• Maggie (links) und Rolf Gubser (rechts) haben nicht «längi Zyti» nach der Schweiz, denn in Neuseeland fehlt es ihnen an nichts: «Wir haben unsere Tochter, ihren Mann und ihre beiden Kinder hier und ebenso bietet Neuseeland wunderschöne Kulissen.» · Bilder: zvg

  • Rolf und Maggie Gubser wohnen in Silverdale und haben ein Haus mit grossem Garten und einer kleinen Bananen-Plantage.

  • Im Hause Gubser wird noch regelmässig schweizerisch gebacken. So darf bei einem Anlass die «Ankezüpfe» auf gar keinen Fall fehlen.

  • Rolf und Maggie Gubser wohnen in Silverdale und haben ein Haus mit grossem Garten und einer kleinen Bananen-Plantage.

10.09.2021
Oberaargau

Berufliche Wege führten sie ins Ausland

Maggie Gubser war schon immer eine Abenteurerin und hat schon viel von der Welt gesehen. Ihr Mann Rolf ebenso. Der gelernte Bauspengler erhielt 1977 ein Jobangebot im Kongo – kurzerhand verliess er und seine Frau die Schweiz und sie lebten zwei Jahre in Afrika, bis es ihnen schliesslich zu gefährlich und zu heiss wurde und sie wieder für ein Jahr zurück in die Schweiz kamen. Im Jahr 1980 nahm Rolf Gubser erneut eine neue berufliche Herausforderung an, und ihre Reise führte sie diesmal in den südlichen Pazifik nach Neuseeland, wo sie bis heute geblieben sind.

Der UE geht um die Welt · Zauberhafte Landschaften, ein Land mit der niedrigsten Arbeitslosenquote der Welt und ein Reiseziel für viele Touristen: Die Rede ist von Neuseeland. Was sich anhört wie ein Traum, ist für Maggie und Rolf Gubser seit über 40 Jahren die pure Realität. «Wir haben es hier schöner als in der Schweiz», betont die Kleindietwilerin Maggie Gubser. Denn in Neuseeland fehle es ihnen an nichts und sie schätze die endlos langen Stras­sen und vor allem diese breiten: «In der Schweiz traute ich mich gar nicht mehr ans Steuer, da die Strassen sehr eng sind und wir in Neuseeland ja Linksverkehr haben.» Das Ehepaar wohnt in Silverdale im Norden von Auckland, der grössten Stadt auf der Nordinsel Neuseelands, und ist in ihrem Leben mit ihrem Haus und Garten schon längst angekommen.

Der Beruf brachte eine neue Heimat
Maggie und Rolf Gubser zog es 1977 nach Afrika, wo sie bis 1979 lebten. «Dort arbeitete ich nicht», erzählt Maggie Gubser, die aber in der Schweiz als Serviceangestellte jobbte. «Im Kongo hatten wir Haushaltsangestellte und einen Gärtner», erzählt sie weiter. Sie schaute meistens zu den Leuten und ihr Mann arbeitete auswärts. Doch irgendwie war es nicht das, wonach sich die beiden sehnten: «Jeden Abend neben einem Gewehr einzuschlafen, war für mich irgendwann keine Option mehr und ich sagte meinem Mann eines Abends, dass wir daran etwas ändern müssen», schildert Maggie Gubser die Situation von damals. Ausserdem machte den beiden nicht nur die Kriminalität zu schaffen, sondern auch zunehmend das heisse Klima.
So entschieden sie sich aus den genannten Gründen, nach zwei Jahren wieder zurück in die Schweiz zu reisen. Ein Jahr später stand das Ehepaar erneut vor einer Entscheidung: Der damalige Arbeitgeber von Rolf Gubser bot ihm ein Jobangebot an. Nicht in der Schweiz, nicht in Afrika, sondern in Neuseeland. Noch im selben Jahr trat das Ehepaar seine Reise nach Auckland an. «Ich war gerade im fünften Monat schwanger», erinnert sich Maggie Gubser. Die beiden wohnten zwei Jahre etwas ausserhalb der Stadt Auckland, um zuerst zu schauen, wie es ihnen überhaupt gefällt und ob sie sich das Leben hier vorstellen könnten. «Wir sind dann zurück in die Schweiz gegangen, um alles zu packen und um definitiv auszuwandern.»

