• Philipp Ruf (links) gehört zu jenen 132 Zivilschützern, die per Jahresende 2020 aus der Dienstpflicht entlassen werden. Neben ihm Kommandant Christian Lehmann aus Huttwil, der auch die Corona-Einsätze der Zivilschutzdienstleistenden am SRO-Spital in Langenthal koordinierte. · Bild: Hans Mathys

04.01.2021
Langenthal

Corona-Einsätze prägten das Zivilschutz-Jahr

Für den Zivilschutz Region Langenthal mit dem Huttwiler Kommandanten Christian Lehmann war 2020 ein besonderes Jahr. Während der Pandemie leisteten über 80 Zivilschutzangehörige Corona-Einsätze – und per Ende 2020 wird der Bestand zufolge der Revision des Bundesgesetzes um 132 auf rund 350 reduziert.

Eigentlich wollte der Zivilschutz Region Langenthal Anfang Dezember seine traditionelle Entlassungs- und Ernennungsfeier durchführen. Daraus wurde wegen der Corona-Pandemie nichts. Der gemütliche Abend mit der Abgabe der «sauberen und intakten» persönlichen Ausrüstung, den anschliessenden Dankesreden und Beförderungen sowie dem offerierten Nachtessen musste ersatzlos gestrichen werden. Die 132 zu entlassenden Schutzdienstpflichtigen werden deshalb ihre Ausrüstung erst am 27. und 28. Januar 2021 zwischen 16.30 und 18.30 Uhr bei der Truppenunterkunft in Langenthal abgeben. «An diesen beiden Abgabeterminen werden die abtretenden Schutzdienstpflichtigen jedoch als Zeichen unserer Wertschätzung für ihren geleisteten Dienst ein Geschenk überreicht bekommen», verrät Marianne Howald vom Amt für öffentliche Sicherheit der Stadt Lan­genthal. Sie nennt auch die Beförderungen per 1. Januar 2021: Adrian Ammann zum Leutnant (Offizier Führungsunterstützung), Lino Cassani und Alain Flaig auch je zum Leutnant (Offiziere Unterstützung) sowie Fritz Loosli zum Oberleutnant Unterstützung.

Reduktion auf 350 Zivilschützer
Dass die Rekordzahl von 132 Schutzdienstpflichtigen gleichzeitig entlassen wird, ist das Ergebnis der Revision des neuen Bundesgesetzes. Kommandant Christian Lehmann zu den Neuerungen: «Für die höheren Unteroffiziere und Offiziere dauert die Schutzdienstpflicht wie bis anhin vom 20. bis zum 40. Altersjahr. Somit durften wir den Jahrgang 1980 aus der Dienstpflicht entlassen. Neu haben Mannschaft und Unteroffiziere noch 14 Jahre oder 245 Tage Dienst zu leisten. Wir entliessen bei der Mannschaft und den Unteroffizieren folglich die Jahrgänge 1980 bis 1987.
Die Schutzdienstpflichtigen können weiterhin freiwillig Dienst leisten. Einige Personen haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Dies freut uns ausserordentlich.» Der Zivilschutz Region Langenthal wird als Folge der Revision ab dem 1. Januar 2021 auf nur noch rund 350 Angehörige reduziert. «Unsere Organisation wird dann noch drei Einsatzkompanien und eine Stabskompanie umfassen», weiss der 39-jährige Kommandant Christian Lehmann. Der Vater zweier Kinder ist verheiratet und wohnt in Huttwil. Seinen beruflichen Werdegang schildert er so: «Nach der Berufslehre als Anlagen- und Apparatebauer absolvierte ich die Rekrutenschule, entschied mich für eine Kaderlaufbahn bei der Armee und trat anschliessend ins Berufsmilitär-Korps bei den Rettungstruppen ein. Ich war als Berufsunteroffizier während 15 Jahren in der Ausbildung in Rekruten- und Ka­der-
schulen tätig. Seit dem 1. Februar 2020 bin ich im Amt für öffentliche Sicherheit der Stadt Langenthal tätig als Fachbereichsleiter Zivilschutz, Feuerwehr, Quartieramt und Kommandant des Zivilschutzes Region Langenthal.»

