• Am letzten Mittwoch erfolgte in Zell, Briseck, der Spatenstich für das neue Büro- und Produktionsgebäude der Afag. · Bilder: ljw

  • Im Frühjahr 2021 soll der Umzug an den neuen Firmenstandort erfolgen. · Visualisierung: zvg

  • Im historischen Pendelzug Mirage folgte nach dem Spatenstich das Apéro und ein Imibss.

  • Visualisierung: zvg

17.01.2020
Luzerner Hinterland

Afag mit sichtbarem Bekenntnis zum Werkplatz Schweiz

Am letzten Mittwoch erfolgte in Zell der offizielle Spatenstich für das neue Büro- und Produktionsgebäude der Afag Automation AG. Das Projekt wird im Auftrag des Eigentümers und Bauherrn Credit Suisse Real Estate Fund LogisticsPlus, einem Immobilienfonds von Credit Suisse Asset Management und durch die Totalunternehmerin Losinger Marazzi realisiert. Im Frühjahr 2021 soll das zurzeit in Huttwil tätige Unternehmen am neuen Standort einziehen können.

Seit vielen Jahren ist klar, dass sich die Afag Automation AG räumlich neu orientieren muss. Effiziente Abläufe sind in der verzweigten und mehrstöckigen Liegenschaft am jetzigen Standort im Huttwiler Fiechtenquartier kaum möglich. Zudem ist die Zufahrt durch das Wohnquartier und in der Tempo 30 Zone prekär.

Am Scheideweg nach dem Euroschock
So stand das Unternehmen 2015, als die Schweizer Notenbank den Mindestkurs zum Euro aufhob, an einer Wegscheide. Es bestand die Gefahr, dass die Firma in den EU-Raum verlagert werden sollte. Die in der Handhabungs- und Zuführtechnik tätige Afag, welche 2011 vom deutschen Unternehmer Alexander Schaeff von der Feintool International Holding AG mit allen Mitarbeitenden übernommen worden war, setzte sich damals intensiv mit der Zukunft des Produktionsstandorts Schweiz auseinander.
Die Verantwortlichen erkannten dabei, dass die Schweiz als Werkplatz auch langfristig gute Chancen besitzt.
Dies führte zum baldigen Entscheid, ein Neubau-Projekt in der Schweiz auszuarbeiten. Der auf Industriebau spezialisierte Generalplaner HZDS AG wurde mit der Standortevaluation und Konzeptausarbeitung beauftragt. Aus drei konkreten Angeboten in Langenthal, Huttwil und Zell setzte sich das Konzept «Briseck» im nahen Zell dank attraktiven Bau- und Standortkonditionen, hervorragender Lage und auch dank optimaler Bodenbeschaffenheit durch (der «Unter-Emmentaler» berichtete, siehe Kasten).
Hier können nun die räumlich optimalen Voraussetzungen geschaffen werden, bis zu 180 Mitarbeitende, unter Einbezug der vorhandenen Landreserve sogar noch weit mehr zu beschäftigen. Ab dem 2. Quartal 2021 dürften damit die aktuell sehr prekären Platzverhältnisse der Afag ein Ende haben.

Zusammenarbeit mit Credit Suisse Asset Management
Der Weg bis zum Spatenstich am letzten Mittwoch gestaltete sich allerdings intensiv.
Nach dem Entscheid für den Standort Zell verfolgten die Afag-Verantwortlichen das Projekt weiter. «Für uns war klar: Wir wollen unser erwirtschaftetes Geld in Forschung und Entwicklung, in neue Produktionsmittel, Digitalisierung, sowie in die Internationalisierung (Standorte USA und China) einsetzen, nicht aber für den Bau einer Liegenschaft», sagt Siegfried Egli, Geschäftsführer der Afag Automation AG, gegenüber dem «Unter-Emmentaler».
Dieses für die Afag seit Generationen existenzielle Credo erforderte die Suche nach einem Investor.
Gemeinsam mit Credit Suisse Asset Management konnte in der Folge eine gute und verlässliche Zusammenarbeit aufgebaut werden.

Die Landnachbarn einbezogen
Da die Wegfahrt von LKW’s über (bewilligtes) benachbartes Land führte, verlangte die Investorin eine Anpassung des in einem ersten Projekt vorgesehenen Verkehrskonzeptes. In Zusammenarbeit mit dem Architekten Hans Schwegler aus Ufhusen und der für die Planung des Baus verantwortlichen Generalunternehmerin Losinger Marazzi AG konnte die Lösung mit einem Wendeplatz gefunden werden. Die Baubewilligung für die neue Variante traf Ende 2019 ein.
Unzählige Stunden wurden in Studien, Abklärungen und Verhandlungen in das Afag-Projekt gesteckt.
Bei den Landnachbarn und der neuen Standortgemeinde ist Sympathie gegenüber den Plänen des Unternehmens offensichtlich: Bei beiden Baubewilligungsgesuchen erfolgte keine einzige Einsprache. Die Strategie der Afag-Führungsleute hatte sich damit bewährt: Die Landnachbarn wurden von Anfang an in die Projektierung einbezogen, und sie erhielten auch die Gelegenheit, das Unternehmen und seine Tätigkeiten am jetzigen Standort kennenzulernen. «Unsere Transparenz hat sich ausbezahlt», freut sich Siegfried Egli.
Die wichtigsten Ziele, am neuen Standort mit stark optimierten Arbeitsabläufen operieren zu können und die Voraussetzungen für ein mögliches weiteres Wachstum zu schaffen, rücken damit in greifbare Nähe.
Zu gegebener Zeit wird die Afag ihr Mietverhältnis am Standort Huttwil mit der Feintool International Holding AG kündigen. Sie wird mehr oder
weniger genau auf ihren 65. Geburtstag hin in ihre neuen Gebäude ziehen können.
Dem Spatenstich am letzten Mittwoch wohnten Markus Tremp, Gemeindepräsident Zell, Kathrin Scherer, Wirtschaftsförderung LU, Vertreter der Bauherrschaft, Losinger Marazzi AG und Afag,sowie über 40 geladene Gäste bei. Von Liselotte Jost-Zürcher

