• Der abtretende Gemeindepräsident Andreas Meister vor dem Plan der weitläufigen Gemeinde Lützelflüh. · Bild: Ernst Marti

04.01.2021
Emmental

17 Jahre lang im Dienste der Gemeinde

Andreas Meister stand in der Gemeinde Lützelflüh an vorderster Front, nun will er es etwas ruhiger nehmen und tritt per Ende 2020 zurück. Nachfolger wird der bisherige Vize-Gemeindepräsident Kurt Baumann.

Lützelflüh · Ernst Marti im Gespräch mit Andreas Meister, Gemeindepräsident Lützelflüh.

Zuerst als Feuerwehrkommandant, danach als Vize-Gemeindepräsident und zuletzt als Gemeindepräsident opferte Andreas Meister viele Stunden für die Gemeinde Lützelflüh. Ende 2020 will er nun sein Amt niederlegen. Nachfolger wird der bisherige Vize-Gemeindepräsident Kurt Baumann aus Lützelflüh. Für den freigewordenen Sitz im Gemeinderat wurde in stiller Wahl der 52-jährige Ulrich Zaugg gewählt. Der «UE» hatte Gelegenheit, sich mit dem abtretenden Gemeinde­präsidenten zu unterhalten.

Bei den letzten Wahlen wurden Sie mit dem höchsten Resultat aller Kandidierenden gewählt, nun treten Sie mitten in der Legislatur, die am 31.12.2022 zu Ende geht, von Ihrem Amt zurück. Warum das, ist es Ihnen verleidet?
Nein, verleidet ist es mir bestimmt nicht. Als ich nach vier Jahren als Gemeinderat vor sechs Jahren zum ersten Mal das Präsidium übernahm, tat ich dies mit der Absicht, dieses Amt für vier Jahre auszuüben. Bei den letzten Wahlen vor zwei Jahren trat der damalige Vizepräsident als Gemeinderat zurück und so sagte ich damals «Ja, ich mache nochmals weiter, aber ich kommunizierte in meiner Partei, dass ich nicht mehr eine ganze Legislatur als Präsident weitermachen werde.» Diese Zeit ist nun um, denn mit dem Landwirtschaftsbetrieb und meinem zweiten Standbein als amtlicher Schätzer für die Steuerverwaltung ist die Zusatzbelastung für das Amt des Gemeindepräsidenten zu hoch. Weiter ist es auch für die Gemeinde genau der richtige Zeitpunkt, da in der Regionalkonferenz Emmental Gesamterneuerungswahlen mit Amtsantritt per 1.1.2021 stattfanden.
Der Gemeindepräsident von Lützel­flüh war da, nach Rüegsau und Hasle, an der Reihe, ein Geschäftsleitungsmitglied zu stellen. Für mich wäre das für die restlichen zwei Jahre als GP nicht in Frage gekommen. Für meinen Nachfolger passt das nun bestens und es ist toll, dass sich Lützelflüh nun in diesem Gremium aktiv einbringen kann.
Seit dem Jahr 2010 sind Sie Mitglied des Gemeinderats. Hatten Sie schon vorher in Kommissionen mitge­arbeitet?
Vor 2010 war ich während sieben Jahren Feuerwehrkommandant und durch das war ich ebenfalls in der Feuerwehrkommission. Diese Funktion hatte ich auch noch während meinem ersten Gemeinderatsjahr inne. In meiner ersten Legislatur als Gemeinderat führte ich das Bauressort, was angesichts der regen Planungs- und Bautätigkeit in der Gemeinde ebenfalls recht anspruchsvoll war, jedoch einen guten Einstieg in das Präsidialamt bildete.

Was waren Ihrer Ansicht nach die grössten respektive erfreulichsten Erfolge oder Höhepunkte während Ihrer Amtszeit?
Es gibt sicher zahlreiche schöne Erinnerungen und Momente während dieser Zeit. Ich denke da an die gröbsten Meilensteine, die Verbesserung unserer Infrastruktur, zum Beispiel die Erweiterung und Sanierung des Primarschulhauses Lützelflüh, die Reorganisation des Werkbetriebs zum technischen Dienst mit Sanierung des Werkhofes, der Verkauf der letzten Bauparzelle des ehemaligen Schaad Heimwesens in Grünenmatt, die in Reichweite stehende Lösung in Bezug auf die künftige Wasserversorgung, um nur einige zu nennen. Einzigartig und in guter Erinnerung bleibt mir natürlich auch der Empfang der damals frisch gewählten Nationalratspräsidentin Christa Markwalder, die unsere Gemeinde auf ihrer Festreise mit einem Besuch beehrte und Lützelflüh so zu medialem Aufsehen in der ganzen Schweiz kam.

Gab es auch Niederlagen oder Tiefpunkte, die schmerzten?
(Meint lachend:) Die habe ich alle vergessen. Wie in jedem öffentlichen Amt gibt es halt nicht nur Höhepunkte. Niederlagen muss man halt sportlich wegstecken können.

