• Die Region des «Unter-Emmentaler» in den Fängen des Corona-Virus – Keine Fasnacht (im Bild der leere Wuhrplatz in Langenthal mit Konfetti), Eishockey vor leeren Zuschauerrängen, keine Fussballspiele, leere Regale bei den Grossverteilern und ein Spital, welches sich auf eine mögliche Pandemie vorbereitet: Der Corona-Virus hält die Region in Atem. Der «Unter-Emmentaler» hat nachgefragt und Konsequenzen aufgelistet.

  • Schon am Mittag war beinahe alles leergeräumt, bis am Abend standen fast alle Regale in den regionalen Läden leer.

  • Im «Haslibrunnen» wird von Besuchen abgeraten, wenn ein Infektionsverdacht besteht. · Bilder: Leroy Ryser

03.03.2020
Luzerner Hinterland

Coronavirus beschäftigt auch die «UE»-Region

Das Coronavirus beschäftigt auch die Region: In den Apotheken sind Gesichtsmasken längst ausverkauft, auch Desinfektionsmittel gehen langsam zur Neige. In den Grossverteilern wie Coop und Migros sind Konserven und Teigwaren besonders beliebt, weil sich die Bevölkerung mit diesen Waren sicherheitshalber eindecken will.

Region · Der Coronavirus dominiert seit Wochen die Schlagzeilen in der gesamten Welt. Wie kann man sich schützen, wie gefährlich ist das Virus und wie geht es weiter sind nur einzelne Fragen, mit denen sich mittlerweile auch die Bürger der Region befassen. In der Huttwiler «Benu Pharmacie» bemerkt man dies schon länger eindeutig. «Gesichtsmasken sind seit gut drei Wochen ausverkauft», sagt die Leiterin Dr. Karin Pohl. Auch Hand-Desinfektionsmittel sind so gut wie ausverkauft, als Alternative wird, solange vorhanden, Alkohol zur Desinfektion angeboten. «Oft kommen Leute vorbei und sagen, sie brauchen Masken, Desinfektionsmittel oder Hustensaft. Erst im Gespräch bemerkt man dann, dass der Coronavirus der Grund dazu ist.» Gerade dass Hustensaft zur Vorbeugung einer Grippe helfe, sei aber ein Irrglaube. Die Stärkung des Immunsystems, auch durch einen gesunden Lebenswandel, würde da schon besser helfen, weiss Dr. Karin Pohl. «Wir raten den Kunden, dass sie sich an die Vorgaben des Bundesamtes für Gesundheit halten, die Hände öfter mit Wasser und Seife waschen, mit den Händen nicht ins Gesicht greifen und in ein Taschentuch oder in die Ellenbeuge husten oder niesen.» Ins Grübeln komme man hin und wieder aber durchaus, sagt auch Mitarbeiterin Marlen Ott. «An einem der Nachmittage kam jemand vorbei, der stark gehustet hat und sich über hohes Fieber beklagte. Im Beratungsgespräch konnte die Situation aber rasch geklärt werden, zumal die Person sich bereits in ärztlicher Behandlung befand. Mit solchen Menschen kommen wir in der Apotheke automatisch in Kontakt, weshalb man sich dann durchaus fragt, was genau der Grund für deren Erkrankung ist.» Deshalb gilt auch hier, die Ratschläge des Bundesamtes für Gesundheit zu beachten. «Wir raten den Leuten, dass sie im Corona-Verdachtsfall nicht persönlich vorbeikommen, sondern zuhause bleiben und bei der BAG-Hotline, beim Hausarzt oder im Spital anrufen.» Dies, weil man durch den Kontakt mit anderen Menschen das Virus weiterverbreiten könnte.

Masken helfen nur beschränkt
Dabei ist das Coronavirus nach heutigem Wissen zwar gefährlicher als eine gewöhnliche Grippe, letztlich sind aber vor allem ältere, geschwächte Menschen gefährdet. «Für uns stellt sich in diesem Zusammenhang vor allem die Frage, wie wir unsere Grosseltern schützen. Bei unter 60-Jährigen scheint der Krankheitsverlauf milder zu sein.» Karin Pohl rät deshalb wiederholt, die Ratschläge des Bundesamtes für Gesundheit und die empfohlenen Hygienemassnahmen zu befolgen. «Gesichtsmasken tragen sollte eigentlich nur, wer selbst krank ist. Schutz vor Ansteckung bietet eine solche Maske nur beschränkt.» Und: Händewaschen mit Seife ist fast genauso effektiv wie das Desinfizieren mit Alkoholpräparaten.
Besser sah es zuletzt noch die Turm-apotheke Langenthal aus, die immerhin noch einen kleinen Bestand an Desinfektionsmitteln hatte, verrät Leiterin Sarah May noch am späten Freitagnachmittag. «Wir bemerken, dass die Bevölkerung verunsichert ist und auf das Virus reagiert. Die Nachfrage nach solchen Produkten ist gestiegen.» Für verängstigte Bürger liegt derweil ein Flyer bereit, auf dem mit dem richtigen Umgang hingewiesen wird, grundsätzlich werden die Tipps vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) weitergegeben. Immerhin die Mitarbeiter machen sich laut Sarah May aber noch keine Sorgen: «Letztlich ist es eine Grippe, Panik oder ähnliches ist deshalb auch nicht angebracht.»

