• Fritz Fiechter blättert in einem alten Protokollbuch der Käserei Tschäppel aus dem Jahre 1948. · Bild: Marianne Ruch

  • Die vielen Auszeichnungen, die Fritz Fiechter beim Schiessen gewonnen hat, haben alle einen Ehrenplatz erhalten. · Bilder: zvg

  • Kürzlich wurden 124 Käse in Tschäppel abgeholt. Fritz Fiechter war zur Stelle und half gerne.

02.10.2023
Oberaargau

18 Jahre das Milchgeld in den Händen gehalten

Fritz Fiechter führte 18 Jahre lang die «Milchbüechlirechnung» der Käsereigenossenschaft Eriswil-Tschäppel. Er hielt damit das Einkommen vieler Bauernfamilien in den Händen. Eine grosse Verantwortung, die er stets pflichtbewusst wahrnahm. Nun hat er sein Amt niedergelegt.

Eriswil · Vieles hat sich in all den Jahren verändert. Sein Kassier-Amt startete er 2004 bei der Fusionierung der
drei eigenständigen Käsereigenossenschaften Eriswil Hinterdorf, Eriswil Vorderdorf und Tschäppel, die zur Käsereigenossenschaft Eriswil-Tschäppel wur­den. Die Genossenschaft produziert Emmentaler Käse und Konsummilch. Die Milchproduktion ist nicht eingeschränkt, die Käseproduktion hingegen schon. «Wir dürfen den Käse nicht selber verkaufen, da wir ihn für die Milka Käse AG produzieren. Die Milch verkaufen wir an die Aare Milch», erklärt Fritz Fiechter. Etwa ein Drittel der rund 4,2 Millionen Liter Milch wird zu Käse verarbeitet, zwei Drittel ist sogenannte Konsummilch.

Wenige flüssige Mittel vorhanden
Als Fritz Fiechter 2004 die ersten Abrechnungen machte, waren wenige flüssige Mittel vorhanden und somit die Auszahlung an die Bauern nicht sofort möglich. «Die Abrechnung erfolgte damals mit dreimonatiger Verzögerung. Der Käse muss ja drei Monate gelagert werden, erst dann wird er verkauft. Also gab es erst Geld, wenn er verkauft war», erklärt er. Er schrieb die gelieferte Milch täglich auf das «Milchblatt» und am Ende des Monats übertrug er die Daten in den PC. Trotz des Zusammenschlusses der drei Käsereigenossenschaften machte er am Anfang noch drei verschiedene Abrechnungen, erst im Laufe der Jahre konnte er sie zusammenführen und auf den Zusammenschluss anpassen. «Und es gab noch ein Blechkässeli.  Das habe ich sofort abgeschafft, das wollte ich nicht», sagt er lachend. «Mit der Digitalisierung ist vieles einfacher geworden. So wird die Milchmenge elektronisch erfasst und ich habe eigene Abrechnungsmodelle entwickelt, die mir die Arbeit erleichterten», sagt er schmunzelnd.
Die Milchabrechnungen mussten stimmen und die Überweisungen an die Bauernfamilien waren wichtig. Schliesslich ist es ihr Einkommen. «Fritz Fiechter nahm seinen Job sehr ernst und war sehr gewissenhaft. Einen Zuverlässigeren gibt es nicht», lobt Andreas Heiniger, Präsident der Käsereigenossenschaft. «Es gab natürlich auch Fehler. Ich konnte diese aber immer im Gespräch lösen und wieder gutmachen», meint Fritz Fiechter.
Die Milchabrechnungen, Milchmengen weiterleiten, Lohnabrechnungen für die beiden zu 100 und 40 Prozent angestellten Käser und die weiteren Angestellten, Mitteilungen schreiben, Kontrollen bei den AHV- und Mehrwertsteuerabrechnungen waren alles Aufgaben, die Fritz Fiechter mit Freude erledigt hat. «Er hatte die Kompetenz über unsere Finanzen, ihm vertrauten wir und er ging stets umsichtig mit dem Geld um», ergänzt Präsident Andreas Heiniger. «Ich habe stets grosses Vertrauen von den Bauern erhalten und wurde geschätzt», gibt Fritz Fiechter das Lob zurück. «Es war ein schöner Ausgleich für mich, ich konnte die Abrechnungen neben meinem Landwirtschaftsbetrieb am Abend machen.» Aber nur so nebenbei war die Arbeit nicht erledigt, ein paar Stunden pro Woche fielen trotzdem immer an. Doch war es für den Kassier eine sehr schöne Zeit und er möchte sie nicht missen. Nun aber, mit 69 Jahren, sei es endgültig an der Zeit gewesen, das Amt abzugeben.

