• Die Huttwiler Hockey-Gladiatoren vor ihrer maskierten Sitzplatz-Fankulisse. · Bild: Keystone

  • Huttwils Goalgetter Patrick Meyer erzielt gegen den geschlagenen Langnauer Goalie Gianluca Zaetta den 1:2-Anschlusstreffer. · Bild: Keystone

05.10.2020
Sport

Aufopfernd kämpfende Amateure

Bloss 675 Zuschauer waren beim Cupknaller zwischen den Amateuren von Hockey Huttwil und den Profis der SCL Tigers aus der NLA am Sonntagabend in der Huttwiler Eishalle anwesend. Die aufopfernd spielenden Huttwiler konnten den Favoriten nicht in die Knie zwingen, lieferten aber einen glanzvollen Auftritt ab. Corona verhinderte ein Eishockeyfest.

Swiss Ice Hockey Cup 2020/21, 1/16-Final: Hockey Huttwil – SCL Tigers 3:9 (1:2, 2:3, 0:4) · Es war angerichtet am frühen Sonntagabend. Hockey Huttwil aus der MySports League (dritthöchste Schweizer Eishockeyliga) empfing daheim das grosse Langnau aus der höchsten Schweizer Spielklasse. Covid-19-Schutzkonzept, Catering, Staff und Security waren und klappten im Campus Perspektiven vorbildlich. Umso enttäuschender war es, dass sich «nur» 675 Zuschauer zu diesem Cup-Knaller einfanden. 1010 Fans hätten Zutritt gehabt. Dieses verflixte Virus scheint tatsächlich überall den gewohnten Betrieb zu verändern. Vor allem die Quarantäne-Angst grassiert.
Dies war bei den vergangenen, grossen Huttwiler Cup-Auftritten gegen NLA-Teams noch anders: Am 11. September 2019 spielte Huttwil vor 1001 Zuschauern gegen den EHC Biel (1:4). Am 19. September 2018 waren beim 1:8 gegen den HC Lugano 1361 Fans in der Huttwiler Eishalle. Und am 20. September 2017 – damals noch unter dem Namen EHC Brandis – waren es gegen den SC Bern beim 2:9 sogar 2099 Fans gewesen.

Schnelle Langnauer 2:0-Führung
Wer beim Cup-Hit 2020 dabei war, hatte grosse Freude, als zu heroischen Klängen aus den Stadionlautsprechern die hiesigen Eishockey-Gladiatoren von «Huttu» und «Langnou» in die Arena fuhren. Es bedeutet für jeden Provinzclub Glamour, wenn eine NLA-Mannschaft aufläuft. Die gesamte Hockey-Huttwil-Organisation war stolz, für 3x 20 Minuten den Tiger im Haus zu haben. Und die Partie machte Spass. Nach 55 Sekunden schoss Larri Leeger erstmals auf den Huttwiler Torhüter Lukas Gasser, der während seinem 30-minütigen Einsatz hervorragend hielt. Die Gastgeber kamen nach drei Minuten durch Michael Lüdi zur ersten hochkarätigen Abschlusschance. Da lag der grosse Favorit aus dem Emmental aber bereits in Führung. Und diese erhöhte Ben Maxwell wenig später. Aus den Lautsprechern dröhnte Van Halens «Jump». Noch nichts zu hüpfen hatten die Heimfans. «Zu Beginn waren wir zu verhalten», meinte Huttwils Trainer Daniel Bieri, für den – wie für viele Blumenstädter-Spieler – die Cuppartie wegen seiner langjährigen Langnauer Vergangenheit etwas ganz Besonderes war.

Kein Kanonenfutter
Als bei einem kurzen Spielunterbruch die Textzeile «From a fight I could not win» vom Uriah Heep-Welthit «Lady in black» zu hören war, schienen die Huttwiler Spieler nicht hinzuhören. Vielmehr wohl beim wenig später folgenden «Take a chance on me» von Abba. Denn der Unterdog war fortan alles andere als das – nach der schnellen Langnauer Führung und der Sub-stanz raubenden Samstagabend-Meisterschaftspartie in Chur – zu erwartende Kanonenfutter. «Huttu» überzeugte, zeigte grossen Willen und Kampfgeist. Keyplayer Patrick Meyer schoss den Anschlusstreffer. Und nur 40 Sekunden nach der ersten Pause lautete der Spielstand 2:2. Meyer hatte erneut zugeschlagen. Die engagierte Spielweise der Gastgeber, das stete Nachjagen jeder Scheibe bereitete dem Heimpublikum grosse Freude und beeindruckte die Gäste. Vergessen war der Frust der komplett missratenen Meisterschaft 2019/20. Huttwil – das mit fünf Siegen in fünf Spielen grandios in die neue Spielzeit 2020/21 gestartet ist – blühte beim willkommenen Zusatzspiel neben dem Haupttummelfeld Meisterschaft so richtig auf. In dieser Phase hatte der Favorit Glück, nicht unter die Räder zu geraten. Während zwei Überzahlspielen war Hockey Huttwil nahe dran, die Partie zu drehen. Doch stattdessen entwischte Langnaus Flavio Schmutz und erzielte einen lupenreinen Shorthander. Später zollte er dem Gegner Respekt: «Huttwil kann Eishockey spielen.» Nur wenige Momente nach dem Unterzahltreffer erzielte Grossniklaus mit einem Weitschuss den vierten Langnauer Treffer. Neukom stellte dann sogar einen Drei-Tore-Vorsprung her. Der Favorit hatte die Schraube angezogen. Doch Huttwil steckte nicht auf. Und mit dem 19-jährigen Rohrbacher Dominic Lanz erzielte ein Spieler das dritte Huttwiler Tor, welcher normal für die U20-Elit der Young Tigers spielt.