«Kurzfristig und flexibel agieren»
Der Huttwiler zu seinen aktuellen Hauptaufgaben: «Als Kommandant der Zivilschutzorganisation verantworte ich die organisatorische, personelle, materielle, administrative und fachliche Führung. In einem normalen Jahr würde ich zusammen mit der Geschäftsstelle, den Kompaniekommandanten und dem Kader die Wiederholungskurse planen, vorbereiten und durchführen.»
Im Jahr 2020 wurden die Wiederholungskurse jeweils geplant und vorbereitet – und dann leider wieder abgesagt. «Fünf Kompanien hätten ihren Wiederholungskurs leisten sollen, doch wir konnten letztlich nur einen durchführen.» Während der Pandemie leisteten über 80 Angehörige des Zivilschutzes – abgekürzt AdZS – einen Einsatz. Auch diese Einsätze mussten geplant und durchgeführt werden. «Die ganze Zeit stehen wir in engem Kontakt mit unseren Anschlussgemeinden und den Partnerorganisationen – insbesondere dem Regionalen Führungsorgan. Unser Team auf der Geschäftsstelle und im Bereich Logistik war 2020 wegen Corona gefordert. Wir mussten das ganze Jahr über sehr kurzfristig und flexibel agieren. Ausserdem wurden die gesetzlichen Grundlagen geändert, und wir mussten deshalb zur gleichen Zeit unsere Organisation anpassen. Dank der guten Zusammenarbeit konnten wir diese Herausforderungen erfolgreich meistern», so Christian Lehmann

Corona-Einsatz ab 4. Januar 2021
Der nächste Corona-Einsatz des Zivilschutzes Region Langenthal ist ab 4. Januar 2021 geplant. Dies wiederum im Spital SRO in Langenthal, zumal gegenwärtig keine weiteren Unterstützungsbegehren vorliegen. «Wir halten uns jedoch für weitere Einsätze bereit», betont Kommandant Christian Lehmann, der auf die Corona-Einsätze 2020 zurückblickt: «Der erste Corona-Einsatz lief vom 3. April bis 15. Mai während sechs Wochen rund um die Uhr – inklusive an Wochenenden. Der zweite Einsatz begann am 9. November und lief bis am 23. Dezember. Wir waren im Spital SRO in Langenthal im Einsatz. Dabei standen AdZS aller Dienstgrade im Einsatz. Denn nebst dem Einsatz vor Ort musste auch die Logistik und Administration im Hintergrund sichergestellt werden.»

Aufwändige Einsatzplanung
Wie erfolgten jeweils die Aufgebote? Christian Lehmann: «Wir haben alle AdZS persönlich angefragt. Viele Dienstpflichtige konnten aufgrund des Lockdowns ihre berufliche Tätigkeit nur eingeschränkt oder gar nicht ausüben und haben uns ihren Einsatz zugesichert. Dieses Vorgehen war aufwändig, aber wir mussten niemanden zum Einsatz zwingen. Wir nahmen erst telefonisch Kontakt auf und haben anschliessend ein Aufgebot zugestellt. Bezüglich der Einsatzpläne erfolgte die Koordination durch unsere Geschäftsstelle.» Die Einsätze seien glücklicherweise auch deshalb gut abgelaufen, weil sich seines Wissens dabei niemand mit dem Corona-Virus angesteckt habe.

Arbeiten für die Öffentlichkeit
Bei den Einsätzen des Zivilschutzes Region Langenthal mit dabei war auch der 42-jährige, ledige Philipp Ruf. Seine Zivilschutz-Dienstzeit endet Ende 2020. Der gelernte Elektromonteur und Servicemonteur im Bereich Elektro begann beim Zivilschutz von 2000 bis 2002 als Rettungspionier, engagierte sich von 2002 bis 2006 als Korporal (Gruppenführer) und ist seither Leutnant (Zugführer). «In der Kompanie 3 der Zivilschutz-Organisation bereiteten mir die Einsätze mit den kompetenten Zivilschützern immer sehr viel Freude. Es war jeweils eine willkommene Abwechslung zum beruflichen Alltag. Wir konnten vielseitige und sinnvolle Arbeiten zu Gunsten der Gemeinden beziehungsweise der Öffentlichkeit erstellen. Die Kollegialität und Wertschätzung untereinander waren immer sehr hoch.»
Wie sieht es aber mit dem zeitlichen Aufwand aus? Der 42-Jährige: «Pro Jahr sind das fünf Tage Wiederholungskurs und zusätzlich rund zwei Tage mit dem Kader. Hinzu kommen noch etwa drei Abendrapporte gemäss Aufgebot. In dieser Zeit konnten die Vorbereitungsarbeiten getroffen werden. Mein Aufgabenbereich umfasst die Vorbereitungsarbeiten für den Wiederholungskurs – beispielsweise das Vorrekognoszieren der Einsatzorte, die Absprachen mit den Gemeindeverantwortlichen, das Erstellen von Material- und Rüstlisten sowie der Mannschaftseinteilung. In meine Verantwortung fallen die Sicherheit und Ausbildung der Mannschaft während des Wiederholungskurses. Ausserdem sollten die zugewiesenen Arbeitsziele abgeschlossen werden. Ich bin sozusagen die Schnittstelle zwischen Gruppenführer und Auftraggeber.»

