• Klaus Fiechter an seinem letzten Arbeitstag in der «Drucki» an der Schneidmaschine. · Bild: Thomas Peter

  • Im Wägeli wird Klaus Fiechter zu seiner Brunnentaufe transportiert.

  • Der Marsch durch das Städtli Huttwil zur «Gautschete» im Brunnen am Brunnenplatz.

28.02.2023
Huttwil

47 Jahre lang der «Drucki» treu geblieben

Klaus Fiechter geht heute nach fast 47 Jahren treuer Dienste für die «Drucki», Schürch Druck&Medien AG in Huttwil, in den wohlverdienten Ruhestand. Er bestritt schon die Lehre bei der «Drucki» und blieb dieser treu bis zu seiner kürzlichen Pensionierung. Ein Arbeitsleben lang bei der gleichen Firma – heute kaum mehr vorstellbar.

1976 trat Klaus Fiechter bei der Druckerei Schürch AG in Huttwil die dreijährige Lehre als Buchdrucker an. In seinem Jahrgang wurden erstmals auch Teile des Offsetdruckes unterrichtet, in der Annahme, dass dieses Wissen reichen würde. Das tat es aber nicht und die nächsten Jahrgänge mussten wieder vier Jahre lernen, wie die vorderen Jahrgänge auch, bis sie sich «Drucker» nennen durften. Um sein Wissen und Können im Offsetdruck zu verbessern, absolvierte Klaus Fiechter 1982 eine einjährige Zusatzlehre als Offsetdrucker. Den Buchdrucker gibt es heute nicht mehr, heute wird nur noch der Offsetdruck gelernt und auch der Berufsname hat sich in Drucktechnologe geändert.
Die traditionelle «Gautschete» (die Brunnentaufe) musste oder durfte Klaus Fiechter nach bestandener Lehrabschlussprüfung 1979 natürlich auch erleben. Erst dann sei man ein Berufsmann, sagt er. Bei der «Gautschete» werden die Lehrabgänger von Arbeitskollegen «eingefangen» und im Brunnen getauft, das heisst, komplett in den Brunnen geworfen. Und so werden sie zu «Jüngern Gutenbergs», dem Erfinder des Buchdrucks. Dieser Brauch kann bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden und ist auch heute noch gang und gäbe. «Ja, nass wird man», lacht Klaus Fiechter. Aber es sei eine Ehre.

Verschiedene Aufgaben in der Drucki
Aber was macht denn ein Buchdrucker eigentlich? «Während meiner Lehrzeit hatten wir etwa eine kleine OHT A4 Maschine (Original Heidelberger Tigel). Wir bekamen vom Satz vorgefertigte Drucksätze, alle seitenverkehrt, die wir genau zurichten und platzieren mussten. Den Bleisatz haben wir in der Maschine eingefärbt und schlussendlich auf das Papier gedruckt. Das waren etwa Couverts, Briefbögen oder Zirkulare, die einzeln gedruckt wurden. Später kam die grössere Maschine OHZ (Original Heidelberger Zylinder)dazu, bei der wir auf ein maximales  Druckformat von 54x72 Zentimeter vier A4-Seiten oder acht A5-Seiten gleichzeitig drucken konnten», erzählt er.
Später kam dann eine Kleinoffsetmaschine dazu, die keinen Bleisatz mehr benötigte. Die Aluminium- und Kunststoffplatten waren einiges leichter als die Bleisätze. Es haben sehr viel Handarbeit und auch schwere Arbeiten dazu gehört. So ein Stapel Papier oder eine Rolle Papier weist ein beachtliches Gewicht auf. «Oft hatten wir sehr schwarze Finger und waren buchstäblich von oben bis unten schwarz», lacht Klaus Fiechter. Denn damals wie heute noch mischt der Drucker viele Farben nach Rezeptur von Hand zusammen. «Da braucht es ein gutes Auge für die Farben», erklärt Klaus Fiechter. Ebenfalls gute Kenntnisse über das Papier sind wichtig, nicht dass man das falsche Papier für den Druckauftrag verwendet. Neben dem Drucken auf den verschiedenen Ein- und Zweifarben-Maschinen half Klaus Fiechter auch beim Druck des «Unter-Emmentaler» und des «Anzeiger Trachselwald» mit. Nach Abschluss der Produktion der Zeitungen brachte Klaus Fiechter etwa die Grossauflagen abends um zehn Uhr noch zu den verschiedenen Poststellen. Mit dem Falzen von Druckbögen, Zuschneiden, Blöcke und Broschüren von Hand heften, Verpacken und ab und an auch Ausliefern der Aufträge wurde Klaus Fiechter in der «Drucki» zum Allrounder ausgebildet. Ging nie was schief? «Doch, natürlich. Ich erinnere mich an ein 100 000er Auftrag eines Faltprospektes für eine Geschäftseröffnung. Bei dem mehrseitigen Prospekt mit praktisch identischen Seiten haben wir nach etwa 60 000 Exemplaren gemerkt, dass wir ihn falsch gefaltet hatten. Wir kamen aber glimpflich davon. Nach Absprache mit dem Auftraggeber durften wir ihn so belassen und die restlichen haben wir dann ‹korrekt› gefaltet», erzählt er. So etwas habe ihn immer sehr geärgert, denn stets wollte er seine Arbeiten korrekt erledigen. Aber Fehler passieren nun mal, sagt er. Ihm sei aber stets wichtig gewesen, diese zu finden und sie zu beheben.

