• Regierungsrätin Evi Allemann (SP) gewährt Einblicke in ihre Direktion am Neujahrsapéro. · Bilder: Thomas Peter

  • Regierungsstatthalter Marc Häusler bedankt sich bei seiner Referentin.

14.01.2019
Oberaargau

Der Oberaargau wird digitaler

Regierungsstatthalter Marc Häusler liess am Neujahrsapéro in Wangen an der Aare Fakten sprechen: Neue Aufgaben, neue Strukturen und eine gestiegene Zahl an Bewilligungsgesuchen hielten sein Amt auf Trab. «Aber wir werden das schon stemmen», stimmte er dennoch kein Klagelied an und hofft auf Entlastung durch den E-Bürger. Vor allem ging es am Apéro auch ums Knüpfen von Kontakten in lockerem Rahmen, wozu Regierungsrätin Evi Allemann in ihrer Ansprache anregte.

Wangen an der Aare · Christian Jeremias nimmt sich nochmals einen kleinen Happen am bunten kalten Buffet im Schloss Wangen an der Aare. Der Ursenbacher ist als einer von neun neuen Gemeindepräsidenten zum ersten Mal am Neujahrsapéro vom Regierungsstatthalteramt Oberaargau. Und? Schon ins Gespräch gekommen mit den anderen? «Ja…. Ja doch», meint er nach kurzem Zögern. «Nicht mit allen natürlich, aber mit einigen schon», blickt er in Richtung seines Gegenübers. «Mit ihm habe ich die Berufsschulbank gedrückt, jetzt ist er auch in einem Gemeinderat.» Das habe er vorher nicht gewusst. Und das Gespräch mit dem einen führe zum Kontakt mit dem anderen, noch unbekannteren. «Ja man kommt schon ins Reden», bestätigt Christian Jeremias überzeugter.

Startschuss
Netzwerken, ein zentrales Anliegen am traditionellen Neujahrsapéro, findet Regierungsstatthalter Marc Häusler. Die Chancen dazu sind gross, denn die gut 80 Behördenvertreter, Grossräte und Funktionsträger stehen dicht beieinander in den beiden fast zu kleinen historischen Apérozimmern. «Alle 46 Oberaargauer Gemeinden sind heute vertreten, nur zwei, drei Präsidenten fehlen.» Kaum jemand verschwinde gleich nach den Ansprachen. «Es ist wie ein gemeinsamer Startschuss ins neue Jahr. Jetzt kann es losgehen mir der Arbeit.» Der Austausch im lockeren Rahmen findet statt und scheint fast wichtiger als die Neujahrsansprachen.

Baufreudige Oberaargauer
Dabei hatte Marc Häusler zuvor in seinem Rück- und Ausblick alles andere als langweilige Fakten präsentiert und liess da und dort anklingen, dass man an gewisse Grenzen stosse. «Es ist Wahnsinn, wie viel im Oberaargau gebaut wird.» 223 waren 2018 beim Regierungsstatthalteramt eingegangen, Tendenz steigend. Mit den 65 noch nicht erledigten vom Vorjahr sah man sich 2018 also gesamthaft mit 288 Gesuchen konfrontiert. Ende Jahr waren noch 81 hängig. «Bei den Baubewilligungen sind wir langsam wirklich am Limit», so Marc Häusler. Erleichterung verspricht er sich durch das E-Bau, das elektronische Baubewilligungsverfahren, bei dem die Gesuche digital eingereicht werden können. «Unser Ziel ist es, dies im Oberaargau ab Juli 2019 einführen zu können.» Die Vorbereitung laufe auf Hochtouren. Das gelte auch für die Einführung der neuen Softwarelösung für Regierungsstatthalterämter. «Das ist ein Riesenaufwand, der uns stark beschäftigt.»

