• Die Dahomeys sind sehr gut geeignet für steile Weiden.

  • Dahomeys auf dem Hof Bisegg-Matte in Madiswil. Ausgewachsen werden die Kühe bis 95 Zentimeter gross und wiegen bis zu 210 Kilogramm. · Bilder: Marianne Ruch

  • Patchwork-Familie: Esther Hürlimann mit Jeanne, das Grosi Vreni Loosli, Andreas Hirschi mit Amy und Calvin. · Bild: zvg

18.01.2021
Oberaargau

Dahomey Kühe in Madiswil – die kleinste Rinderrasse der Welt

Andreas Hirschi aus Madiswil hat auf seinem Bisegg-Matte-Betrieb zusammen mit seiner Partnerin Esther Hürlimann eine Herde Dahomey Mutterkühe. Das sogenannte Dahomey-Zwergrind , das sich in Westafrika ohne menschliches Zutun entwickelt hat. Übermorgen Donnerstag wird ihr letztes normal grosses Rind auf ihrem Betrieb geschlachtet. Das ist die erste Hofschlachtung bei der Bauernfamilie.

Madiswil · Als Andreas Hirschi den gut fünf Hektar grossen Betrieb zusammen mit seinem Bruder Hans-Ulrich 2018 von deren Vater in Pacht genommen hat, wurde dieser noch als Milchwirtschaftsbetrieb geführt. Im 2019 stellten sie den Betrieb mit den bestehenden Kühen auf Ammenkühe um und im Dezember 2019 kamen die ersten zwei kleinen Dahomey-Mutterkühe nach Madiswil. «Es ist nicht einfach, reinrassige und DNA-geprüfte Dahomey Kühe oder Rinder zu finden», sagt Andreas Hirschi. Viele Tiere seien mit anderen Rassen gekreuzt worden. Mittlerweile halten sie eine Herde von fünf Kühen und drei Kälbern. Anfang Juli werden die nächsten Kälber zur Welt kommen. Ein Kalb wiegt bei seiner Geburt 10 bis 15 Kilogramm und ist gerade mal 45 Zentimer gross. Eine ausgewachsene Kuh ist 80 bis 95 Zentimeter gross und wiegt 150 bis 210 Kilogramm. Zum Vergleich: Eine normale Kuh wiegt 400 bis 800 Kilogramm und die Widerristhöhe beträgt 115 bis 165 Zentimeter.

Das Grosi ist nicht mehr die Kleinste
«Eigentlich ist das Dahomey-Zwergrind ein Wildtier, das stets auf Flucht eingestellt ist. Sein Mutterinstinkt ist sehr ausgeprägt und es braucht viel Zeit, bis man ihr Vertrauen gewonnen hat», sagt Esther Hürlimann. «Es ist eine spezielle Rasse, die nicht jeder hat. Sie sind sehr anpassungsfähig und fressen alles. Daher haben wir uns für die Dahomeys entschieden.» Und mit einem verschmitzten Seitenblick fügt Andreas Hirschi hinzu: «Damit das Grosi nicht mehr die kleinste ist.» Das Dahomey-Rind ist keine Milch- und auch keine reine Fleischnutzungsrasse, einfach Mutterkuh und auch ein bisschen eine Liebhaberrasse.
Seit September 2020 gibt es den Verein Dahomey Schweiz. Das Ziel des Vereines ist es, die Zucht im Sinne der ­Erhaltung der Rasse und die Interessen der Züchter zu vertreten. Esther Hürlimann hat die Aufgabe als Aktuarin im Verein übernommen. Bei Mutterkuh Schweiz ist ein kleiner Bestand von rund 150 Dahomey-Kühen und sieben Dahomey-Stieren registriert.
Bei der aufgestellten und motivierten Patchwork-Familie packen alle mit an. Es geht gar nicht anders, da Andreas Hirschi im Vollpensum als Disponent auswärts arbeitet. Auch Esther Hürlimann arbeitet zu 100 % auswärts als Bauführerin. Da ist das Grosi, Vreni Loosli, die gute Seele im Betrieb. «Ohne sie ginge es nicht», stellen die beiden klar. Da neben den Dahomeys auch noch Pferde, ein Pony, Zwergziegen, ein Hund, Katzen und Zwergkaninchen zu finden sind.
Das Betriebsleiterpaar hat sich für die Zukunft viel vorgenommen: Als erstes möchten sie den Betrieb nicht mehr in Pacht führen, sondern ganz übernehmen. «Die Wohnung möchten wir gerne umbauen, wir wohnen momentan noch im Dorf und nicht hier auf dem Betrieb», sagt die 36-Jährige. Ein Pensionsstall für vier Pferde soll entstehen, Duroc-Schweine würde Esther Hürlimann auch gerne halten und im Stall ist alles eher noch provisorisch an die kleinen Kühe angepasst. «Wenn alles realisiert ist, hätten wir gerne so etwas wie einen Erlebnishof, wo Fleisch gekauft, selber Äpfel und Birnen gepflückt und die Tiere angeschaut werden können», sagen die beiden. Aber eines nach dem anderen und am Schluss soll es ganz nach ihrem Motto: «klein, aber fein» sein.

Erste Hofschlachtung ­und Direktvermarktung
Übermorgen Donnerstag, 21. Januar, findet auf ihrem Betrieb ihre erste Hofschlachtung in Zusammenarbeit mit Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH aus Lützelflüh statt. Ihr letztes normal grosses Rind soll in seiner gewohnten Umgebung geschlachtet werden. Dies bedeutet für das Tier viel weniger Stress, keine Angst und kein Verladen in einen Viehtransporter. «Das ist uns sehr wichtig und zeigt den Respekt vor dem Tier», stellen sie klar. Ein eigens dafür gebautes Equipment in Form eines Fangmodules mit Fressgitter, in welchem das Tier anschliessend in die Metzgerei transportiert wird, wird vorgängig von der Platzhirsch GmbH zur Verfügung gestellt. Das Tier kann sich somit ein paar Tage lang an das Fressgitter gewöhnen. Bis im Juli 2020 fehlten in der Schweiz rechtliche Grundlagen für die Bewilligung von Hofschlachtungen, dies hat sich mit dem Beschluss vom Bundesrat im Mai 2020 geändert. Das ganze unterliegt sehr strengen Auflagen und wird dokumentiert und kontrolliert. Das Fleisch wollen sie anschliessend selbst vermarkten.

Der Hof ist offen für Besucher
Über ihre Internetseite, welche gegenwärtig noch am Entstehen ist, können Bestellungen aufgegeben werden. «Der Konsument kann hier Einsicht in unseren Betrieb nehmen und sehen, woher sein Fleisch kommt.» Das sei in der heutigen Zeit sehr wichtig, meint der 47-jährige ­Andreas Hirschi. «Wir haben nichts zu verbergen, und mit Voranmeldung darf unser Betrieb gerne vor Ort ­besichtigt werden.»

Von Marianne Ruch