• Joel Krähenbühl spielt für die Huttu High Flyers 4. Liga-Eishockey (links). Früher war er einer der besten Unihockeyspieler des Landes, stand mitunter bei 58 Länderspielen für die Schweizer Nationalmannschaft im Einsatz (rechts). · Bilder: zvg, Keystone,

31.01.2023
Sport

«Aktuell spiele ich wirklich lieber Eishockey»

Joel Krähenbühl aus Hasle-Rüegsau ist siebenfacher Schweizer Meister, zweifacher Cupsieger und Europacup-Sieger sowie doppelter

WM-Bronzemedaillengewinner im Unihockey. Nun spielt der 37-Jährige bei den Huttu High Flyers in der 4. Liga Eishockey.

Eishockey/Unihockey · Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Joel Krähenbühl, Unihockey- und Eishockeyspieler aus Hasle-Rüegsau

Wie kam es dazu, dass Sie nach 15 Jahren Unihockey in der NLA 2019 zum 4. Liga-Eishockey wechselten?
Es war für mich immer klar, dass ich nach meiner Unihockeykarriere Eishockey spielen will.

Wieso ausgerechnet die «Huttu High Flyers»?
Dies kam durch die Familie zustande. Patrick Schär von den Huttu High Flyers ist der Cousin meiner Ehefrau und mittlerweile ein guter Kollege von mir. Er hat mich in ein Probetraining mitgenommen. Die Jungs meinten dann, dass ich einigermassen geradeaus fahren könne und so in ihrem Team willkommen sei.

Brachten Sie Eishockey-Vorkenntnisse mit?
Ich habe als Kind sehr viel gespielt. Einfach nie in einer Mannschaft.

Was gefällt Ihnen speziell an Ihrem neuen sportlichen Tummelplatz?
Das mag jetzt lustig tönen – aber ich nenne die eigene Garderobe. Ich habe in 15 Jahren NLA-Unihockey nie eine eigene Garderobe gehabt. Nach jedem Training und Spiel musste komplett alles geräumt werden. Den Luxus eines fixen Spinds, einen Kühlschrank und einen Fernseher in der Garderobe zu haben, geniesse und schätze ich sehr.

Sie sind ein sportliches Multitalent. Auch im Eishockey gehören Sie zu den Teambesten. In der aktuellen Meisterschaft haben Sie bereits 14 Tore erzielt. Sie sind der Topskorer Ihrer Mannschaft und einer der besten Torschützen der Liga.
Ich bin dankbar dafür, dass es mir im Sport – egal in welchem – sehr «ring geit». Beim Eishockey habe ich den Vorteil, dass ich die wichtigste Voraussetzung – gutes Schlittschuhlaufen – mitgebracht habe. Die Stocktechnik und die Auffassungsgabe habe ich vom jahrelangen Unihockey mitgebracht.

Haben Sie schon daran gedacht, in eine höhere Liga zu wechseln?
Definitiv nicht. Wir haben schon gegen 3. Liga-Teams gespielt. Da habe ich meine Limiten im Eishockey aufgezeigt bekommen.

Als Fachmann beider Sportarten: In was unterscheiden sich Unihockey und Eishockey vor allem?
Es gibt schon Differenzen. Die Schusstechnik als Beispiel ist komplett anders. Das Unihockey ist viel schneller. Dort muss viel schneller reagiert werden. Im Eishockey muss man viel mehr gefasst sein, da gerade in den Spielfeldecken Checks drohen. Weiter wird das Eishockey geradliniger gespielt. Und was ich am Eishockey schätze: Man muss nicht mehr «seckle», man kann «fahren» (lacht).

Welche der beiden Mannschaftssportarten gefällt Ihnen besser?
Weil ich vom Unihockey etwas gesättigt bin, spiele ich jetzt wirklich lieber Eishockey. Das kann sich allerdings wieder ändern.

Mittlerweile sind Sie doppelter Familienvater. Welchen Stellenwert hat der Sport für Sie noch?
Es sind Welten zu früher. Früher habe ich gearbeitet und Unihockey gespielt. Der Sport stand absolut im Fokus. Ich lebte in einer Art Sportblase. Seit 2019 hat sich dies komplett geändert. Die Familie steht nun im Zentrum. Der Sport tut mir gut – ist aber enorm in den Hintergrund gerückt und hat längst nicht mehr die Wichtigkeit wie während meiner Unihockeyzeit.

