Zum Wirtschaftszmorge Ragusa serviert
Das diesjährige Wirtschaftszmorge der Region Oberaargau wurde zu einer süssen Angelegenheit. Daniel Bloch, CEO und Verwaltungsratspräsident der Chocolats Camille Bloch SA, gewährte Einblicke in das Familienunternehmen und servierte dazu die neuste Création aus dem Hause Bloch, ein Ragusa «Schoggi-Gipfeli».
Kaffee und Gipfeli gehören zu einem herzhaften Frühstück. Das hat sich auch die Region Oberaargau gesagt, als sie zum diesjährigen Wirtschafts-zmorge lud. Nebst dem gewohnten Buttergipfeli wurde den über 100 Gästen aber auch ein Ragusa «Schoggi-Gipfeli» serviert, die neuste Création der Chocolats Camille Bloch SA. Das Familienunternehmen stand im Mittelpunkt des Anlasses. CEO und Verwaltungsratspräsident Daniel Bloch gewährte Einblicke in den Betrieb und verriet den Anwesenden das Erfolgsgeheimnis des «Schoggi»-Herstellers aus Courtelary. Gegründet wurde das Unternehmen 1929 von Camille Bloch in Bern. Heute leitet Daniel Bloch in dritter Generation die Geschicke des Schweizer Chocolatiers.
Ein Familien-Unternehmen löse ein angenehmes Gefühl aus wie ein Bad im warmen Wasser, betonte er zu Beginn seines Referates. Dabei sei man sich oft nicht bewusst, dass es schwierig werden könnte, wenn man dieses warme Wasser verlassen und ins kalte Wasser springen muss. Genau das habe man bei der Chocolats Camille Bloch SA in den letzten Jahren immer wieder tun müssen, hielt der CEO des Unternehmens fest. «Wir sind ein Unternehmen, das sich dem Genuss verschrieben hat. Einem Genuss, der auf unverwechselbaren Zutaten beruht, auf unserer Geschichte und auf einzigartigen Produkten», erwähnte er.
Ein gesättigter Markt verlangt Neuerungen
Das Unternehmen mit seinen rund 200 Mitarbeitern hat letztes Jahr einen Umsatz von 59,3 Millionen Franken erwirtschaftet. Dabei wurden 3262 Tonnen Schokolade produziert. Ragusa ist das Aushängeschild des Familienbetriebes. 1721 Tonnen wurden davon letztes Jahr produziert. Dahinter folgt mit Torino die zweitbekannteste Marke, von der letztes Jahr 856 Tonnen abgesetzt wurden. Lediglich 20 Prozent der produzierten Ware wird im Ausland verkauft. Daniel Bloch wies darauf hin, dass die klassischen Märkte für Schokolade mittlerweile gesättigt seien. Es herrsche ein internationaler Verdrängungskampf. «Camille Bloch ist ein familiengeführtes Unternehmen inmitten von Giganten», sagte er. Wer sich auf einem solchen Terrain befinde, müsse Kurven fahren können, betonte Daniel Bloch. Wer hier Wachstum anstrebe, müsse mutig und innovativ sein. «In einem gesättigten Markt kann man nicht mit einer besseren Organisation und einer effizienteren Produktion wachsen. Wer hier wachsen will, muss Veränderungen herbeiführen», stellte er fest. Deshalb habe man sich Gedanken darüber gemacht, was es brauche, damit man wachsen könne. Man sei zum Schluss gekommen, auf die vorhandenen Stärken zu setzen, Fehler zuzulassen, Neues zu wagen, Ambitionen zu entwickeln und eine Vision zu verfolgen. So habe man im Jahr 2005 die Launch-Mousse-Linie eingeführt. Diese luftige, zarte Schokoladensensation sei etwas ganz Besonderes für Liebhaber einzigartiger Schokoladen-Kreationen, betonte Daniel Bloch.
