• Bruno Frangi übergibt das OK-Präsidium an seine Tochter Claudia, die seit 2011 als Moderatorin an den Jazz-Tage Langenthal auftritt.

  • «One moment in Time» - Publikum und Bruno Frangi geniessen die Show.

  • Bruno Frangi wurde an den 30. Jazz-Tagen von der Dani-Felber-Band and the Ladies of Soul am letzten Konzertabend herzlich verabschiedet. · Bilder: Roland Kämpfer

13.11.2020
Langenthal

Bruno Frangi: Eine musikalische Erfolgsstory

Mit Enthusiasmus und viel Liebe für den Jazz bieten die Organisatoren ihrem treuen Publikum musikalische Sternstunden in stimmungsvollem Ambiente. Was vor 30 Jahren aus einer spontanen Idee entstanden ist, entwickelte sich zu einem etablierten Jazzfestival. Geprägt wurden die Jazz-Tage Langenthal vom zurücktretenden OK-Präsidenten Bruno Frangi. Er teilt seine Leidenschaft für die Musik mit Tochter Claudia Frangi, die das Präsidium im Jahr 2021 übernimmt.

Begonnen hat die einmalige Erfolgsgeschichte am Bären-Stammtisch des Männerchors. An einem Winterabend riefen die Jazzfreunde Bruno Frangi, Hansjürg Moser und Willi Schnetzer sowie die mittlerweile verstorbenen Rudolf Amacher, Victor Böhlen und Ueli Anliker ein Festival ins Leben, welches inzwischen weit über die Region hinaus bekannt und geschätzt ist.
An der Premiere im Herbst 1991 spielten die einheimischen «Swinging Forties Jazzband». «Mit Chris Barber gastierte an der zweiten Austragung, einer der bekanntesten New-Orleans Musiker Europas. Eine weitere Jazzlegende gab sich mit dem englischen Trompeter Humphrey Lyttelton im Bärensaal die Ehre», gerät Bruno Frangi ins Schwärmen.
Immer wieder hat es der Programmchef geschafft, Künstler von internationalem Renommee an den Jazz-Tagen zu präsentieren, die sonst in der Region kaum aufgetreten wären. «Was 1991 zunächst im kleinen Rahmen mit Dixieland und New-Orleans-Jazz angefangen hat, ist heute ein Event gespickt mit populärem Jazz in seiner ganzen Bandbreite bis hin zu Blues, Rock, Gipsy und Latin Jazz», sagt der 75-Jährige.

Hochklassiges Entertainment
«Wir setzen auf Qualität, und engagieren ausschliesslich Bands, die wir live gehört und gesehen haben. Meine Frau Susanne hat mich oft dabei begleitet, obschon ihre wahre Liebe der klassischen Musik gehört», erzählt Bruno Frangi. Seit 1998 finden die Jazz-Tage im katholischen Kirchgemeindehaus statt. Besucher aus der ganzen Schweiz pilgern alljährlich in den Oberaargau um ihre Stars hautnah spielen zu sehen. So verglich Band-Leader Dani Felber die Stimmung mit derjenigen in den Jazzclubs Nordamerikas. Mit einem Live-Mitschnitt während dem Konzert mit dessen Big Band Explosion verewigen sich die Jazz-Tage 2014 sogar auf Tonträger. Getauft wurde die CD zum 25-Jahre-Jubiläum ein Jahr später in Langenthal.

Langenthal als Jazzhochburg
Bruno Frangi blickt auf unzählige musikalische Sternstunden zurück. Etwa als 2001 die «Swiss Army Big Band» mit Pepe Lienhard im ausverkauften Haus spielte. Sammy Rimington, ein Klarinettist von Weltformat, lief quer über die Tische und riss das Publikum ebenso zu Beifallsstürmen hin wie die «SWR Big Band». Zu den Glanzpunkten zählte Sydney Ellis, die afroamerikanische Blues-Lady mit Powerstimme. Ein persönliches Highlight war für Bruno Frangi 2011 der erstmalige Auftritt in der Schweiz von Greetje Kauffeld, einer Grand Dame des Jazz. Und an den 22. Jazz-Tagen brachte man mit der Hammond-Organistin Barbara Dennerlein einen weiteren Weltstar nach Langenthal.

