• Der 26-jährige Zeller Luca Ulrich mit dem Meisterpokal und der SM-Goldmedaille. · Bild: Jörg Oegerli

27.04.2023
Sport

«Belohnung für die vielen harten Trainings»

Der 26-jährige Zeller Luca Ulrich gilt als bester Volleyballspieler der Schweiz. Der 197 cm grosse 61-fache Internationale hat mit Volley Schönenwerd seinen ersten Schweizer Meistertitel der Karriere gewonnen. Als nächstes will der Aussenangreifer mit der Nati an der EM glänzen.

Volleyball · Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Luca Ulrich, Volleyballspieler aus Zell

Wie intensiv verliefen die Meisterfeierlichkeiten?
Diese verliefen eher zu kurz, weil es Sonntagabend war. Die Möglichkeiten waren total eingeschränkt. Wir sind nach Zürich gefahren und haben in einer Bar an der Langstrasse etwas gefeiert. Das Essen mit dem ganzen Verein war sehr schön. Wir werden aber zu einem späteren Zeitpunkt den Titel noch so richtig feiern und schauen, dass dann auch jene Spieler, welche Schönenwerd nun verlassen haben, dabei sein werden.

Wie haben Sie den sportlichen Erfolg mit Ihrer Partnerin Savana Diem geteilt?
Sie hat natürlich die ganze Saison über alles mitbekommen und mich stetig unterstützt. Wir werden in etwa zwei Wochen bei einem gemeinsamen Abendessen einerseits meinen Titelgewinn und anderseits die Tatsache, dass sie sich wieder ohne Gips bewegen kann, feiern.

Was ist passiert?
Savana hat sich leider vor acht Wochen beim Schlitteln den Fuss gebrochen.

Was bedeutet Ihnen der erste Meistertitel Ihrer Karriere?
Es ist etwas, was mir nie mehr genommen werden kann. Der Titel ist eine Bestätigung und zugleich eine Belohnung für die letzten zehn Jahre, die vor allem aus hartem Training – kombiniert mit sehr viel Verzicht – bestanden.

Wo hängt die SM-Goldmedaille?
Die habe ich immer noch irgendwo in meiner Sporttasche. Sie wird aber ganz bestimmt einen speziellen Platz erhalten.

Besonders stolz dürfte Ihr Vater und Förderer Peter Ulrich sein. Er wurde 1985 mit Leysin ebenfalls Schweizer Meister.
Auf jeden Fall. Vor allem auch deshalb, weil mein Vater in meinen Juniorenjahren beim VBC Willisau mein Trainer war.

Und wie sieht das Verhältnis zu Ihrem jüngeren Bruder Lars aus? Er spielt beim NLA-Verein Lausanne und konnte noch nie einen SM-Titel feiern?
Er hat mir gratuliert und gönnt mir den Titel sehr. Fast hätte es ihm in dieser Saison ja auch zu einem Titel gereicht. Doch mit Lausanne hat er den Cupfinal leider verloren.

Was gab den Ausschlag, dass der Titelverteidiger und Favorit Volley Amriswil in der Finalserie nach einem 0:2-Rückstand noch mit 3:2 Siegen in die Knie gezwungen wurde?
(acht) Dies fragt sich Amriswil sicher auch. Allerdings haben wir nach den zwei Niederlagen zum Auftakt nicht grundlegend anders gespielt. Wir wurden einfach konstanter und haben in den wichtigen Phasen die Punkte gemacht. Während wir ins Rollen kamen, verunsicherte dies Amriswil immer wie mehr. Mental waren wir dann einfach stärker. Wir bekundeten während der Qualifikation etwas Probleme mit der Konstanz, obwohl uns auch sehr gute Spiele gelangen. In den Playoffs – und damit zum richtigen Zeitpunkt – haben wir sehr gute Leistungen gezeigt.

Wie erlebten Sie die letzte und entscheidende Partie in der ausverkauften und tobenden Heimhalle und im Beisein der Kameras des Schweizer Fernsehens, welches die Partie live übertrug?
Es pusht ungemein. Ich versuchte – trotz aller Konzentration auf das Spiel – diese Ambiance zu geniessen. Umso schöner ist es dann natürlich, das alles entscheidende Spiel vor einer solchen Kulisse gewinnen zu können.