Entscheidung im Schlussdrittel
Damit durfte Huttwil auch nach 40 Minuten noch von einem Cup-Märchen träumen. Dieser Traum platzte im Schlussdrittel aber jäh und auf ärgerliche Weise. «Die Strafe verärgert mich. Sie war keine, hatte aber negative Auswirkungen», sagte Huttwil-Headcoach Daniel Bieri. Für ein Beinstellen, das keines war, musste Marco Meyer auf die Strafbank. Grossniklaus nutzte die Überzahl zu seinem zweiten Treffer. Und das 3:6 raubte dem aufopfernd aber immer mit schwereren Beinen kämpfenden Huttwil dann den Glauben an das Unmögliche. Dementsprechend leicht kam das am Samstag spielfreie Langnau im Schlussdrittel noch zu drei weiteren Treffern. Am Ende stand ein für die Gastgeber ernüchterndes 3:9 an der Resultatwand. Die Langnauer Spieler sprachen nach der Partie von einem mit klarer Spielstruktur und grosser Motivation agierenden Gegner. «Dies freut mich natürlich zu hören. Ich bin stolz auf meine Jungs», meinte Daniel Bieri. «Soviele Treffer schlechter waren wir nicht. Das deutliche Resultat zeigt aber auch, dass Langnau die Partie nicht auf die leichte Schulter nahm und uns damit Respekt zollte», fand der gebürtige Entlebucher. «Es waren schlussendlich zwei Ligen Unterschied», bilanzierte Huttwils Keeper Lukas Gasser nüchtern treffend.
Hockey Huttwil verkaufte seine Haut so teuer als möglich. Schade, dass Covid-19 nicht mitspielte und ein richtiges Eishockeyfest verhinderte. Apropos Corona: Sämtliche Huttwiler Spieler und der Staff mussten sich vor dem Cup-Sechzehntelfinal gegen Langnau auf das Coronavirus testen lassen. Alle Tests fielen negativ aus. Wenigsten dies ...

Matchtelegramm: 4. Oktober. - Eishalle Campus Perspektiven, Huttwil. – 675 Zuschauer. – SR: Lemelin/Mollard, Pitton/Gurtner. - Tore: 2. In-Albon (Andersons) 0:1. 4. Maxwell 0:2. 7. P. Meyer (Kunz) 1:2. 21. P.Meyer (Lüdi) 2:2. 28. F. Schmutz (J. Schmutz/Ausschluss Leeger!) 2:3. 29. Grossniklaus (Neukom, Dostoinov) 2:4. 32. Neukom (Dostoinov) 2:5. 37. D. Lanz (Ruch) 3:5. 42. Grossniklaus (Maxwell/Ausschluss M. Meyer) 3.6. 46. Maxwell (Huguenin) 3:7. 50. Guggenheim (Huguenin, F.Schmutz/Ausschluss P.Meyer) 3:8. 55. F. Schmutz (J. Schmutz, Blaser) 3:9. - Strafen: je 4x 2 Minuten. - Huttwil: Gasser (ab 30.Liechti); M.Minder, Bruni; Seematter, N.Minder; Schütz, Kunz; Mosimann, Matter; Lerch, Nägeli, D.Lanz; Daneel, Lüdi, M.Meyer; Steiner, Ruch, P.Meyer; Hain, Trüssel, Gurtner. - SCL Tigers: Zaetta; Guggenheim, Glauser; Leeger, Blaser; Erni, Lardi; Huguenin, Grossniklaus; Dostoinov, Berger, Neukom; J.Schmutz, F.Schmutz, Sturny; Weibel, Maxwell, Kuonen; Rüegsegger, In-Albon, Andersons.

Von Stefan Leuenberger