Gab es ein Geschäft, für das Sie sich besonders einsetzen mussten, damit es zu einem guten Abschluss kam? Ich denke da gerade an den Trubel im Zusammenhang mit der geplanten Schliessung des Schulhauses Egg.
Bei der Schule Egg kamen wir nach etlichen Diskussionen am Ende doch noch zu einer von allen Seiten akzeptierten Lösung. Momentan ist das kein Thema mehr. In einer Mehrjahrgangs-klasse haben wir dort zirka 16 Schülerinnen und Schüler.
Nicht zu vergessen ist jedoch, dass wir bezüglich Schülerzahl auch in Ranflüh in naher Zukunft nicht so komfortable Zahlen haben. Dort versuchen wir, mit der Gemeinde Rüderswil betreffend Schule Than und dem geplanten Oberstufenzentrum Lauperswil/Rü­derswil zu einer Lösung zu kommen, denn teilweise kreuzen sich sogar die Schulwege der Kinder aus den beiden Gemeinden.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden Hasle bei Burgdorf und Rüegsau? Teilweise sind die Gemeindegrenzen übergreifend (zum Beispiel abgesehen von Hasle und Rüegsau, Lüt­zel­flüh Oberschachen / Rüegsau­scha­chen oder Lützelflüh und Goldbach). Wäre für Sie eine Fusion mit diesen beiden Gemeinden ein Thema?
Die Zusammenarbeit zwischen den drei Gemeinden funktioniert gut und wir finden oft effiziente gemeinsame Lösungen. Ein prägendes Beispiel ist sicher die Zusammenlegung der drei Feuerwehren in die gemeinsame Feuerwehr Brandis. Über eine allfällige Gemeindefusion mache ich keine Prognosen. Momentan ist es jedoch sicher kein Thema.

Der Gemeinderat ist eine aus Mitgliedern verschiedener Parteien politisch zusammengesetzte Behörde. Hat die politisch unterschiedliche Basis der einzelnen Mitglieder einen grossen Einfluss auf zu treffende Entscheide?
Das stellt man höchstens vor den Wahlen im Umfeld fest. Bei der Diskussion um die einzelnen Geschäfte im Rat da kann es wohl unterschiedliche Ansichten geben, das geht jedoch quer durch die Parteien. Nach gewalteter Diskussion gibt es einen Entscheid, den als Kollegialbehörde alle Mitglieder mittragen.

Im Dorf Lützelflüh sind in den letzten Jahren einige Ladengeschäfte eingegangen (Drogerie, Denner, Landi). Hat der Gemeinderat nicht versucht, Gegensteuer zu geben?
Das ist tatsächlich ein Problem, das weh tut und für dessen Lösung wir leider kein Rezept gefunden haben. An Stelle des Denner hat vor einigen Wochen ein kleines Lebensmittelgeschäft eröffnet, dies ist endlich wieder einmal eine Entwicklung in die andere Richtung. Als Nachteil haben wir hier im Dorf die unbefriedigende Situation für das Parkieren. Da sind wir daran, Verbesserungen zu suchen.

Corona hat sicher auch Ihr letztes Amtsjahr geprägt. Wie haben Sie das bisher erlebt? Mussten Sie in Ihrer Funktion als Gemeindepräsident besondere Massnahmen verordnen?
Um die von Bund und Kanton verordneten Massnahmen umzusetzen, bildeten wir einen kleinen Krisenstab.
In der Verwaltung verzichteten wir weitgehend auf Homeoffice und ver-suchten die Schalter für die Bevölkerung, so weit von oben erlaubt, offen zu halten, um den Dienstleistungsbetrieb für unsere Bürger zu gewährleisten. Gemeinderatssitzungen fanden in grösseren Räumen statt, zum Beispiel in der Turnhalle beim Primarschulhaus. Einmal versuchten wir es statt mit einer Sitzung mit einer Videokonferenz.

Wie beurteilen Sie die bisher verordneten Massnahmen von Bund und Kanton?
Ich bin froh, dass ich das nicht entscheiden muss. Ich möchte auf alle Fälle nicht in der Haut der Entscheidungsträger sein, denn es allen recht zu machen, ist in einer solchen Situation ein Ding der Unmöglichkeit.
Persönlich finde ich, dass die bisher getroffenen Entscheide – so weh es vielen Menschen und der Wirtschaft tut – angemessen und richtig waren. Unser Gesundheitssystem hat bisher gut funktioniert und eine Überlastung konnte bisher vermieden werden.

Werden Sie sich impfen lassen?
Seit vier Jahren lasse ich mich gegen Grippe impfen, das hat bisher genutzt. Ob ich mich aber auch gegen das Coronavirus impfen lasse, habe ich noch nicht entschieden.

Wie sehen Sie die Zukunft der Gemeinde Lützelflüh. Was sind die wichtigsten Probleme, die es zu erledigen gilt?
In Lützelflüh besteht gegenwärtig ein kleiner Bauboom, wobei die zahlreichen Eigentumswohnungen meistens schon vor Baubeginn verkauft sind. Leerwohnungen, sofern es solche überhaupt hat, sind rar. Wir rechnen mit einem Wachstum von gut 20 Einwohnern pro Jahr, was dazu führt, dass das Sekundarschulhaus evtl. zu klein wird. Die Schulraumplanung ist an allen Standorten auch in Zukunft eine wichtige Daueraufgabe. Nicht zu vergessen ist dabei die Bautätigkeit der Gemeinde Hasle bei Burgdorf an der Schwandenstrasse, deren Bewohner ebenfalls unsere Real- und Sekundarschule besuchen. Zwar ist das alte grosse Hafermühlengebäude teilweise an Gewerbebetriebe vermietet, doch auch da an bester Lage sind andere Nutzungen denkbar.
Weitere Themen sind die Revision Ortsplanung, Unterhalt Infrastrukturen inklusive Weg- und Strassennetz und so weiter...

Haben Sie nicht Angst, dass es Ihnen nach der intensiven Zeit als Ge­meindepräsident ab Neujahr langweilig wird?
Da habe ich ganz bestimmt keine Angst, denn mein Nebenerwerb als amtlicher Schätzer der Steuerverwaltung für die landwirtschaftlichen Liegenschaften gibt mehr als genug zu tun. Besonders jetzt, wo die amtlichen Werte neu festgesetzt werden.