• Steht Huttwil bald wieder ohne Eis da? Die Campus Perspektiven AG hat den leistungsvertrag mit der Gemeinde Huttwil gekündigt. · Bild: Thomas Peter

17.08.2020
Huttwil

Beendet das politische Klima die Eiszeit schon wieder?

Gut möglich, dass wir in Huttwil dereinst eine Kuriosität der besonderen Art haben werden: Mammuts ohne Eis. Die haarigen Elefanten lebten bekanntlich während der Eiszeit in unserer Gegend. Doch der Reihe nach. 
Der Einfachheit halber wird im nachfolgenden Text die Campus Perspektiven AG, die Mieterin des Sportzentrums in Schwarzenbach, einfach Sportzentrum genannt. Also: Kürzlich ist mir aus dem weitverzweigten Fuchsbau der städtischen Verwaltung zu Huttwil eine interessante Neuigkeit zugetragen worden: Das Sportzentrum habe den Leistungsvertrag mit der Gemeinde Huttwil per Ende der anstehenden Saison (also auf das Frühjahr 2021) gekündigt. Auf mein hartnäckiges Nachfragen hat mir Huttwils Finanzminister Marcel Sommer bestätigt: «Ja, die Information ist richtig, der Vertrag ist vom Sportzentrum gekündigt worden.»

Das ist interessant, weil dieser Leistungsvertrag dem Sportzentrum für das Eismachen eine jährliche Entschädigung von fast 100 000 Franken aus der Gemeindekasse sichert. Warum also die Kündigung? Ein Kenner sagt es so: Bisher habe man im Sportzentrum emotional Eis gemacht. Künftig wolle man rational Eis machen. Will heissen: Die Eisaufbereitung ist selbst bei voller Auslastung nach wie vor defizitär. Verschlimmert hat sich die Lage, weil die Stimmbürger in Langenthal die Subventionen für die Nachwuchsabteilung zurückgestutzt haben. SCL-Präsident Gian Kämpf bestätigt: «Wir müssen beim Nachwuchs neu disponieren und haben für die neue Saison in Huttwil weniger Eis zugemietet.» Dem Sportzentrum fehlen dadurch bei den Eismieteinnahmen rund 50 000 Franken. Sportzentrum-General Dino Stecher hat auf meine Nachfrage die Hände verworfen. So, wie er das einst als Goalie zu Bykows und Chomutows Zeiten in Fribourg nach einem haltbaren Gegentreffer zu tun pflegte. Er hat jede Auskunft verweigert.

Das Sportzentrum hat also den Leistungsvertrag gekündigt, um bei Neuverhandlungen mehr Geld aus der Huttwiler Steuergeldkasse zu be­kommen. Aus dem Stadthaus wird vertraulich gemeldet, dass der Gemeinderat nach dem Eingang der Kündigung dem notleidenden Sportzentrum immerhin angeboten habe, bei einer «Eis-Geberkonferenz» mit den umliegenden Gemeinden mitzuwirken. Die rührigen Eismacher möchten also nicht nur mehr Geld von den Huttwilerinnen und Huttwilern. Sie möchten zusätzlich auch noch Steuergelder von den Nachbargemeinden.

Ich will jetzt nicht eine Debatte über den gesellschaftlichen Wert eines Sportzentrums mit Eis führen. Der ist nämlich unbestritten. Auf den ersten Blick macht also die Kündigung des   Leistungsvertrages Sinn: Neu verhandeln und mehr Geld von der öffentlichen Hand für eine wichtige und wertvolle Institution herausholen – das müsste doch möglich sein. Auf den zweiten Blick steht hinter dieser Kündigung jedoch ein gerüttelt Mass an politischer Unbekümmertheit der rührigen und tüchtigen Eismacher. Höhere Beiträge als 100 000 Franken unterliegen in Huttwil dem fakultativen Referendum. Die Bereitschaft, in diesen schwierigen Zeiten Mehrausgaben für sportliche Einrichtungen zuzustimmen, hält sich in einem überschaubaren Rahmen. Und so gut die Idee einer «Eis-Geberkonferenz» an und für sich ist: Die Begeisterung für Beiträge ans Eismachen dürfte in den umliegenden Gemeinden nicht gross sein. Hätte ich meine Vermögensbildung schon abgeschlossen, würde ich Dino Stecher eine Wette anbieten: Ich verdopple aus dem eigenen Sack den Betrag, den er bei den anstehenden Verhandlungen über die bisherigen Entschädigungen hinaus hereinholt.

Die Wahrscheinlichkeit ist inzwischen beunruhigend hoch, dass im Frühjahr 2021 die Eismaschinen im Sportzentrum wieder abgeschaltet werden und dass das politische Klima (nicht die Erderwärmung) die Eiszeit in Huttwil beenden wird. Das Eis im Sportzen­trum kann möglicherweise nur noch der SC Langenthal retten. Inzwischen dämmert es sogar SCL-Präsident Gian Kämpf, dass es in Langenthal möglicherweise noch jahrelang kein neues Stadion geben wird. Dass das famose Stadionprojekt in Langenthal inzwischen nicht mehr nur zum Ziel hat, ein neues Stadion zu bauen. Sondern eher das Geldverdienen mit allen möglichen aus der Steuerkasse teuer bezahlten Planungen, Gutachten, Analysen, Expertisen, Untersuchungen, Überprüfungen, Durchleuchtungen, Umfragen und Abklärungen. Und mit einem Lippen-Bekenntnis zum Stadion können die Kandidatinnen und Kandidaten vor Wahlen jeweils wohlfeil Werbung machen. 
Der SC Langenthal hat eigentlich mittelfristig zwei Möglichkeiten: Den Profibetrieb aufgeben und ins Amateurhockey zurückkehren oder nach Huttwil zügeln. Wo ein Stadion steht, das mit vernünftigen Investitionen in eine formidable Arena für die Swiss League umgebaut werden kann und wo die gesamte Infrastruktur – Parkplätze inklusive – bereits vorhanden ist. Gian Kämpf hat kürzlich zugegeben, dass er sich künftig wohl doch einmal mit diesem Gedanken auseinandersetzen müsse.

Kommt Langenthal nicht ins Sportzentrum, dann wird Huttwil womöglich neben einer Regierung ohne Frauen bald ein zweites Kuriosum haben: Mammuts ohne Eiszeit. Es gibt ja nach wie vor das Projekt eines Mammut-Parks. Das dem Stadionprojekt in Langenthal verblüffend ähnelt. Auch bei den Mammuts geht es um das Geldverdienen mit allen möglichen aus der Steuerkasse teuer bezahlten Planungen, Gutachten, Analysen, Expertisen, Untersuchungen, Überprüfungen, Durchleuchtungen, Umfragen, und Abklärungen. Ja, ja, ich war ganz entgegen meiner Art für einmal auch ein wenig bösartig. Deshalb: Nüt für unguet.

Klaus Zaugg