Wechsel zur Fertigstellung
Als dann das Drucken des «Unter-Emmentaler» im September 2008 nach Langenthal zu Merkur Druck AG ausgelagert wurde, wechselte Klaus Fiechter auch seinen Arbeitsbereich in der «Drucki». Von nun an war er in der Druckmedien-Verarbeitung tätig – also in der Fertigstellung. Auch führte er viele Arbeiten auf den alten Buchdruckmaschinen aus, auf denen nicht nur gedruckt, sondern auch Einzahlungsscheine perforiert, Dokumentenmappen gestanzt und Blöcke nummeriert werden können. Zu seinem weiteren Arbeitsgebiet gehörte auch das Schneiden und Falzen diverser Aufträge, das maschinelle Fertigen von Broschüren auf dem Sammelhefter und schlussendlich das fertige Produkt verpacken. «Nach meiner Arbeit gingen die Produkte zu unseren Kunden», erklärt er.
«Ja, gewissenhaft war er all die Jahre sehr», sagt Markus Siegenthaler, Geschäftsführer der Druckerei Schürch AG. «Wenn Klaus Fiechter einen Auftrag in Angriff nahm, wusste ich stets, ich kann es unbesorgt übergeben», rühmt er. «Für uns ist es ein grosser Verlust, ihn gehen zu lassen. Ein enormes Wissen geht verloren und er hinterlässt eine grosse Lücke», bedauert Markus Siegenthaler. Er sei sehr zuverlässig gewesen, habe stets korrekte Arbeit geleistet und auch zu all den Gerätschaften Sorge getragen. «Und wenn es ums Aufräumen von Kleinigkeiten ging, stand er an vorderster Front. Nun aber gönnen wir ihm den wohlverdienten Ruhestand und hoffen, dass er die  jetzt kommende Zeit geniessen kann», wünscht Markus Siegenthaler dem Austretenden.

Drei Chefs erlebt
Wenn jemand so lange in einer Firma arbeitet, erlebt dieser auch verschiedene Chefs. So war von 1976 bis 2000 Hansruedi Ingold sein Vorgesetzter. Ab 2000 bis 2013 Andreas Meyer und seit 2014 Markus Siegenthaler. Früher sei nicht alles besser gewesen, sagt er. «Aber ganz klar besser war, dass viel weniger Zeitdruck herrschte», sagt Klaus Fiechter. Man habe sich mehr Zeit für die einzelnen Aufträge nehmen können und hatte auch öfter mit Kunden persönlichen Kontakt, was er sehr geschätzt habe.
Nicht nur drei Vorgesetzte, auch sonst hat Klaus Fiechter grosse Veränderungen und diverse Umbauten und Erweiterungen im Laufe der Jahre in der «Drucki» miterlebt. Heute läuft alles digital und es wird nicht mehr mit Bleisätzen gearbeitet. Am liebsten waren ihm knifflige Arbeiten, die er von Hand ausführen konnte. Gab es etwas, was er weniger mochte? «Ja, die Maschinen putzen am Abend – aber auch das gehörte dazu», sagt er.
Im April wäre er 47 Jahre in der gleichen Firma – wollte er wirklich nie woanders arbeiten? «Doch, nach der Lehrzeit hatte ich mich schon in verschiedenen Druckereien beworben, wo ich die Stellen auch bekommen hätte, aber mein elterliches Zuhause hat mich zu stark gebunden, da ich meine Eltern schon sehr jung verloren habe. Und als ich später selbst eine Familie hatte und in Huttwil wohnte, war es mir und meiner Familie wichtig, dass ich am Mittag nach Hause essen gehen konnte.» Und so hielt er der «Drucki» stets die Treue, fühlte sich dort wohl und schätzte das selb­ständige Arbeiten und die abwechslungsreichen  Tätigkeiten in den verschiedenen Abteilungen, an den verschiedenen Maschinen. «Und nicht zuletzt war der Zusammenhalt unter den Kollegen sehr gut und familiär. Wir haben so manches Fest und Feierabendbier zusammen genossen», fügt er an. Genossen hat er jeweils auch die diversen Geschäftsausflüge über all die Jahre und die gelegentlichen Gewerbeausstellungen.

Pensionierung geniessen
Bereits vor zwei Jahren reduzierte Klaus Fiechter sein Pensum auf 70 Prozent. Und nun, mit 63 Jahren, geht er in Pension. «Der Zeitpunkt, aus der Arbeitswelt auszutreten, ist jetzt einfach gekommen», sagt er entschlossen. So richtig vorstellen kann er es sich noch nicht, aber er freut sich darauf. Grosse Pläne hat er nicht geschmiedet, aber dennoch hat er keine Angst vor Langeweile. «Ich möchte einfach die Zeit geniessen und die Freiheit haben, mir diese selbst einzuteilen. Ich freue mich, mehr Zeit für meine Frau Ursula und unsere zwei erwachsenen Kinder und ihre Familien zu haben. Aber auch Zeit für mich, da meine Frau noch zu 60 Prozent berufstätig ist.» Sein Haus mit Umschwung wird in Zukunft etwas mehr Zuwendung bekommen und das Hüten der Grosskinder wird einen noch höheren Stellenwert erhalten. Und nicht zuletzt freut er sich schon jetzt auf gemütliche Stunden bei Ausflügen und Jahresfeiern mit den Ehemaligen der «Drucki».

Von Marianne Ruch