«Keep Swinging»
Mit diesem beschwingten Gruss (Keep Swinging) unterzeichnet Bruno Frangi gerne seine Mitteilungen. Begonnen hat seine Faszination für den Jazz schon als Zwölfjähriger: «1958 weilte der amerikanische Bandleader und Komponist Quincy Jones in Paris. «Infolge glücklicher Umstände konnte ich das einzige Schweizer Konzert seiner Big Band in Lausanne besuchen.» Der Jazzliebhaber erinnert sich auch an seine erste Platte «Dans les rues d’Antibes» von Sidney Bechet; aber schon bald hörte er vor allem Ray Charles. Seine Begeisterung für die Musik hat er an seine Tochter weitergegeben. Claudia Frangi übernimmt nach der Hauptversammlung im Januar 2021 die Leitung des Traditionsfestivals. Auf die Frage, ob sie «nur» mit Jazz aufgewachsen sei, meint sie lachend, dass sie in ihrer Jugend ein grosser Fan war von «Depeche Mode». Besonders nah gehen ihr gute Texte und Gesang, etwa von Norah Jones. Aber auch Stefan Eicher oder Patent Ochsner gefallen ihr. «Wenn einem Musik bewegt, ist die Stilrichtung unwichtig. Wir haben schon vor einiger Zeit das musikalische Spektrum der Jazztage geöffnet und wollen weiterhin auch junge Menschen ansprechen, ohne den traditionellen Jazz zu vernachlässigen», sagt die Langen­tha­lerin, die als Teamleiterin Immobilienbewirtschaftung bei Wincasa tätig ist.
Zuerst als Revisorin und ab 2011 als Moderatorin gehört sie zum OK der Jazz-Tage: «Es macht immer sehr viel Spass, diesen Anlass mit einem top motivierten Team zu organisieren. Die Freude an der Musik und die Freude der Besucher nach jedem Konzert haben mich motiviert, diesen Anlass weiterzuführen.» Gibt es Künstler, die sie gerne engagieren möchte? «Genial wäre, wenn wir die US-amerikanische Jazz- und Soulsängerin Dee Dee Bridgewater nach Langenthal holen könnten», sinniert die 45-Jährige. Neben der Musik zählen Reiten, Lesen und Kochen zu ihren Hobbys.

Blue Notes, Stilmix und viel Herzblut
Eines der Erfolgsgeheimnisse für den jahrelangen Publikumserfolg ist neben der musikalischen Qualität mit internationalen Topbands die Stilvielfalt und Offenheit der Macher für Neues und Unkonventionelles. So wurde an den 24. Jazz-Tagen erstmals eine kubanische Spitzenformation engagiert. Das ausverkaufte Konzert dauerte bis weit nach Mitternacht.
Mut für ein aussergewöhnliches Experiment zeigte das Team mit einem Konzert der Sängerin Vera Kaa und der Toggenburger Kult-Band «Die Regierung». «Die fünf Männer mit einer Beeinträchtigung spielen anders, schräg und sie verdienen es, auf einer grossen Bühne zu stehen», argumentiert Bruno Frangi und erinnert sich an ein weiteres berührendes Erlebnis mit dem Auftritt von Frederic Schlick. Unmittelbar nach dem Konzert fuhr der schwer kranke Akkordeonist zurück ins Strassburger Spital.
Heuer zum dritten Mal trat der 27-jährige Sinti-Gitarrist Gismo Graf auf, der mit seinem Trio in der Top Liga des Gypsy Jazz spielt. «Dieses Engagement ist zugleich eine Herzensangelegenheit, um Vorurteile gegenüber den Roma abzubauen, die eine eigenständige Kultur und musikalische Tradition haben», betont Bruno Frangi.
Über den Blues werden oft Zuhörer erreicht, die dadurch den alten Jazz entdecken. Speziell sind die Blues-Doppelkonzerte, welche jeweils in einer Jam-Session gipfeln. Auch Hackbrettvirtuose Nicolas Senn, R&B-Musiker Marc Sway und Soulsänger Seven begeisterten ein junges Publikum.
So werden auch nächstes Jahr Jazzflaggen im Stadtzentrum von Langenthal die 31. Jazz-Tage ankünden.

Von Brigitte Meier