• Der bisherige Präsident der römisch-katholischen Kirchgemeinde Langenthal, Robert Zemp (links), mit seinem Nachfolger Philippe Groux (Huttwil) und Christine Käser, die Vizepräsidentin bleibt. · Bild: Hans Mathys

11.12.2020
Oberaargau

Der Huttwiler Philippe Groux übernimmt

Der 66-jährige Langenthaler Robert Zemp hat an der Versammlung der römisch-katholischen Kirchgemeinde Langenthal das Präsidium dem 53-jährigen Huttwiler Philippe Groux übergeben. In einem Videointerview stellte sich Odo Camponovo als neuer Gemeinde- und Pastoralraumleiter vor.

Die Versammlung der römisch-katholischen Kirchgemeinde Langenthal im Kirchgemeindehaus an der Hasenmattstrasse 36 begann mit einer traurigen, von Ratspräsident Robert Zemp verkündeten Nachricht. Am Sonntag, dem Tag vor der Versammlung, war Markus Müller, der hier bis Ende 2016 während 37 Jahren Hauswart war, bei einem Spaziergang am Burgäschisee durch Herzversagen verstorben. Die Versammlung gedachte dem allseits beliebten und geschätzten Verstorbenen mit einer Gedenkminute.
Josef Wiedemeier, der seine Arbeit als priesterlicher Mitarbeiter am 1. November 2020 aufgenommen hat, leitete mit besinnlichen Worten zu den traktandierten Geschäften über. Anwesend waren 32 von insgesamt 6603 Stimmberechtigten, also knapp 0,5 Prozent. Obwohl es sich um die «Budget-Versammlung» handelte, standen diesmal nicht die Zahlen im Fokus. Vielmehr galt es, einen neuen Kirchgemeindepräsidenten zu wählen. Dies wegen des Austritts infolge Amtszeitbeschränkung von Robert Zemp, der 24 Jahre Mitglied des Kirchgemeinderates war – die letzten zehn Jahre davon als Präsident.

«Fingerspitzengefühl, Weitsicht»
Christine Käser von der Pfarrei Wangen an der Aare, seit 2011 Ratsmitglied und seit 2013 Vizepräsidentin, würdigte die Verdienste von Robert Zemp. Sie strich dessen Fingerspitzengefühl, Weitsicht, Erfahrung sowie seine ruhige und beharrliche Art hervor. Er habe den Rat professionalisiert und das Ressort-System eingeführt. «Kirchenpolitisch sind wir mit ihm durch Dick und Dünn gegangen.» Etwas Spezielles sei der 2016 erfolgte Systemwechsel des Kirchgemeinderates im Zusammenhang mit der Errichtung des Pastoralraumes Oberaargau als Dach über die vier Pfarreien der Kirchgemeinde Langenthal (mit Langenthal, Huttwil, Wangen an der Aare und Herzogenbuchsee) gewesen. Christine Käser verabschiedete Robert Zemp «mit grosser Wertschätzung». Er habe auch immer ein Flair für Geschenke gehabt. Schmunzelnd übergab sie dem scheidenden Ratspräsidenten zur Erheiterung aller denn auch ein Präsent. «Ich habe diese Arbeit gerne gemacht», dankte Robert Zemp, erwähnte aber auch, dass in seiner Amtszeit zuweilen dunkle Wolken vorübergezogen seien und es auch einige Klippen zu überwinden galt. Er hat jedoch diese Herausforderung mit Sorgfalt und Umsicht gemeistert. Heute ist er froh, dass mit Odo Camponovo seit dem 1. November 2020 ein neuer Pastoralraumleiter ad interim die Pfarreien zusammen mit ihren Mitgliedern weiterentwickelt. Der pensionierte Schulleiter der Fachmittelschule Oberaargau und Pro-Rektor am Gymnasium Ober­aargau verlässt zwar den Kirchgemeinderat in Langenthal, engagiert sich jedoch weiterhin in der römisch-katholischen Landeskirche des Kantons Bern als Landeskirchenrat. Dort ist er für das Ressort Kommunikation verantwortlich.

Philippe Groux für Robert Zemp
Als Kirchgemeindepräsident der römisch-katholischen Kirche Langenthal stellte sich Philippe Groux von der Pfarrei Huttwil zur Verfügung. Der Huttwiler, geboren am 16. August 1967, wurde mit Applaus gewählt. Seit 2017 ist er mit einem eigenen Unternehmen unterwegs. «Ein kompetenter Mann», so Robert Zemp zu seinem Nachfolger. Philippe Groux präsidiert aktuell die Grünliberale Partei Ober­aargau, den Verein Kinderbetreuung Region Huttwil, Zukunft Oberaargau, leitet die Denkfabrik Oberaargau und engagiert sich in verschiedenen weiteren Institutionen. Mit Applaus für die Amtsperiode 2021 bis 2024 wie­dergewählt wurden die Mitglieder des Kirchgemeinderates Christine Käser (Mitglied seit 2011 von der Pfarrei Wangen an der Aare), Christoph Bos­sert (Mitglied seit 2017 von der Pfarrei Langenthal), Nikolina Kovac (Mitglied seit 2017 von der Pfarrei Huttwil), Rita Möll (Mitglied seit 2017 von der Pfarrei Herzogenbuchsee) und Christoph Schifferle (Mitglied seit 2016 von der Pfarrei Wangen an der Aare). «Die Huttwilerin Nikolina Kovac wollte eigentlich nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Als ich ihr dann aber einen Blumenstrauss angekündigt habe, liess sie sich erfreulicherweise umstimmen», lieferte Robert Zemp das Bonmot des Abends.

