• Hans Grunder mit vielen, vielen Unterlagen zur Emmentalstrasse – und endlich am Ziel: Kurz vor Ende seiner Nationalratszeit hat das Parlament das Projekt durchgewinkt … · Bild: Liselotte Jost-Zürcher

30.09.2019
Region

Ziel erreicht am Ende der politischen Laufbahn

Am Mittwoch hat der Ständerat im Agglomerationsprogramm 3 die letzte Differenz ausgeräumt. Bis zuletzt war umstritten, ob die Umfahrung von Oberburg vom Bund unterstützt werden soll. Jetzt kann die Region aufatmen – und mit ihr Nationalrat Hans Grunder (BDP) aus Hasle-Rüegsau, der seit seiner Lehrzeit als Geometer für die Emmental-Umfahrung gekämpft hat. Ein Riesenerfolg für den 63-Jährigen, der Ende Jahr seine politische Karriere beendet.

Ein letztes Mal hat Hans Grunder in den vergangenen Wochen und Monaten im Bundeshaus lobbyiert – in den Kommissionen und auch «unter vier Augen». Auf dem Spiel stand eins seiner Lebenswerke, die Emmental-Umfahrung. Schon seit längerem war klar, dass der BDP-Nationalrat nicht für eine weitere Legislatur zur Wahl antreten wird. 

Nun steht er also am Ende seiner turbulenten politischen Laufbahn, aber gleichzeitig am Ziel seines langjährigen Hürdenlaufs zum «Lebensödem» für die Emmentaler Wirtschaft. «Das isch ä Kampf gsi», sagt er im Gespräch mit dem «Unter-Emmentaler». Tage- und nächtelang focht er diesen letzten Kampf aus, meistens alleine. 13 Nationalräte und 13 Ständeräte sollten an der Einigungskonferenz die Weichen für das Projekt stellen.  

Zu sagen ist, dass das Projekt über Jahre hinweg im Ständerat umstritten, respektive chancenlos war. Denn die Kosten für die Verkehrssanierung und Umfahrung Emmental standen im Vergleich zur «betroffenen» Bevölkerungszahl in einem ungünstigen Verhältnis. Der Nationalrat hatte in der Vergangenheit dreimal verlangt, dass die gesamte Verkehrssanierung Burgdorf-Oberburg-Hasle mit Geld aus dem Agglomerationsprogramm unterstützt wird. Der Ständerat sagte dreimal Nein und stellte sich damit hinter den Bundesrat, der auch «nur» 19 Millionen Franken für die Massnahmen in Burgdorf sprechen wollte. Der Beitrag für das gesamte Projekt umfasst indessen 96 Millionen Franken. 

Einigungskonferenz beendet Streit

Hans Grunder brachte es mit Gleichgesinnten schlussendlich fertig, dass die Interessen des Emmentals an der Einigungskonferenz am 19. September mit 17 zu 6 Stimmen siegten. Diese Einigung beendete einen Streit, der das Agglomerationsprogramm um Monate lahmgelegt hatte. 

Die Einigungskonferenz schlug nun vor, dass der Bund die Umfahrung Oberburg finanziell unterstützt, wenn das Projekt weit fortgeschritten ist, wenn der Bau allein durch fehlende Mittel verunmöglicht würde und aus den vorangehenden Agglomerationsprogrammen noch Geld übrig ist. Die Umfahrung soll zudem im Bundesbeschluss über die Verpflichtungskredite ab 2019 erwähnt bleiben, jedoch nicht als separat aufgeführtes Agglomerationsprogramm mit einem Anspruch auf Bundesgelder, sondern als «integraler Bestandteil des Agglomerationsprogramms Burgdorf». 

Nun also sind die Würfel zugunsten des Emmentals gefallen. Allerdings: Hätte der Ständerat erneut Nein gesagt, hätte er das gesamte Agglomerationsprogramm versenkt, welches schweizweit Verkehrsprojekte in mehr als 30 Agglomerationen mitfinanziert.

Ein Lehrling wird hellhörig

Eine Auflage gibt es noch: Der Kanton Bern muss beweisen, dass die weiteren geplanten Verkehrssanierungsmassnahmen im Emmental ohne die Umfahrung Oberburg keinen Nutzen bringen würden. 

Dieser Beweis sei leicht zu erstellen, meint Hans Grunder, der mit den Fakten von Grund auf vertraut ist – seit seiner Lehrzeit.