Wie lange gedenken Sie, noch Meisterschafts-Eishockey zu spielen?
Es gefällt mir sehr gut bei den Huttu High Flyers. Allerdings ist mir selbst das Trainings- und Matchpensum in der 4. Liga etwas zu viel. Ich denke, dass ich auf die nächste Saison hin weiterhin zur Verfügung stehe. Ich überlege mir allerdings einen Wechsel zu den sogenannt «Halb-Aktiven».

Vor dem Eishockey waren Sie einer der bekanntesten Unihockeyspieler der Schweiz. Wie begann alles?
Als ich 10 Jahre alt war, wollte ich Eishockey spielen. Die Kosten und der Aufwand, für die Ausübung stets nach Huttwil fahren zu müssen, waren aber zu gross. Als Alternativen blieben Unihockey oder Fussball. Weil ich als Bursche oft Inline-Hockey gespielt habe, lag mir das Unihockey näher. So habe ich mit einem Schulkollegen ein Probetraining beim UHC Grünenmatt besucht.

Es gefiel Ihnen. Vom UHC Grünenmatt wechselten Sie zum Nachwuchs von Wiler-Ersigen. In der Saison 2004/05 kamen Sie als 19-Jähriger zu den ersten Einsätzen in der NLA. Erinnern Sie sich?
Es ging in meiner Unihockeykarriere schnell steil aufwärts. Ich hatte das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Wiler-Ersigen war dazumal gerade daran, zum absoluten Schweizer Spitzenteam aufzusteigen. Ein wichtiger Stammspieler verletzte sich und ich erhielt von Trainer Thomas Berger die Chance, seine Position einzunehmen. Ich durfte fortan im ersten Block mit den Brüdern Matthias und Christoph Hofbauer auflaufen. Neben solchen Topleuten war das Unihockeyspiel für mich natürlich viel einfacher – und stets ein Genuss.

Bereits in Ihrer NLA-Premierensaison gewannen Sie alles, was im Club-Unihockey möglich ist. Sie wurden Schweizer Meister, Cupsieger und holten mit einem 9:1-Finalsieg gegen Pixbo Wallenstam IBK aus Schweden den Europacup. Wie kann das ein 19-Jähriger verarbeiten?
Nie mehr vorher und nie mehr nachher hat dies ein Schweizer Club geschafft. Du kannst so etwas gar nicht fassen. Du realisierst es nicht richtig. Heute muss ich sagen, dass es schön gewesen wäre, wenn ich diese riesigen Erfolge ein bisschen mehr hätte geniessen können. Ich war aber sehr jung.

Bestand nie die Gefahr, dass Ihnen der sofortige Erfolg in den Kopf steigt?
Ich denke nicht, nein. Unser Trainer war darauf bedacht, dass dies nicht passiert.

Sie holten total sieben Schweizer Meistertitel mit dem SV Wiler-Ersigen. Warum erfolgte 2011 der Wechsel zum NLA-Konkurrenten Tigers Langnau?
Ich war von den vielen Siegen und Erfolgen gesättigt, konnte mich nicht mehr richtig motivieren. Wir waren einfach zu überlegen, gewannen ja auch, wenn wir nicht gut spielten. Sogar als die Hofbauers zwei Jahre in Schweden spielten, wurden wir mit Wiler zweimal Meister. Bei Langnau spielten damals zwar auch viele Nationalspieler. Wir mussten bei den Tigers aber viel mehr leisten, um Spiele zu gewinnen. Diese Herausforderung passte mir.

Mit den Tigers holten Sie in sechs Saisons keinen Titel. Für Sie passte es trotzdem.
Genau. Ich habe die Freude am Unihockey auch ohne Titelgewinne wiedergefunden. Mit Fortdauer wurden die Tigers aber immer wie schwächer. Ich wollte stets in einer Mannschaft mitspielen, welche vor dem Saisonstart die Aussicht hat, um den Meistertitel spielen zu können. Als dies in Langnau nicht mehr der Fall war, habe ich mich zur Rückkehr zu Wiler-Ersigen entschlossen.

Im April 2017 erfolgte diese Rückkehr zum SV Wiler-Ersigen.
Ich war in Langnau mit meiner Rolle im Team auch nicht mehr ganz zufrieden gewesen. Bei Wiler setzte Trainer Thomas Berger aber voll auf mich. So war für mich die Rückkehr einfach.