International tätiges Traditionsunternehmen
Die Afag ist ein internationales Technologieunternehmen im Automationssektor mit Niederlassungen in Huttwil (seit 64 Jahren), in Amberg (Deutschland), Hardt (Deutschland), Nashville (USA) und Shanghai (China). In Huttwil ist die Mitarbeiterzahl seit 2012 um jährlich fünf bis sechs Leute auf mittlerweile 125 Beschäftigte gestiegen; in den deutschen Standorten Amberg und Hardt konnten die Arbeitsplätze seit der Übernahme der Afag 2011, ebenfalls ausgebaut werden. Die noch jüngeren Standorte in den USA und in China haben sich etabliert. Weltweit sind inzwischen über 300 Mitarbeitende beschäftigt. Mit dem Frankenschock 2015 geriet der Afag-Standort Huttwil allerdings ins Wanken. Dieser Erschütterung aber hielten die Willenskraft, Disziplin und Ausdauer der Mitarbeitenden und der Betriebsleitung einerseits, deren Kompetenz und Wissen anderseits stand. Das Unternehmen hat sich hohe Ziele gesetzt – und ist weiterhin auf Kurs, wenn auch bei schwankender Auftragslage. 2018 platzten die Auftragsbücher aus allen Nähten; die Lieferfristen mussten teils auf bis fast zu einem halben Jahr ausgedehnt werden. Im Laufe des Jahres 2019 erfolgte laut Siegfried Egli, Geschäftsführer der Afag Automation AG, ein Einbruch. «Die angespannte globale Lage und Ereignisse wie unter anderem der Brexit, der Handelskrieg zwischen den USA und China und insbesondere der Druck auf Diesel-Autos hatten und haben auch auf die Afag merklichen Einfluss.» Die Firmenleitung schaue genau hin, würde wenn nötig, Massnahmen treffen, wie man sie auch 2015 erfolgreich getroffen habe. Doch die Berg- und Tal-Linie im Unternehmensbereich sei normal. Es sei fundamental, die Tendenzen rechtzeitig zu erkennen und zu agieren. Schlussendlich bestehe kein Grund, mit dem Neubau zu zögern: «Ein Neubau ist etwas Langfristiges, das nicht von momentanen Schwankungen abhängig sein darf. Es wird auch am neuen Standort immer wieder ein Auf und Ab geben.» Immerhin seien Ende 2019 wieder grössere Aufträge hereingekommen.
Verheissungsvolles Potential besteht laut Siegfried Egli unter dem Stichwort «Industrie 4.0». Zukünftig sollen sowohl in der Handhabungstechnik als auch in der Zuführtechnik intelligente Komponenten auf den Markt gebracht werden. Dazu ist die Afag Forschung und Entwicklung gefordert.
Dank der breiten Vernetzung des Unternehmens ist es gelungen, Afag-Mitarbeitende in wichtige europäische Forschungsprojekte zu integrieren und dafür auch namhafte Beträge an Forschungsgeldern zu generieren. «Die Euro-Länder wie auch die Schweiz haben gegenseitig ein grosses Interesse, gemeinsam an Forschungsprojekten zu arbeiten», so Siegfried Egli.
Die Forschungsarbeiten beziehen sich im Fall Afag vor allem auf die Entwicklung von mechatronischen Mikrosystemen sowie auf die Festlegung von Methoden und internationalen Normen für zukünftig intelligente Automations-Komponenten.
«Wir dürfen uns nicht auf den heutigen Lorbeeren ausruhen, sondern müssen aktuell die Grundlagen schaffen, damit wir in Zukunft mit neuen Technologien und Komponenten wettbewerbsfähig bleiben.» ljw

Der Neubau
Das neue Afag Fabrik-Gebäude besteht aus einer Produktionshalle mit angrenzendem Verwaltungstrakt. Das Gebäude präsentiert sich hell, unaufdringlich und übersichtlich. Hauptkriterien bei der Planung und Realisierung sind Funktionalität, Flexibilität, das Schaffen von hoher Arbeitsplatzqualität und optimale Voraussetzungen für effiziente Arbeitsabläufe.
Fläche Produktionshalle: 3100 m²
Fläche Büro und Ausstellungsräume: 1600 m²
Parkplätze: 136
Arbeitsplätze: bis 180 Mitarbeitende (unter Einbezug der Landreserve von 1800 m² längerfristig noch weit mehr)
Baubeginn: Januar 2020
Bezug: Zweites Quartal 2021 pd