich fertiggestellt und abgesegnet, deren Züge sind aber bereits bekannt. Letztlich wird es Regierungsstatthalter Marc Häusler absegnen müssen und für ihn ist klar, wo bei solchen Märkten Problemherde lauern. «Gemäss heutigem Stand», sagte Häusler vergangenen Freitag, «gilt es zu vermeiden, dass Menschen lange an einem Ort verweilen. Wenn das passiert, beispielsweise an einem Essens- oder Glühweinstand, muss man die Menschen registrieren. Wer nur durch den Markt schlendert und nirgends über besonders lange Zeit stehen bleibt, muss nicht registriert werden.» Huttwil will deshalb den Markt teilen. Wer essen will, wird sich in die Eventhalle begeben müssen. «Ab 1000 Besuchern ist es zudem so, dass eine Maskenpflicht herrscht, im Falle von kleineren Besucherzahlen würden nach heutigem Stand auch Abstandsregelungen genügen. Das Contact Tracing wird draussen erst dann nötig, wenn man über längere Zeit am gleichen Ort die Abstände nicht einhalten kann.» Häusler betont eines jedoch gleich mehrfach: «Bis diese Märkte stattfinden, dürfte sich die Lage bereits wieder geändert haben. Veranstalter müssen sich deshalb unter Umständen flexibel den neuen Begebenheiten anpassen können.» Beispiels-
­weise gilt bis heute keine Begrenzung bei der Anzahl der Besucher, dies könnte aber ebenfalls noch ändern.

Auf alle Szenarien vorbereitet
Das sei allen bewusst, versichert Walter Rohrbach. Auch deshalb wolle man die Aufwände möglichst tief halten, um bei einer kurzfristigen Absage als Veranstalter nicht vor einem Kostenberg zu stehen. «Anbieter aus der Eventbranche müssen heute damit umgehen, dass wir als Veranstalter in einem solchen Fall die Kosten nicht alleine tragen wollen. Ohne entsprechende Verträge passiert zurzeit nichts mehr.» Allgemein seien aber Gewerbetreibende aus dieser Branche froh, überhaupt die Aussicht auf einen Markt zu haben. Entsprechend seien solche Abmachungen für den Fall der Fälle gängig. «Es ist nicht zu hoffen, aber theoretisch könnte der Markt am ersten Wochenende noch stattfinden, am zweiten müsste er dann abgesagt werden. Solche Szenarien sind uns bewusst. Das Risiko, dass dies passiert, gehen wir ein.» Gleiches gilt auch für die Gefahr, dass sich das Virus verbreitet, denn auch dies ist nicht unrealistisch. «Letztlich ähnelt die Situation, dem Einkaufen in einem Shopping-Center: Es bleibt auch mit Masken ein Restrisiko für eine Ansteckung vorhanden. Und wer dieses nicht tragen will, der wird zu Hause bleiben», sagt Walter Rohrbach. Um jene Bewohner Huttwils nicht einzuschränken, habe man den Markt denn auch aus dem Städtli genommen. So nimmt nur jener teil, der sich dies auch zumuten will.

Stärne Wiehnacht ist wieder fraglich
Vor dem gleichen Problem steht natürlich auch die Langenthaler Stärne Wiehnacht, diese findet aber erst zwei Wochen später statt. Im Vorstand der Stadtvereinigung Langenthal (SVL), dem durchführenden Verein, hofft man, auf längerfristig geltende Vorgaben – sei es vom Bund oder vom Kanton. «Wir versuchen den Event zu planen, aber planen ist derzeit sehr schwierig, weil sich vieles sehr rasch verändert», sagt Vorstandsmitglied Marianne Steiner. Bereits jetzt würden mehrere Versionen diskutiert, damit der Event durchgeführt werden kann. «Vielleicht werden die Häuser in der Marktgasse nur einseitig und dafür bis auf den Wuhrplatz aufgestellt, damit wir mehr Platz haben. Einen komplett externen Standort wie Huttwil haben wir aber nicht, weshalb eine Verschiebung des Ortes eher schwierig werden dürfte.» Auch müsse man die Kosten – beispielsweise für die Hüttchen oder die Lokalitäten – im Auge behalten, was die Situation nicht einfacher macht. Nachdem die SVL vor Wochen noch betonte, man wolle die Stärne Wiehnacht unbedingt durchführen, sind die Zweifel mittlerweile grösser geworden. Auch eine Absage ist ein Thema. «Aktuell steht die Machbarkeit im Vordergrund, ob es wirtschaftlich sinnvoll und tragbar ist, wird dann in einem zweiten Schritt beurteilt.» Der Vorstand der Stadtvereinigung will in dieser Woche noch über das weitere Vorgehen entscheiden.

Contact Tracing nur im Gastrobereich
Dass wahrscheinlich weniger Personen die Weihnachtsmärkte besuchen werden, ist anzunehmen. Die Pro Regio beispielsweise rechnet mit 50 Prozent der Besucher der letzten Jahre. Laut Rohrbach sei eine Schätzung aber grundsätzlich schwierig, weil auch die Reaktionen auf den Entscheid unterschiedlich waren. Er wolle denn auch keine Illusionen zulassen, so wie in anderen Jahren wird es in diesem Jahr auf keinem Weihnachtsmarkt. «Deshalb wird der Event auch in ‹Huttwiler Wiehnachtsland› umgetauft und in diesem Wiehnachtsland findet dann eben unter anderem ein Markt statt.» Geplant ist, die Stände ohne Essensangebot auf die Tartanbahn im Freien zu stellen, Speise- und Getränke-Angebote werden dann in der Eventhalle einen Platz finden. Maskenpflicht dürfte wohl überall gelten, um Wartezeiten zu vermeiden, wolle man den Besuchern die Möglichkeit geben, sich – ähnlich wie bei einem Eishockeyspiel – zu Hause vorgängig zu registrieren. Daneben wird in Huttwil ein Krippenweg aufgebaut, wo an verschiedenen Standorten die Weihnachtsgeschichte erzählt wird, ausserdem werden einzelne Gebäude speziell beleuchtet. Mit ansehnlicher Dekoration will man auch im Campus für eine weihnachtliche Ambiance sorgen. «Eine heile Welt können wir wahrscheinlich auch mit dem Weihnachtsmarkt nicht schaffen, aber vielleicht immerhin einen Ort, um die alltäglichen Sorgen für ein paar Stunden zu verlassen», so Rohrbach.

Von Leroy Ryser