• Christine Thomann (links) und Tanja Schwammberger freuen sich auf die zusätzliche Wohnsituation in Kleindietwil. · Bild: Marianne Ruch

  • Das Haupthaus «Oase» in Rohrbachgraben bleibt bestehen.

  • Das neue Reiheneinfamilienhaus für die Gruppe «Ocean». · Bilder: zvg

  • Der Innenhof bei der neuen Wohnung bietet viel Platz für die Teenie-Mädchen.

14.10.2022
Oberaargau

Das Haus Oase erweitert Wohnsituation

Nein, umziehen wird das Haus Oase in Rohrbachgraben nicht. Es weitet lediglich die Wohnsituation aus. Denn um den Kindern eine altersgerechte Wohnsituationen bieten zu können, brauchen sie mehr Platz. Leider ergab sich für die Institution für betreute Kinderwohngruppen auch nach langer Suche keine Wohngelegenheit in Rohrbachgraben. In Kleindietwil fanden sie in einem

Reiheneinfamilienhaus nun den geeigneten Platz, um mit vier Mädchen im Teeniealter eine Wohngruppe zu bilden.

Rohrbachgraben/Kleindietwil · «Die Kinder sind älter geworden und das Bedürfnis nach eigenen Zimmern ist da und auch verständlich. Dem wollen und müssen wir gerecht werden, darum erweitern wir unsere Wohnsituation», erklärt Christine Thomann, die Institutionsleiterin im Haus Oase. Zudem sei es einfacher in kleineren Gruppen. «So können wir auch auf die altersgerechten Bedürfnisse besser eingehen. Ein Baby hat nicht die gleichen Bedürfnisse wie ein achtjähriges oder 14-jähriges Kind», erklärt die Sozialpädagogin.

Kleindietwil bot sich an
Auch nach langer Suche fand die Institution kein Haus oder Wohnung in Rohrbachgraben, um die Räumlichkeiten zu erweitern. «Das Ziel wäre schon gewesen, in Rohrbachgraben zu erweitern», bedauert Christine Thomann. In Kleindietwil bot sich die Gelegenheit in einem Reiheneinfamilienhaus, welches genug Platz, einen kleinen Garten und einen Innenhof mit Platz zum Verweilen hat. «Natürlich ist es ein anderer Ort und es wird sicher anders sein als bisher. Aber ich kenne ja die Kinder, habe ein gutes Team, auf das ich mich verlassen kann, und ich freue mich auf die neue Herausforderung», sagt Tanja Schwammberger, welche die Leitung am neuen Standort übernehmen wird. «Es wird mit sechs Personen, den vier Mädchen und zwei Betreuenden, familiärer sein. Ich sehe es als grosse Chance für die Teenie-Girls», freut sie sich. Ein kleiner Umbau wird noch von Nöten sein. Denn die Anforderung, dass die betreuenden Personen ein eigenes Bad sowie ein Pikettzimmer zur Verfügung haben müssen, ist in Kleindietwil noch nicht gegeben.
«Unser Ziel wäre es, noch während den Herbstferien mit der neuen Gruppe ‹Ocean› zu starten. Das wird wohl knapp werden, es ist noch nicht alles fertig. Aber wir freuen uns, wenn wir so bald wie möglich einziehen und starten können», sagt Christine Thomann. Die neu gebildete Wohnsituation soll den jungen Mädchen die Chance auf Selbstständigkeit ermöglichen. «Wir möchten den Mädchen gerne die lebenspraktischen Fertigkeiten wie etwa Wäsche waschen, Kochen, Putzen oder Kuchen backen sowie das Anpassen an die Gesellschaft und alles weitere, was zum Leben gehört, beibringen. Sodass sie gestärkt und selbstständig in ihr erwachsenes Leben starten können», erklärt Christine Thomann.

Kinder aus schwierigen Verhältnissen
Die Kinder, vom Baby bis zu ihrem 18. Altersjahr, stammen aus belasteten Familien. «Heute werden die Familien immer zuerst mit ambulanten Angeboten wie etwa der von uns angebotenen Familienbegleitung unterstützt. Mit diesem Angebot wird nach Möglichkeit in der Familie und der jeweiligen Umgebung ein Netz aufgebaut, welches die Familie unterstützen und tragen hilft, damit die Familie zusammenbleiben kann. Leider sind nicht immer genügend Ressourcen in den Familien vorhanden, weshalb dann die stationäre oder teilstationäre Kinderbetreuung notwendig wird», erklärt die Institutionsleiterin.
Momentan betreut das Haus Oase zwölf Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren. «Wir haben viele Anfragen, die immer so in Wellen kommen», erklärt die 45-Jährige. Viele traurige Schicksale und Traumas stecken hinter einer Fremdplatzierung und die Kinder benötigen viel Zuwendung und Unterstützung. Dies bedarf auch vieler betreuender Personen. «Ja, auch wir haben mit Personalmangel zu kämpfen und suchen derzeit ausgebildete sozialpädagogische Fachpersonen sowie Praktikantinnen und Praktikanten und auch solche ohne Ausbildung», erklärt Christine Thomann.
Neben der Familienbegleitung zu Hause und der Heimbetreuung bietet der Verein Oase auch Beratungen auf psychosozialer Ebene für Paare oder auch Einzelberatungen an. Christine Thomann und ihre Stellvertreterin Linda Jordi absolvierten dazu eine Ausbildung in Individualpsychologie. Weiter bieten Tanja Schwammberger und Christine Thomann STEP-Erziehungskurse für Eltern und ganze Einrichtungen an. Die Teilnehmenden aus Einrichtungen können sich nach einem absolvierten Kurs nach STEP zertifizieren lassen. Auch ganze Einrichtungen wie KiTas oder Kinderheime können sich zertifizieren lassen. Das STEP-Erziehungskonzept ist auf der Individualpsychologie von Alfred Adler aufgebaut und lässt sich gut mit dem heutigen Wissen aus der Traumaforschung verbinden. «Wir arbeiten nach diesem Konzept und werden unser Haus Oase in Kürze nach STEP zertifizieren lassen», freut sich Christine Thomann.

Von Marianne Ruch