Anfangs der 1970er Jahre wurde aufgrund des damaligen kantonalen 

Strassenplans der Autozubringer Emmental (AZUE) projektiert. Ein blutjunger Vermessungszeichner-Lehrling, Hans Grunder aus Zollbrück, war ab Frühjahr 1973 fast vom ersten Tag seiner Lehre an damit beschäftigt, beim Abstecken der konzipierten Strecke mitzuhelfen. 1977 wurde das Projekt vom Grossen Rat beschlossen; es war als notwendig erachtet worden, weil damals täglich 7000 Fahrzeuge die Strecke Burgdorf - Hasle - Rüegsau - Ramsei - Langnau befuhren. 

Abgespeckt – und vierfache Kosten

Die Finanzierung war zugesichert und mit etwas über 100 Millionen Franken budgetiert. Zur Realisierung kam es nicht; der Korridor des vorgesehenen Trasses führte über zahlreiche Landstücke und war für Überbauungen bis vor wenigen Jahren untersagt. Als Vergleich: Heute sind es 20 000 Fahrzeuge, und die stark abgespeckte Variante kostet fast viermal mehr als damals. 

Aus dem «Lehrlingsobjekt» wurde für Hans Grunder eine Generationen überdauernde Herausforderung. Als örtlich vertrauter Ingenieur-Geometer half er, an neuralgischen Punkten Lösungen zu finden, stand auch an der Front, als es um die Umfahrungsstras-se Ranflüh ging. 

Doch die Strasse, welche er als Jugendlicher mit Leib und Seele abgesteckt hatte, liess ihn nicht los. Schon gar nicht, weil er längstens selbst Unternehmer war und die Notwendigkeit nicht nur verkehrs-, sondern auch wirtschaftstechnisch erkannte. Lobbyieren auch im Emmental, gründen einer Interessengemeinschaft und das Erstellen einer Machbarkeitsstudie folgten sich in oft jahrelangem Abstand. Ende 2001 wurden die definitiven Ergebnisse der Machbarkeitsstudie der kantonalen Baudirektion zur Weiterbearbeitung übergeben. 

Nun begann die kräftezehrende Öffentlichkeitsarbeit. 2012 verabschiedete die Finanzkommission des Gros-sen Rates die Vorprojekte für die Autobahnzubringer Emmental und Oberaargau. Wenig später bekräftigte Regierungsrätin und Verkehrsdirektorin Barbara Egger-Jenzer die Forderung des Kantons nach einer Aufnahme der geplanten Autobahnzubringer Emmental und Oberaargau ins Nationalstrassenprogramm. 

Der Kanton greift ein

2013 lehnten jedoch die eidgenössischen Räte die Aufnahme der beiden Strassenprojekte ins Nationalstrassennetz ab. «Wir waren enttäuscht», so Hans Grunder. Trotzdem habe ihn dies nicht erstaunt, weil konkrete Projekte gefehlt hätten. 2016 präsentierte die damalige Regierungsrätin und Verkehrsdirektorin Barbara Egger-Jenzer den Willen des Regierungsrats, die Verkehrssanierungsmassnahmen im Emmental und Oberaargau weiter voran zu treiben; dies nach einem historischen Mitwirkungsverfahren von 3922 Eingaben aus dem Emmental. 


Endlich Neuland

Die Lobby-Arbeit wurde in den letzten Jahren nicht weniger. Nach einem zweigenerationenlangen Kampf mit Hans Grunder an der Spitze steht das Emmental mit seinen Verkehrsproblemen endlich vor Neuland. 

Vorgesehen sind die Umfahrungen von Oberburg und Hasle, in Oberburg mittels eines Tunnels. Parallel dazu sollen mit Massnahmen die bestehenden Strassennetze in Burgdorf und Lyssach-Schachen optimiert werden. In Burgdorf sollen insbesondere die beiden Bahnübergänge Buchmatt und Spital durch Unterführungen ersetzt, der Verkehrsfluss mit Ampelanlagen gesteuert und in Hasle der Bahnübergang aufgehoben werden. Die Kosten der ersten Etappe für den Raum Burgdorf – Oberburg – Hasle werden grob auf rund 421 Millionen Franken geschätzt – mit einem Plus/ Minus von bis zu 20 Prozent. Finanziert werden soll das Bauvorhaben (und ebenso die Umfahrung Aarwangen) unter anderem mit den ordentlich zur Verfügung stehenden Geldern und den im kantonalen Investitionsspitzenfonds für diese Projekte reservierten Mitteln von mindestens 280 Millionen Franken.


Von Liselotte Jost-Zürcher