Viele Nachbarschaftsstreite
Krisenbewältigung war ein weiterer, wichtiger Bereich für den Regierungsstatthalter. Marc Häusler stellt eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Nachbarschaftsstreitigkeiten in seinem Verwaltungskreis fest. Nur wenige Fälle konnten geschlichtet werden, doch «grossmehrheitlich konnten sich die Nachbarn aussergerichtlich nicht einigen.» Erfolgreicher konnte da die Mediation im SDA-Arbeitskonflikt abgeschlossen werden, bei der Marc Häusler beteiligt war. Zudem wurde er unter anderem mit der Teilprojektleitung bei der Ausarbeitung eines Bedrohungsmanagements betraut. «Unsere Fragestellungen fand der Bund so spannend, dass er beschlossen hat, diese zu übernehmen», zeigt sich Marc Häusler erfreut. In einer Zivilschutzanlage in Langenthal und dem Mehrzweckgebäude in Walterswil konnten zwei Zentren für die Aufnahme von Evakuierten im Oberaargau gefunden werden.
«Es war ein sehr intensives aber auch schönes Jahr», resümiert Marc Häusler und unterstreicht mit statistischen Werten die Geselligkeit der Oberaargauer. 639 Gastgewerbebetriebe gibt es in seinem Verwaltungskreis, Tendenz steigend. «Man muss sich mal diese Zahl vor Auge führen», so Häusler. Dabei wurden im vergangenen Jahr 33 neue Bewilligungsgesuche für Lokale eingereicht. Hinzu kamen 890 gastgewerbliche Einzelbewilligungsanträge etwa für Feste. Doch der Festfreudigkeit der Oberaargauer vermag Marc Häusler vor allem die schönen Seiten abgewinnen etwa bei den Grossanlässen in Wangen mit dem Kantonalen Jodlerfest oder dem Oberaargauischen Landesteilschiessen als besondere Highlights.

Mehr Personal?
Für das neue Jahr gelte es unter anderem, die überarbeitete Gastgewerbeverordnung umzusetzen, die zusätzliche Weissungen für neue gewerbliche Übernachtungsformen (AirBnB) enthält. Zudem stehen die National- und Ständeratswahlen an. Eher gemischte Gefühle lässt Marc Häusler durchschimmern bei den neu dem Regierungsstatthalter übertragenen Exmissionen, den Zwangsräumungen von Liegenschaften, die der Mieter nicht freiwillig verlässt. «Unsere Ressourcen wurden hier zwar um 10 Prozent erhöht, doch das ist relativ wenig. Aber wir werden das schon irgendwie stemmen», meint Marc Häusler (SVP) mit einem auffordernden Seitenblick an Regierungsrätin Evi Allemann (SP).

Digitalisierung
«Wir sind angewiesen auf eine gute Zusammenarbeit», greift Evi Allemann den Wunsch von Marc Häusler eher am Rande auf, unterstrich aber, wie wichtig gute Kontakte über Interessensgrenzen hinweg sind. «Vieles geht heute über das Netzwerk. Gemeinsame Erlebnisse auf Augenhöhe bringen einem da manchmal näher, als das gemeinsame Arbeiten und Streiten an Projekten», findet die Regierungsrätin. Den offenen Dialog suchen sei denn auch zentrales Anliegen ihrer Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion, die sie als «das Rückgrat der staatlichen Institutionen im Kanton Bern» bezeichnet. «Einfach, aktiv, digital», lautet dabei die Maxime: «Mit einfachen Strukturen wollen wir kurze, rasche Entscheidungswege anbieten», so Evi Allemann. Dazu gehöre auch die Digitalisierung, die alle Bereiche und Dienstleistungen ihrer Direktion betreffen. Neben dem E-Bau werde auch das E-Wohnen vorbreitet.
Aktiv wolle man sein im Dialog mit den Gemeinden Verbänden, Institution, und der Wirtschaft. «Der Kanton Bern hat noch einige Luft nach oben, um interessant zu sein als Wirtschaftsstandort», findet die Regierungsrätin. Es sei essentiell, «dass wir uns nicht hinter verschlossenen Türen verstecken und im Verborgenen an unserer Arbeit herumbröseln», sondern den Weg des offenen Dialoges beschreiten.
Gesagt, getan. Mit einem Glas Wein in der Hand stiess Evi Allemann gemeinsam mit Marc Häusler mit allen aufs 2019 an und mischte sich danach gesprächsbereit und –lustig unter die Gäste. Netzwerken auf Augenhöhe.

Von Thomas Peter