Ragusa gehört dem Volk
Man habe aber rasch festgestellt, dass die beiden Hauptmarken Ragusa und Torino unter der neuen Mousse-Linie litten. «Vor allem für unser wichtigstes Produkt, Ragusa, mussten wir etwas tun», bemerkte Bloch. Dieses Produkt entstand während des zweiten Weltkriegs aus einer Notsituation heraus, als damals wegen des Krieges Kakao schwer erhältlich war. Camille Bloch ersetzte deshalb den Kakao teilweise mit einer Masse aus Haselnüssen, die er mit ganzen Nüssen ergänzte. Mit Ragusa schuf er Schokolade in einer neuen Form, mit einem neuen Geschmack und mit einem neuen Branding. Daniel Bloch bezeichnete dies als Pionierleistung.
64 Jahre später befand sich Daniel Bloch auf der Suche nach der Neuerfindung von Ragusa. Dabei kamen ihm seine Kinder zu Hilfe, denen er jeweils für das «Bettmümpfeli» das Ragusa halbieren musste. Dies brachte ihn auf die Idee, das bestehende Ragusa zu halbieren. Das töne zwar nicht gerade revolutionär, aber als dieses 2006 eingeführt worden sei, habe man im ersten Jahr auf Anhieb 150 Tonnen des kleinen Ragusa produziert. Damit sei man auf den Ragusa-Tripp zurückgekehrt. Zwei Jahre später folgte Ragusa Noir, womit man erstmals nach 66 Jahren aus dem ursprünglichen Rezept ausgebrochen sei. In dieser Zeit sei ihm bewusst geworden, dass Ragusa eigentlich dem Schweizer Volk gehöre und nicht der Familie Bloch, gab Daniel Bloch zu verstehen.
Im Jahr 2010 sei dann die Migros auf sein Unternehmen aufmerksam geworden und seit 2013 können die beiden Marken Ragusa und Torino auch in der Migros bezogen werden. Diesen Schritt habe er jedoch Coop erklären müssen. Die Verantwortlichen hätten zwar Verständnis gezeigt, dennoch habe er ihnen versprechen müssen, in absehbarer Zeit eine neue Marke zu liefern. Man habe sich den Kopf zerbrochen und philosophiert. Ein Ragusa ohne Haselnüsse oder mit Mandeln zu kreieren stand zur Diskussion. Auch sei die Idee aufgeworfen worden, ein weisses Ragusa zu machen. Darauf habe man sich letztendlich geeinigt, was nicht falsch gewesen sei, aber glücklich sei er mit dieser Entscheidung nicht gewesen.
Neu: Ragusa «Schoggi-Gipfeli»
Während einer Geschäftsreise in Kanada sah er in einem Schokoladen-Geschäft weisse Schokolade, die caramelisiert worden war. Das Ragusa Blond war geboren. «Im Businessplan für die neue Marke haben wir im Startjahr eine Menge von 45 Tonnen festgelegt, abgesetzt haben wir dann tatsächlich 450 Tonnen», erzählte Daniel Bloch. Vor einem Jahr folgte dann die bislang letzte Création, das Ragusa «Schoggi-Gipfeli». Davon werden mittlerweile rund eine Million pro Monat produziert.
Für Daniel Bloch ist deshalb klar, dass sich kein Unternehmer vor der Digitalisierung fürchten muss, «denn Innovation heisst nicht, unbedingt etwas Neues zu erfinden, sondern zu entdecken, was in uns steckt.» Es sei die Philosophie der Chocolats Camille Bloch SA, nicht bloss die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, sondern eine Vision zu realisieren. Mit dem Projekt Authenti-Cité, dem neuen Besucherzentrum, habe man dies gemacht. Hier sei einerseits Raum für künftige Generationen geschaffen, die Produktion und Logistik ausgebaut und auf der andern Seite eine Erlebniswelt für 100 000 jährliche Besucher realisiert worden. «In Zeiten von Veränderung macht es einen wesentlichen Unterschied, ob der Maurer denkt, eine Mauer zu errichten, oder ob er den Bau einer Kathedrale vor Augen hat», schloss Daniel Bloch seine interessanten Ausführungen.
Von Walter Ryser