• Rücken künftig näher zusammen: Sabina Weyermann, Präsidentin Grenzklang, und Christian Kunz, Präsident Camerata 49. · Bild: Walter Ryser

03.03.2022
Oberaargau

Zwei Orchester spannen zusammen

Unter dem Namen «Oberaargau Classics» spannen die beiden Orchester Grenzklang und Camerata 49 zusammen und werden damit zu einer der gewichtigsten Kulturinstitutionen des Mittellandes im Klassikbereich. Die Zusammenarbeit erfolgt in erster Linie im administrativen und organisatorischen Bereich. Künstlerisch und finanziell bleiben die beiden Vereine weiterhin eigenständig.

Oberaargau · «Die engere Zusammenarbeit zwischen unseren Vereinen führt nicht bloss zu einer Effizienzsteigerung in der Administration und Organisation, gleichzeitig ergeben sich dadurch auch neue Möglichkeiten im künstlerischen Bereich, es entsteht eine neue Vielfalt, von der auch das Publikum profitieren wird», fasst Sabina Weyermann, Präsidentin des Vereins Grenzklang, die neue Zusammenarbeit mit Camerata 49 zusammen. Deren Präsident, Christian Kunz, ergänzt: «Der Austausch zwischen den beiden Klang­körpern wird durch die engere Zusammenarbeit intensiviert und die beiden Vereine können dadurch gegenseitig von ihren wertvollen Erfahrungen profitieren.»
Entstanden ist die Idee während eines Projektes, bei dem Sabina Weyermann und Andreas Kunz, künstlerischer Leiter der Camerata 49, beteiligt waren. Definitiv aufeinander zugegangen sind die beiden Orchester dann im Rahmen eines kantonalen Transformationsprojektes. Dabei entschlossen sich Grenzklang und Camerata 49 zu einer systemischen Zusammenarbeit auf administrativ-organisatorischer und PR-technischer Ebene. So treten die beiden Vereine künftig nach aussen unter dem Begriff «Oberaargau Classics» auf. Zur Unterstützung für den erfolgten Schritt erhalten sie vom Kanton sowie vom Bund entsprechende Fördergelder. Vom Zusammenschluss erhoffen sich die Vereine, dass die freiwerdenden Ressourcen künftig vermehrt für die künst­lerische Arbeit verwendet werden können.

Künstlerisch weiter unabhängig
Sowohl Weyermann wie auch Kunz weisen darauf hin, dass dieser Schritt sinnvoll und fällig gewesen sei. «Unsere beiden Vereine haben sich in den letzten Jahren laufend professionalisiert. Dadurch sind nicht bloss die Anforderungen an die Vereine, beispielsweise als Arbeitgeber, gestiegen, sondern auch der administrative und organisatorische Aufwand», betont der 36-jährige Arbeits- und Organisationspsychologe Christian Kunz, dessen Vater 1986 das Huttwiler Kammerorchester gründete, den Vorläufer von Camerata 49. Die Finanzen, gewisse administrative Arbeiten sowie die Werbung werden künftig zentral und gemeinsam für beide Vereine erledigt. Dafür wurde auch eine entsprechende Software angeschafft, damit die Digitalisierung zentraler Prozesse vorangetrieben werden kann.

Umsetzungsphase mit viel Aufwand
Aktuell befinde man sich in der Umsetzungsphase, sagt Sabina Weyermann. Die 50-jährige Melchnauer Musikerin, die seit 2016 dem Verein Grenzklang als Präsidentin vorsteht, spricht davon, dass der Zusammenschluss in der jetzigen Phase mit viel Aufwand verbunden sei, später aber beiden Vereinen viele Vorteile bieten werde. Wichtig ist den beiden aber auch die Kernbotschaft, dass die beiden Klangkörper im künstlerischen Bereich weiterhin unabhängig agieren werden. «Wir wollen uns in diesem Bereich nicht konkurrenzieren, sondern ergänzen», sagt Sabina Weyermann. Die Geschichten der beiden Vereine werde unabhängig voneinander weitergeschrieben, hält Rainer Walker, Leiter der Musikschule Oberaargau und Grenzklang-Kassier, fest.

Schwierige Phase schadlos überstanden
Grenzklang ist das Barockensemble aus Langenthal und spielt auf Instrumenten der Epoche. Die Besetzung reicht vom Duo bis zum Orchester. Die Camerata 49 ist ein professionelles Kammerorchester aus dem Oberaargau. Die Besetzung reicht vom Streichquartett bis hin zu sinfonischer Grösse. Die gewünschte Zusammenarbeit und das Ende der Corona-Massnahmen sorgen in beiden Vereinen für grosse Erleichterung und neue Zuversicht. Es sei keine einfache Zeit gewesen, blickt der Langenthaler Christian Kunz, der früher selber Mitglied des Huttwiler Kammerorchesters war und hier Trompete spielte, zurück. «In dieser Phase war unser Augenmerk in erster Linie darauf gerichtet, dass wir unserer sozialen Verantwortung als Arbeitgeber nachkommen konnten.» Man sei bestrebt gewesen, dass während der Corona-Pandemie keine Musikerinnen und Musiker einer anderen, berufsfremden Tätigkeit habe nachgehen müssen, fügte Sabina Weyermann hinzu. Mit einem hohen administrativen Aufwand sei dieses Vorhaben letztendlich auch gelungen, zeigt sich die Blockflöten- und Barock-Oboe-Musikerin erfreut darüber, dass die beiden Vereine diese schwierige Phase einigermassen schadlos überstanden haben.
Mehr noch, Sabina Weyermann fügt erfreut hinzu, dass sich während der Pandemie die Gönner und Mitgliederzahl von Grenzklang verdoppelt habe. Auch Camerata 49 habe in dieser Zeit den Gönnerbereich ausgebaut und erweitert. «Beide Klangkörper haben in den letzten zwei Jahren von einer grossen Solidarität der Bevölkerung und der Sympathie von Liebhabern der klassischen Musik profitiert», stellt Christian Kunz fest. Und diese sollen nun wieder in den Genuss gehaltvoller Aufführungen und Darbietungen kommen. So wird Camerata 49 am 30. April im Zwinglihaus in Langenthal ein Familienkonzert veranstalten (17.00 Uhr). Grenzklang tritt dann am Samstag, 28. Mai, mit einem «Barocktaumel» im Barocksaal des Hotel Bären in Langenthal wieder vor das Publikum.

Von Walter Ryser