Selbstversorger durch und durch
Seit dem 7. Mai 1980 leben sie nun in Neuseeland und haben eine erwachsene Tochter, die nun selbst schon zwei Kinder hat. Rolf Gubser arbeitete in der Schweiz zuvor für Getreidemühlen und spezialisierte sich auf seinem Gebiet immer weiter, bis er sich in Neuseeland schliesslich selbstständig machte. Maggie Gubser arbeitete vor 50 Jahren in der Schweiz ebenso noch als Serviceangestellte bei diversen Hotels und Restaurants. Seit sie in Neuseeland lebt, geht sie der «klassischen» Haushaltsarbeit nach: «Mein Mann arbeitete damals viel auf Montage, ich eben im und ums Haus.» Sie pflegt und hegt einen grossen Garten: «Wir sind Selbstversorger durch und durch. Wir haben unser Gemüse und unsere Früchte selber angepflanzt.» Besonders schmecken ihnen die kleinen Bananen, auch Lady Finger Bananas genannt. Maggie Gubser kümmert sich ebenso um den Haushalt und um die verbliebenen Tiere. «Zuvor hatten wir noch eine grosse Kaninchenzucht», erzählt die 71-Jährige. Die Familie besitzt 4,2 Hektaren Land, auf dem früher auch Kühe und Kälber grasten. Auch Hühner und Hunde waren einst Teil der Familie. Geblieben sind noch etwa 35 Schafe, die aber bald auch der Vergangenheit angehören werden. «Wir befinden uns im Rentenalter und mein Mann arbeitet nur noch zwei Tage in der Woche. Wir wollen mit allem, was geht, herunterfahren und reduzieren», so Maggie Gubser. Die beiden Abenteurer haben viel gesehen und sind viel gereist. «Es ist nun an der Zeit, vieles gehen zu lassen.»

Viel gereist, viel gesehen
Obschon die beiden viel herumgekommen sind, verbindet sie das eine oder andere dennoch mit der Schweiz. «Es ist natürlich unser Heimatland, aber wir haben in Silverdale seit über 40 Jahren definitiv unser neues Zuhause gefunden.» Ein Stück Heimat bekommen sie etwa alle 14 Tage nach Hause geliefert, dann gibt es nämlich Post aus Huttwil. «Das ist eine lustige Geschichte: Wir hatten den ‹Unter-Emmentaler› damals nicht selbst abonniert, sondern Margrit Weyermann, eine Freundin von mir, die damals das Café-Restaurant ‹Rendez-vous› in Huttwil führte, schenkte mir zum Geburtstag ein Jahresabonnement.» Im Mai sei dies gerade 21 Jahre her, und seither haben sie den «UE» immer noch abonniert. «Mich interessiert, was so rund um die Gegend von Eriswil, Rohrbachgraben oder Melch­nau passiert, ob das gerade ein Neubau ist oder vielleicht eine Todesanzeige von jemandem, den ich kenne.» Während der Pandemie kam es vor, dass die Zeitung drei Monate später im Briefkasten lag. Dennoch ist die Kleindietwilerin vom Stützli froh darüber, so an Informationen aus ihrer Heimat zu gelangen. «Ich war nun seit 25 Jahren nicht mehr in der Schweiz, seit wir ausgewandert sind insgesamt nur zweimal, mein Mann gar nur einmal», sagt Maggie Gubser. Den Kontakt zu ihren Leuten behält sie telefonisch aufrecht, ansonsten habe sie nur Schul-Erinnerungen an die Gegend, wo sie aufgewachsen sei. Aufgrund ihrer Ausbildung an der Hotelfachschule Luzern kam sie in der Schweiz viel herum und arbeitete in verschiedenen Regionen wie im Emmental, Oberaargau, im Berner Oberland, aber auch in der Romandie. Beruflich unterwegs war sie auch im Ausland, etwa in England, Griechenland oder Schottland, wo sie unter anderem in einem 6-Sterne-Hotel im Speiseservice gearbeitet hatte. «Ich vermisse das Leben in der Schweiz nicht», sagt Maggie Gubser wie aus einer Kanone geschossen. «Einzig, wenn ich weiter überlege, ist es wohl das knusprige Brot, das ich vermisse», lacht sie. Denn in Neuseeland werde das frisch gebackene Brot aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit nach einer Stunde wieder weich. Gewöhnungsbedürftig war für Familie Gubser zu Beginn jedoch die Zeitumstellung (10/12 Stunden) und auch die verschobenen Jahreszeiten: Denn Weihnachten am Strand ohne Schnee und Kälte zu verbringen, ist für viele wohl seltsam. «Mittlerweile ist das für uns normal und es ist schön, im Sommer Weihnachten zu feiern.» Im Gespräch mit Maggie Gubser wird deutlich, dass sie mit ihrem Leben zufrieden und glücklich ist: «Hier ist alles positiv, seien es die schönen Kulissen, die Leute dort, aber auch, dass wir zusätzlich zur Rente einen Zustupf pro Monat an unsere Heizkosten erhalten.» Ab und zu werden sie dann allerdings doch gestört. «In der Nacht kommen die Opossums und machen einen riesigen Lärm auf dem Dach», lacht sie verschmitzt. Die Leute in Neuseeland reisen übrigens gerne in die Schweiz und berichten von einem «schönen und reichen Land». «Einige verlassen ihr Land sogar für eine berufliche Zukunft in der Schweiz, die meisten von ihnen kehren aber dann wieder in ihr Heimatland zurück», berichtet Maggie Gubser. Denn hier sei alles «leicht und easy». Die Einheimischen seien nicht kompliziert und nennen sich gerne einfach beim Vornamen, ohne Herr oder Frau zu betonen.

Von Chantal Bigler