Vor Ihrem Erfolgsjahr mit Schönenwerd in der NLA in der Schweiz waren Sie ein Jahr lang bei Ravenna in Italien, der besten Volleyball-Liga der Welt, engagiert. Was hat Ihnen dieser spezielle Abstecher genau gebracht?
Es war für mich ein Privileg, als erster Schweizer Spieler in dieser Liga auflaufen zu dürfen. Ich habe extrem viel gelernt in dieser kurzen Zeit. Das Niveau in Italien war sehr hoch.

Aber warum erfolgte nach nur einer Saison die Rückkehr in die Schweiz?
Hätte nur der sportliche Aspekt gezählt, hätte ich in Italien bleiben müssen. Wegen dem Studium bin ich retour gekommen.

Aber Sie haben das Biologiestudium doch abgeschlossen?
Den Bachelor schon. Jetzt bin ich aber noch am Masterstudium dran.

Dann sind Sie nicht Vollprofi?
Nein.

Aber wie können Sie dann in der Schweizer Liga Ihren Lebensunterhalt sichern?
Ich habe das Privileg, dass ich einer jener wenigen Schweizer Volleyballspieler bin, die mit ihrem Sport genügend verdienen.

Im Alter von 5 Jahren haben Sie mit dem Volleyball begonnen. In all den Jahren haben Sie sich Stufe um Stufe hochgearbeitet. Dazu gehören mittlerweile auch 30 Nachwuchs- sowie 61 Elite-Länderspiele für die Schweizer Nati. Sie haben unzählige Auszeichnungen gewonnen. Mit ihrer positiven Art und abgeklärten Spielweise sind Sie zum besten Schweizer Volleyballspieler aufgestiegen. Stolz darauf?
Doch, natürlich. Es ist für mich vor allem eine Bestätigung. Glücklich macht mich vor allem die Tatsache, diesen Weg mit einem Team wie Schönenwerd, welches über ein klar tieferes Budget als viele andere NLA-Teams verfügt, geschafft zu haben.

Jedes Jahr gibt es im Schweizer Volleyball Awards. Einige davon haben Sie schon gewonnen. Was bedeuten Sie Ihnen?

Es ist natürlich schön, wenn du ausgezeichnet wirst. Die Aussagekraft ist aber nicht sehr gross, weil die Preise bereits früh in der Saison vergeben werden. Es würde viel mehr Sinn machen, Ende Saison zu ehren. Zu einem Zeitpunkt, wo feststeht, welche Teams um den Meistertitel gekämpft undwelche Spieler in den entscheidenden Partien Sonderleistungen gezeigt haben.

Die Saison auf Vereinsebene ist vorbei. Was wollen Sie mit der Schweizer Nati erreichen?
Wir haben uns zum allerersten Mal überhaupt auf sportlichem Weg für eine EM qualifiziert. Alleine dies ist ein Grosserfolg. Ich glaube aber fest daran, dass wir an der EM im August/September in Italien, Nordmazedonien, Israel und Bulgarien die Gruppenphase überstehen können. Dies wird allerdings eine Herkulesaufgabe, weil die Gruppe A mit Italien, Serbien, Deutschland, Belgien und Estland sehr stark besetzt ist.

Wenn die internationalen Auftritte vorbei sind, beginnt bereits wieder die Meisterschaft 2023/24. Wo spielen Sie nächste Saison?
Dies ist noch nicht definitiv. Ich habe viele Angebote vorliegen. Allerdings deutet alles darauf hin, dass ich in Schönenwerd bleiben werde.

Sie sind in Zell aufgewachsen. Wie oft sind Sie heute noch in Zell?
Zell liegt mir am Herzen. Wegen meinem Studium wohne ich allerdings in Zürich. Der Bezug zu Zell ist intakt. Meine Eltern, bei denen ich oft auf Besuch bin, wohnen in Zell. Die gesamte Familie meiner Mutter kommt aus Zell. Und auch einer meiner besten Freunde ist ein Zeller.