Je eine Ersatz- sowie Neuwahl
Infolge Amtszeitbeschränkung scheidet Ende dieser Legislatur per 31. Dezember 2020 neben Präsident Robert Zemp auch Ratsmitglied Graziella Schärer von der Pfarrei Herzogen­buchsee aus dem Kirchgemeinderat der römisch-katholischen Kirchgemeinde Langenthal aus. Sie wird sich jedoch weiterhin im kirchlichen Umfeld engagieren – in der Landeskirche des Kantons Bern als Sachbearbeiterin Personal. «Sie ist vom Fach», so Robert Zemp. Durch das Ausscheiden von Graziella Schärer wurde eine Ersatzwahl für die Vertretung der Pfarrei Herzogenbuchsee nötig. Die vom Kirchgemeinderat für das Landeskirchenparlament vorgeschlagene Gaby Schalbetter wurde mit Applaus gewählt. Als neue Kirchgemeinderätin wurde die Lotzwilerin Rebecca Schärli aus der Pfarrei Langenthal gewählt.

Investitionen auch in Huttwil
Fürs Jahr 2021 sind, so das fürs Ressort Immobilien zuständige Ratsmitglied Christoph Schifferle, Investitionen von 560 000 Franken geplant. 500 000 Franken betreffen die Sanierung des Kirchenturms in Langenthal, je 30 000 Franken die Sanierung Blitzschutz Kirche Langenthal und Schallschutz Pfarrsaal in Huttwil. Die für die Finanzen zuständige Rats-Vizepräsidentin Christine Käser stellte das Budget 2021 vor, das bei einem unveränderten Steuersatz von 0,19 Einheiten der einfachen Steuer ein Defizit von 162 000 Franken vorsieht. Dies bei einem Aufwand im Gesamthaushalt von 3,559 Millionen Franken. Das Defizit sei «kein Grund zur Besorgnis», hielt Christine Käser fest. «Die Steuern müssen deswegen nicht erhöht werden.» Robert Zemp dankte den Ratsmitgliedern Christine Käser und Christoph Schifferle sowie Finanzverwalter Patrik Rüttimann für die «hervorragende Arbeit» im Zusammenhang mit dem Budget. Die Versammlung stimmte dem unveränderten Steuersatz ebenso zu wie dem Budget 2021 und dann auch noch dem Investitionsbeitrag an die Kirchenstiftung Langenthal von 52 000 Franken zur Sanierung der Entwässerung des Vordachs der Kirche Langenthal.

Pastoralraumleiter im Interview
Nun liess Robert Zemp den Versammelten ein vorgängig durchgeführtes Interview auf die Leinwand projizieren, das er mit Odo Camponovo geführt hatte. Der 71-Jährige, seit dem 1. November 2020 neuer Leiter des
Pastoralraums Oberaargau, konnte in dieser kurzen Zeit erste Erfahrungen mit dem Kanton Bern machen und mit vielen Leuten sprechen, die engagiert seien und bei denen das Leben der Kirche und der Pfarreien wichtig sei. Odo Camponovo: «Kirche kann nicht leben ohne die Gläubigen, die hier mitmachen. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir – das ganze Seelsorgeteam – mit ihnen Kontakt aufnehmen und aufeinander hören. Dies auch, damit man sieht, welche Ideen da sind und um zu sehen, was man verwirklichen und weiterführen kann.» Der Pastoralraum Oberaargau mit den vier Pfarreien Langenthal, Huttwil, Herzogen­buch­see und Wangen an der Aare sei ein Raum der Zusammenarbeit mit Arbeitsteilung und gegenseitiger Unterstützung. Odo Camponovo weiter: «Ein grösseres Seelsorgeteam kann hier mehr in diese Richtung arbeiten, als wenn an vier Orten je eine Person zuständig ist. Ziel ist es, mit unseren Möglichkeiten das kirchliche Leben zu fördern. Es ist gut, wenn Pfarreien verschiedene Schwerpunkte haben. Man kann sich dann auch ergänzen.»

«Den Glauben ins Spiel bringen»
Der mit der Entwicklung von Pastoralräumen sehr versierte Odo Campo­novo, der ad interim schon einige Pastoralräume geleitet hat, ist im Kanton Aargau aufgewachsen, hatte vorerst alte Sprachen studieren wollen, sich dann aber fürs Theologiestudium in Freiburg entschieden, wo er Robert Zemp kennengelernt hat.
Odo Camponovos erste Stelle war jene in der Pfarrei Grenchen, wo er als Pastoralassistent im Pfarreiheim gewohnt hat. Dem Bistum Basel hat er dann 17 Jahre in Baden und 12 Jahre in Solothurn gedient, ehe er 2014 pensioniert wurde. Er ist verheiratet, hat drei Kinder sowie drei Enkelinnen und einen Enkel. «Welches sind die vordringlichsten Aufgaben im Pastoralraum, welches die Empfehlungen an die Gläubigen?», wollte Robert Zemp von Odo Camponovo wissen. Dessen Antwort: «Nach Krisen und schwierigen Zeiten Kontakt haben zu den Leuten, ihnen Mut machen und sagen, dass das Leben weiter geht. Es ist nicht alles verloren.» Er möchte die Menschen ermutigen, ihre Anliegen vorzubringen, damit ein gemeinsames Weitergehen möglich wird. «Versuchen Sie aus dem Glauben zu leben, im Alltag, in den Familien, im Beruf – versuchen Sie den Glauben ins Spiel zu bringen.»

Von Hans Mathys