• Stephan Anliker (links) verabschiedet sich mit drei Meistertiteln als Verwaltungsratspräsident und übergibt Gian Kämpf. · Bild: Leroy Ryser

06.09.2019
Langenthal

Anliker verabschiedet und Kämpf gewählt

Die SC Langenthal AG hat eine ereignisreiche Generalversammlung hinter sich gebracht. Nach einem Reinverlust von 554 000 Franken musste die Bilanz abermals saniert werden. Zu diesem Zeitpunkt war Gian Kämpf bereits zum neuen VR-Präsidenten gewählt worden, später wurde sein Vorgänger, Stephan Anliker, gebührend verabschiedet.

 

Es ist keine Überraschung, dass nach 17 prägenden Jahren sich vieles an der diesjährigen Generalversammlung der SC Langenthal AG rund um die Verabschiedung von Stephan Anliker drehte. Der langjährige Verwaltungsratspräsident kündigte bereits an der letzten Versammlung seinen Rücktritt aus dem Verwaltungsrat an, in diesem Jahr liess er es sich nicht nehmen, noch einmal auf seine Amtszeit zurückzublicken. «Ich las im Februar 2002 in der Zeitung davon, dass der Eishockeyclub sportlich vielleicht aufsteigen kann, dies finanziell aber nicht machbar ist. Daraufhin habe ich mich bei den Verantwortlichen gemeldet und Unterstützung angeboten», erinnert sich Anliker. Eines kam zum anderen, er versprach eine Defizitgarantie von 200 000 Franken und wurde selbst Präsident. Auf dem Weg bis zum heutigen Datum strich er während seiner Abschiedsrede zu Beginn der Versammlung vier Personen heraus, die ihn auf seinem Weg besonders unterstützten. Regula Schnetzer als eine von vielen helfenden Händen rund um den Verein und den Spielbetrieb, Heinz Schlatter als grosser Unterstützer in den ersten Jahren, sowie Gian Kämpf und Angela Kölliker, welche die folgenden Jahre prägten. «Heute haben wir drei Titel und einen Vorzeigeclub», so Anliker weiter. Diesem wolle er indes treu bleiben, seine Plätze im Schoren, so sei es abgemacht worden, werde er behalten. Auf die neue Saison freut er sich bereits jetzt.

554 000 Franken Verlust
Zwischenzeitlich wurde das Thema rund um die Stabsübergabe dann beiseitegelegt, weit unangenehmere Themen mussten behandelt werden. Bereits im Jahresbericht von Gian Kämpf wurde angetönt, was sogleich folgen sollte: Wegen einem erneut folgenschweren Verlust trotz Gewinn des Meistertitels musste erneut eine Bilanzsanierung vorgenommen werden. Dies sei aber nicht überraschend nötig gewesen, beteuerten Anliker und Kämpf, darauf sei man vorbereitet gewesen. Trotzdem: Im letzten Jahr resultierte ein Verlust von 554 000 Franken, der dem bereits negativen Bilanzverlust von über 293 000 Franken belastet wurde. Der Verein war damit überschuldet, 847 000 Franken schlugen nach dem letzten Vereinsjahr negativ zu Buche. Auch deshalb musste die Bilanz saniert werden, der Verwaltungsrat schlug deshalb vor, das Aktienkapital herunterzusetzen und neues zu zeichnen. Dafür mussten zuerst die Aktien in Namenaktien vereinheitlicht werden, ehe die Wertpapiere von 12.50 Franken auf 2.50 Franken herabgesetzt wurden. Zeitgleich wurde das Zeichnen von neuen Aktien in der Höhe von 640 000 Franken ermöglicht, sodass das Aktienkapital gegen eine Grösse von 762 000 Franken geht. In den nächsten Monaten ist es ausserdem auch für Fans möglich, weitere Aktien zu zeichnen, um den Club finanziell zu unterstützen. Zu diesem Zweck werden bis zu 55 000 Aktien im Wert von 2.50 Franken bereitgestellt, womit ein Aktienkapitalbestand von 900 000 Franken erreicht würde.
Die anwesenden Aktionäre nahmen diese Fakten ohne Murren und auch ohne Rebellion entgegen und stimmten ohne Enthaltungen und Gegenstimmen zu. Der Gesamt-Sanierungserfolg deckt das komplette Minus, der kleine Überschuss von 27 000 Franken wird den Reserven zugeschrieben. Dank der Zustimmung der Aktionäre ist die Bilanz des Schlittschuhclubs Langenthal einmal mehr saniert und bereinigt worden, Stephan Anliker verlässt den Verwaltungsrat dank diesem Schritt mit einer finanziell weissen Weste. Die Zukunft sei damit erfolgreich eingeleitet worden, eine neue Ära könne unbelastet beginnen. Finanziell sei der Club vorerst wiederum auf sicheren Beinen.