Zugführer mit Corona-Einsatz-Fazit
Für Pionieroffizier Philipp Ruf war das Jahr 2020 sehr speziell. Sein Fazit: «Das geplante Rekognoszieren am 16. März 2020 wurde wegen des Lockdowns kurzfristig abgesagt. Sämtliche Wiederholungskurse, Abendrapporte und Zusammenkünfte für das Jahr 2020 wurden immer wieder abgesagt oder umdisponiert, weil sich die Regeln des Bundesrates oder des Kantons ständig geändert haben. In der Woche vom 20. bis 24. April 2020 stand ich im Spital SRO in Langenthal bei der Eintrittskontrolle im Schichtbetrieb im Einsatz. Im Vorfeld war ich angefragt worden. Weil in jener Woche ein Wiederholungskurs geplant war, wurde dieser kurzfristig zum Covid-19-Einsatz. Darauf, dass dieser im SRO erfolgte, hatte ich keinen Einfluss. Für meine Position ist es auch nicht massgebend, ob ich mich in einem Spital oder Altersheim engagiere. Wir gehen einfach dorthin, wo wir gebraucht werden und wo entsprechende Hilfebegehren gestellt wurden. Es ist auch so, dass unsere Zivilschutzdiensttage vom Bund oder Kanton bewilligt werden müssen. Im Spital SRO mussten wir drei Eingänge bewachen und überwachen. Patienten, die den Covid-19-Test durchführen mussten, durften nicht durch den Haupt- beziehungsweise Notfalleingang ins Spital, sondern mussten den speziell eingerichteten Covid-19-Eingang benutzen. Diese Triage erfolgte durch fünf Zivilschutzdienstleistende Tag und Nacht.»

«Eine ungewohnte Belastung»
Der Langenthaler Philipp Ruf blickt dankbar auf seine Einsätze zurück – auch auf das Corona-Engagement 2020 im Spital SRO: «Die Befehle wurden durch die Vertretung des SRO erteilt. Die Tätigkeiten waren fokussiert auf die Zutrittskontrolle der Patienten. Die Belastung im 24-Stunden-Betrieb mit fünf Personen war für uns sehr ungewohnt, jedoch konnten wir auch diese Situation mit den Gruppenführern und Pionieren gemeinsam meistern. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des SRO war sehr gut. Unsere Hilfe und Unterstützung wurde von allen sehr geschätzt und auch angenommen. In jener Woche waren wir wie Mitarbeiter des SRO – und dem SRO danke ich auch an dieser Stelle nochmals herzlich. Grundsätzlich ist ein Aufgebot des Zivilschutzes in Notlage jederzeit möglich. Ob dies dann das Spital SRO oder eine andere Institution betrifft, kann ich nicht beeinflussen. Diese Herausforderung würde ich jederzeit wieder annehmen, doch leider endet meine Zivilschutzdienstpflicht. Dies nach 20 Jahren Diensteinsatz. Nun wird es Zeit, dass jüngere Leute diese Herausforderung annehmen und weiterführen. Solche speziellen Einsätze kann ich nur empfehlen. Sie schweissen eine Gruppe zusammen. Nebst dem Covid-19-Einsatz bleiben mir die Nothilfe-Einsätze wie die Naturkatastrophen mit gewaltigen Überschwemmungen in Brig von 2000 und in Eriswil von 2007 in spezieller Erinnerung. Sehr motiviert haben wir unsere Hilfe und Unterstützung beispielsweise auch gerne im Jahr 2013 am Eidgenössischen Schwingfest in Burgdorf oder an diversen Wiederholungskursen bei der Gestaltung von Grill- und Spielplätzen geleistet.»

Von Hans Mathys