Nach zwei Saisons und total rund 400 NLA-Partien war dann Schluss.
Ich wusste unmittelbar nach Abschluss der Saison 2018/19, dass Tamara und ich bald Eltern unseres Sohnes werden. Daher war es für mich klar, einen Schlussstrich zu ziehen, um mich der Familie zu widmen. Später erwies sich mein Entscheid als äusserst klug, weil Corona kam und den Spielbetrieb lahm legte.

Auch mit dem Schweizer Kreuz auf der Brust glänzten Sie. Das Debüt gaben Sie im Oktober 2005. Es folgten bis 2012 total 58 Länderspiele, in denen Sie 25 Tore und 30 Assists erzielten. Sie stürmten an drei Weltmeisterschaften für die Schweiz (2006, 2010 und 2012), holten dort zwei Bronzemedaillen. In 17 WM-Partien schafften Sie 28 Skorerpunkte. Was bleibt in Erinnerung?
Das profimässige Unihockeyleben unmittelbar vor und während den Weltmeisterschaften war schon toll. Schlafen, Essen und sonst nur Unihockey hat mir zu dieser Zeit zugesagt. Die WM-Spiele vor vielen Zuschauern waren immer schön. Speziell der WM-Halbfinal 2012 daheim im Zürcher Hallenstadion vor 7000 Zuschauern, obwohl wir diesen gegen Finnland auf bittere Weise in der Verlängerung mit 3:4 verloren. Wir holten dann wie bereits an der WM 2006 in Schweden die Bronzemedaille. Diese beiden WM-Bronzemedaillen sind sicher unvergesslich. Für mich hatten sie aber nie einen hohen Stellenwert, weil wir eben im Halbfinal immer gescheitert und damit den angestrebten Final und das Spiel um den WM-Titel verpasst haben.

Blicken Sie auf Ihre traumhafte Unihockeykarriere zurück: Welchen Moment werden Sie nie vergessen?
Die Finalserie um den Meistertitel 2008/09 gegen die Tigers Langnau. Damals holten wir den Meistertitel in der Best-of-five-Serie im fünften und entscheidenden Spiel mit einem 6:3-Erfolg. Das entscheidende fünfte Spiel auf der abgedeckten Eisbahn Brünnli in Hasle-Rüegsau verfolgten damals 2500 Zuschauer. Das bleibt mir für immer in Erinnerung.

 

Kurz gefragt

Bester Unihockeyspieler ever
Matthias Hofbauer.

Bester Eishockeyspieler ever
Wayne Gretzky.

Geradeso gut wie Unihockey oder Eishockey
Mit den Kinder etwas unternehmen.

Vorbild
So richtig vergöttert habe ich eigentlich nie jemanden.

Materialverschleiss
Im Unihockey waren es pro Saison sieben bis zehn Stöcke. Im Eishockey ist es ganz anders. Bisher habe ich keinen einzigen Stock zerbrochen.   

Rückennummer
Die Nummer 21 wählte ich damals im Unihockey wegen des Schwedischen Eishockeyspielers Peter Forsberg, den ich gut fand. Beim Eishockey waren meine Lieblingsnummern 21 und 85 (mein Jahrgang) bei den Huttu High Flyers schon besetzt. So habe ich den Geburtstag meines Sohnes (10.)
gewählt.

Verletzungen
Ich hatte grosses Glück. Ich war nie lange abwesend. Die schlimmste Verletzung war eine Zehenprellung, die ungefähr zwei Monate dauerte.    

Backen
Weniger. Kochen tue ich aber sehr gerne und regelmässig.   

Netflix
Ich bin nicht so der Serientyp. Wir nutzten dies nur für Kindersendungen.     

Kreuzworträtsel
Nein, wenn, dann ein Sudoku.

Süssigkeiten
Ich mag Salziges lieber. Pommes-Chips oder Salzstängeli.

Jahreszeit
Sommer.

Feriendestination
Ich bin ein langweiliger Emmentaler. Ich habe kein Fernweh. Irgendwann, wenn die Kinder grösser sind, würde ich aber gerne einmal nach Kanada reisen.

Gartenarbeit
Das gehört bei einem Eigenheim dazu. Die Arbeit ist sehr entspannend. Einen grünen Daumen habe ich aber nicht.