Drei Pokale als Überraschung
Zwischenzeitlich bei den Wahlen – Gian Kämpf wurde ohne Gegenstimmen und Enthaltungen zum neuen VR-Präsident gewählt, die weiteren Verwaltungsräte wurden mit Ausnahme von Anliker wiedergewählt – und vor allem am Schluss rückte der Abschied von Stephan Anliker erneut in den Fokus. Gian Kämpf liess es sich nicht nehmen, ein Loblied auf seinen Vorgänger zu halten. Der SCL sei ihm entgegen öffentlicher Spekulationen stets alles andere als egal gewesen, oft habe er sich über Schiedsrichterentscheide genervt und stets sei nach einem Auswärtsspiel das erste Telefonat von ihm an Anliker gegangen. «Erst danach rief ich meine Frau an», scherzte er und hängte an: «Das zeigt, dass es Stephan immer sehr wichtig war, was beim SCL passiert.»
In der Folge enterten NLB-Captain Stefan Tschannen, die Huttwiler Luca Christen und Robin Nyffeler sowie der Langenthaler Dario Kummer den Saal, im Gepäck die drei Meistertitel-Pokale von 2012, 2017 und 2019 als Überraschung für den scheidenden VR-Präsidenten. Tschannen selbst, als langjähriger sportlicher Weggefährte, führte dann die Rede Kämpfs weiter, in welcher er Anliker Respekt zollte. «Ich erinnere mich noch, als wir im Jahr 2011 gegen Visp im Viertelfinale verloren und Stephan in die Kabine kam. Wir hatten Angst vor einem Donnerwetter, er aber bedankte sich und verkündete, dass er stolz sei auf uns. Das hat mich beeindruckt», erklärte der SCL-Stürmer. Mit Blick auf die drei Pokale meinte Tschannen dann noch: «Ohne dich wären die drei heute nicht hier. Ich bin stolz, dass ich mit dir zusammenarbeiten durfte.» Als Präsent wurde Anliker dann eine Ehrenpräsidenten-Tafel überreicht – am heutigen Samstag soll er vom Verein SC Langenthal zum Ehrenpräsidenten ernannt werden – ausserdem seien seine Plätze im Stadion mittlerweile mit seinem Namen versehen worden, meinte Kämpf, diese würden damit endgültig ihm gehören.

Anliker bleibt dem Verein treu
Den Schlusspunkt der Generalversammlung markierte letztlich ein Apéro für die Anwesenden, bei dem das zuvor erlebte rege diskutiert wurde. Dazu gehörten auch die nahenden Herausforderungen, die sich nicht zuletzt auf politischer Ebene stellen. «Es gilt den sportlichen und strukturellen Neustart erfolgreich zu bestehen. Es ist eine neue Ära», kommentierte Kämpf das kommenden Freitag startende neue Eishockeyjahr.
Auch wenn Anliker mit dieser Generalversammlung aus dem Verwaltungsrat scheidet, dürfte er dem Verein indes treu bleiben. Nicht zuletzt auch als Ansprechperson für Gian Kämpf. «Das hat er mir versprochen und dafür bin ich dankbar», so der neue SCL-Präsident. In der Öffentlichkeit dürfte es um die prägende Figur des SC Langenthal nun aber etwas ruhiger werden.

Von Leroy Ryser