• Mit dem Kran wird eines der 21 Tonnen schweren Betonelemente in das von Wasser überflutete Bachbett gehievt. Die Bauarbeiter haben zur Sicherheit Schwimmwesten an. · Bilder: Marion Heiniger

  • Rückwärts fährt der Lastwagen mit einem der Betonelemente an die Baustelle.

16.11.2023
Oberaargau

420 Tonnen Beton gegen das Hochwasser

Ende Juni 2021 kam Melchnau mit einem blauen Auge davon. Der Dorfbach trat zwar über die Ufer, doch nicht ganz so stark wie in den Jahren 2007 und 2010, als die Wassermassen auf der Hauptstrasse fast einen Meter hoch standen. Seit September 2021 sind nun Arbeiten für Hochwasserschutzmassnahmen im Dorf und auch oberhalb in Gange. Am vergangenen Dienstag wurden insgesamt 420 Tonnen Betonelemente in das freigelegte Bachbett an der Dorfstrasse gesetzt.

Melchnau · Sicherheit hat ihren Preis: Rund fünf Millionen wird das gesamte Hoch­wasserschutzprojekt die Gemeinde Melch­­nau kosten. Die Bauarbeiten schreiten seit August 2021 zügig voran. Vier Rückhalteanlagen werden künftig auch bei einem Jahrhunderthochwasser die Wassermassen zurückhalten und dosiert an die Bäche abgeben können. Oberhalb des Freibads wurde ein 4,8 Meter hoher Erddamm aufgeschüttet, der 7200 Kubikmeter Wasser zurückhalten kann. Ein ähnlicher Erddamm ist in Richtung Reisiswil. Er soll das Äescherebächli zurückhalten. Die dritte Rückhalte­anlage ist an der Madiswilstrasse. Hier können 3000 Kubikmeter Wasser zurückgehalten werden und die vierte hält das Wasser aus dem Moosacker zurück. Zusätzlich zu den Rückhalteanlagen wird die Abflusskapazität durch das Dorf vergrössert, in dem der Dorfbach verbreitert und vertieft wurde. Nun wurden am vergangenen Dienstag vorgefertigte Betonelemente angeliefert, damit die Wassermassen kanalisiert werden können. Ein 60 Tonnen schwerer Kran mit zusätzlichen 72 Tonnen Ballast als Gegengewicht, eingezwängt zwischen Bach und einem Haus, hievt mit Leichtigkeit die insgesamt 20 Betonelemente, welche jeweils 21 Tonnen wiegen, Stück für Stück von den Lastwagen und setzt sie behutsam im Bachbett ab. «Mit einer Drohne wurde ausgerechnet, wo der Kran genau stehen muss, damit er beim Drehen bei den engen Platzverhältnissen keinen Schaden anrichtet», erklärt der technische Leiter Martin Friedli.

Regenwetter sorgt für Verzögerungen
Etwas ungewöhnlich ist das Bild der drei Schwimmwesten tragenden Bauarbeiter. «Eine Vorgabe der SUVA, falls jemand ins Wasser fällt», sagt Friedli. Denn sie sind es, die auf den bereits angelieferten Elementen im Bach stehen, um die nächsten an die richtige Stelle zu dirigieren. «Eigentlich hätte das Bachbett heute leer und trocken sein sollen», klärt Martin Friedli auf. Doch die grossen Regenmengen der letzten Tage haben dies verunmöglicht. Bisher haben Pumpen das Wasser des Dorfbachs umgeleitet und dafür gesorgt, dass das Bachbett für die Bauarbeiten trocken blieb. Die Pumpen konnten die grossen Wassermassen aber nicht mehr bewältigen und das Bett füllte sich mit Wasser, in welchem nun die Betonelemente erst einmal provisorisch stehen. Martin Friedli und Bauleiter Urs Zeller hoffen indes, dass bis in zwei Tagen die Elemente an ihrem richtigen Platz im trockenen Bachbett verbaut werden können. Die Verzögerung durch den heftigen Regen ist nicht nur ärgerlich, sie kostet auch. «Es kostet aber weniger, als wenn die ganze Aktion hätte verschoben werden müssen», versichert Martin Friedli.

An die Fische gedacht
Sobald die Betonelemente am richtigen Ort verbaut sind, wird links und rechts aufgeschüttet, danach werden die Strasse und auch das Trottoir wieder hergestellt. Damit während den Bauarbeiten die angrenzenden Häuser nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, wurden diese «unterfangen», das heisst, es wurden Massnahmen ergriffen, um Fundamente und andere Gebäudeteile abzustützen. Ein Fischfenster sorgt dafür, dass die Fische künftig im eingedolten Bach beobachtet werden können. Zusätzlich sorgt eine Niederwasserrinne dafür, dass die Fische auch bei niedrigem Wasserstand nicht auf dem Trockenen liegen. Zwei Wochen wird die Dorfstrasse in Melchnau insgesamt gesperrt sein. Nächstes Jahr – voraussichtlich im Juni – wird mit der Erneuerung der Madiswilbrücke die letzte Bauetappe des grossen Hochwasserschutzpro­jektes in Angriff genommen, damit die Melchnauerinnen und Melchnauer in Zukunft auch bei kräftigem Regen wieder ruhig schlafen können.

Von Marion Heiniger