Hamsterkäufe auch in der Region
Apotheken sind aber nicht die einzigen Institutionen, welche die Angst vor dem Coronavirus bemerken, an einzelnen Orten in der Schweiz haben bereits Hamsterkäufe begonnen. Auch in Huttwil bemerkte man zuletzt, dass gerade Teigwaren und Konserven etwas beliebter waren als sonst. In Langenthal wurden jeweils, je später die Nachmittage wurden, die Konserven und Teigwaren knapp. Eine Mitarbeiterin verrät bereits am Samstagmittag, dass es tatsächlich mehrere Kunden gab, welche den Einkaufswagen randvoll mit Konserven, Teigwaren und Reis füllten und deshalb selbst im Lager die Ware auszugehen drohte. Abends waren die Grossverteiler deshalb ausgeschossen.
Ebenfalls geisterten immer wieder Meldungen umher, dass erste Fälle in der Region bestätigt wurden, dieser Verdacht erhärtete sich von offizieller Seite bisher aber nicht. Konsequenzen gezogen haben aber auch Altersheime, im Langenthaler Haslibrunnen beispielsweise wurde schon vor dem bundesrätlichen Entscheid auf die Konsequenzen des Corona-Virus hingewiesen. Auf einem Anschlagbrett (siehe Bild auf der Front) vor dem Eingang werden Besucher, die sich in den letzten zwei Wochen in Risikogebieten aufgehalten haben, aufgefordert, auf einen Besuch im Altersheim zu verzichten.

Rund 20 Personen getestet
Ebenfalls vorbereitet hat sich das Langenthaler Spital Region Oberaargau «SRO», dies verrät Reto Laffer, Leitender Arzt in der Infektiologie und der Spitalhygiene. «Wir haben Räumlichkeiten eingerichtet, in denen Personen getestet werden können. Dort wird dann ein Schnelltest, ein Nasen-Rachen-Abstrich, durchgeführt.» Solche Tests wurden im SRO am Wochenende etwa 20 Mal durchgeführt, alle fielen aber negativ aus. «Viele Personen sind verunsichert und ängstlich. Einzelne haben sogar bei uns angerufen, weil sie in einem chinesischen Restaurant gegessen haben und deshalb in Sorge waren», erklärt Reto Laffer. Dies sei jedoch unnötig, gefährdet sei schliesslich nur, wer sich in den letzten zwei Wochen in den Risikogebieten – China, Singapur, Norditalien und Iran – aufgehalten hat und über einen Atemwegsinfekt klagt.
Sollte aber dennoch ein Fall in der Region nachgewiesen werden, kann das SRO diese Person auch in Quarantäne nehmen. «Aktuell greift unser Pandemie-Konzept. Personen, die einen Verdachtsfall haben, werden auf gesonderten Wegen ins Spital gebracht und von den gewöhnlichen Kranken getrennt», so Reto Laffer weiter. Eine gewisse Aufregung sei deshalb durchaus spürbar, gerade am Wochenende habe sich die Situation aber auch wieder etwas entspannt. «Der Oberaargau ist in der aktuellen Zeit kein reisefreudiger «Kanton», weil ja auch noch die Fasnacht anstand. Von den zahlreichen Anrufern müssen deshalb nur die wenigsten auch wirklich getestet werden.» Wichtig sei einzig, dass Personen nicht einfach das Spital besuchen, sondern zuerst anrufen, am besten gleich bei der Hotline des Bundesamtes für Gesundheit (058 463 00 00), betont auch Reto Laffer, auch wenn diese zurzeit wegen starker Frequenz schwer zu erreichen sei.
Derweil sind die Auswirkungen des Corona-Virus auch in Rohrbach spürbar – oder zumindest bedingt. Bei der Lanz-Anliker AG, die medizinische Produkte beispielsweise für den Strahlenschutz herstellt, sind mehrere Anfragen eingegangen, ob auch die rar gewordenen Mundschütze produziert werden könnten. Inhaber Peter Hirschi hat aber, wie er gegenüber dem «UE» mit einem Schmunzeln verrät, bisher darauf verzichtet.

Von Leroy Ryser