Zur Sicherheit abgegeben
Fritz Fiechter meldete dem Vorstand schon längere Zeit an, sein Amt abgeben zu wollen. «Ich wollte an jemand Jüngeres abgeben, solange ich noch fit bin. Ich werde nicht jünger und man weiss nie, was passiert. Ich finde es wichtig, dass nun jemand frischen Wind hineinbringt und Bescheid weiss. Für mich passt das jetzt wunderbar und Brigitte Uhlmann macht das sehr gut», sagt er zufrieden. «Es war sehr schwierig, jemanden zu finden, und es dauerte lange, bis wir eine Nachfolgerin hatten. Wir wollten gerne jemanden aus der Genossenschaft und nicht eine aussenstehende Person. Bei der Umfrage sagte uns schliesslich Brigitte Uhlmann aus Tschäppel zu», freut sich Andreas Heiniger. Und wie es sich in den ersten Monaten zeigte: «Es geht im gleichen Rahmen weiter wie bisher, sie macht einen hervorragenden Job», sagt der Präsident dankbar.
An der diesjährigen Hauptversammlung, bei der Fritz Fiechter seine letzte Rechnung vorstellte, wurde er gebührend und mit einem grosszügigen Geschenk verabschiedet. Christian Eggimann wurde ebenfalls nach 18 Jahren als Rechnungsrevisor der Käsereigenossenschaft verabschiedet und beschenkt.
Ganz weg ist Fritz Fiechter allerdings nicht. Noch immer hilft er, die Sammelstelle für die Milchannahmen einzurichten und zu reinigen. Und wenn eine Sitzung irgendwo begleitet werden muss: Fritz Fiechter steht zur Stelle. Solange er kann, wird das auch noch so bleiben. Und wenn er die Zeit dazu findet, denn langweilig ist ihm ganz sicher nicht. Seine täglichen Spaziergänge über den Huttubärg, bei deren er Gespräche geniesst, und der Besuch in einem Restaurant sind feste Bestandteile in seinem Leben. Sein langjähriges Hobby, das Schiessen auf 300 und 50 Meter, ist nach wie vor sehr wichtig. Zusammen mit seiner Frau Käthi Fiechter mit der Bahn durch die ganze Schweiz zu reisen und etwas zu sehen und zu erleben, erfüllt ihn ebenfalls voll und ganz. Und ganz wichtig: Seine Kamera ist immer mit dabei. «Ich glaube, es gibt keinen Tag, an dem ich kein Foto mache», sagt er. «Ach ja, die Bildersammlung ist auch noch – hier wäre das Ordnen der über die vielen Jahre etlichen tausend angesammelten Bilder angesagt», wie er schmunzelnd verrät.

Veränderungen über die Jahre
2004 lieferten noch 59 Bauern rund 3,6 Millionen Liter Milch der Käsereigenossenschaft. Heute sind es noch 33 Lieferanten mit rund 4,2 Millionen Litern. «Die Hauptursache für die Mehrproduktion ist die bessere Leistung der heutigen Kühe, mehr Kühe und Landfläche gibt es ja nicht», erklärt Fritz Fiechter. «Damals bekamen wir für das Kilo Emmentaler Käse, den wir produzierten, 12 Franken, heute sind es noch 7.50 Franken», erzählt er. Für die Milch bekamen die Bauern beispielsweise im Jahr 1993, als er selbst als Landwirt den Betrieb von seinem Vater übernommen hatte, pro Liter 1.07 Franken. «Über die Jahre fiel der Milchpreis auf unter 0.50 Franken.» Heute steht der Preis in etwa in der Mitte der beiden «Extreme».
Wenn es die Freigabe von Emmentaler Switzerland erlaubt, kann der Käser jeden Tag vier Käse herstellen, die dann drei Monate im Keller in der Käserei Tschäppel gepflegt werden, bis sie von der Milka Käse AG abgeholt werden. Ein Emmentaler Käse muss zwischen 92 und 95 Kilogramm schwer sein und natürlich den vielen Anforderungen in Sachen Qualität genügen.

Von Marianne Ruch