• Der Huttwiler Hanspeter Mathys ist einer der treusten «Langnou»-Anhänger. Auf dem Bild ist er mit seinem Meister-Wandbehang, den nur wenige SCL-Fans haben, zu sehen. · Bild: Stefan Leuenberger

01.03.2021
Region

«Der SC Langnau ist für mich eine Religion»

Hanspeter Mathys, Langnauer Eishockeyanhänger aus Huttwil – Der 76-jährige Huttwiler Hanspeter Mathys ist seit 60 Jahren einer der treusten Anhänger des Schlittschuhclubs Langnau. Natürlich war die SCL-Ikone auch in der Meisternacht am 2. März 1976 im Ilfisstadion dabei. Dem «UE»-Sport erzählt er aus dem SCL-Nähkästchen.

Eishockey · Der Huttwiler Hanspeter Mathys ist bekannt wie ein bunter Hund. Überall kennt man den sportverrückten Motivator. Er ist für seine positive und humorvolle Art bekannt. Viele Sportlerinnen und Sportler hat er mit seiner fesselnden Art in den letzten Jahrzehnten gelernt, was mit unbändigem Willen und grossem Trainingsfleiss möglich ist. Mathys ist selber einer der erfolgreichsten regionalen Sportschützen aller Zeiten. Auch im fortgeschrittenen Superveteranen-Alter trifft er an den Wettkämpfen – sofern diese wegen Covid-19 möglich sind – haargenau ins Schwarze, lässt dabei um Generationen jüngere Konkurrenten uralt aussehen.

SCL wichtiger als die Ehefrau
Der pensionierte Maschinenmechaniker ist aber auch einer der grössten Fans des Schlittschuhclubs Langnau (heute SCL Tigers). Es könnten mit den SCL-Erlebnissen von Mathys mehrere Bücher geschrieben werden. «Der SCL steht in der Prioritätenliste noch vor mir», sagt seine Ehefrau Verena Mathys schmunzelnd. Nur weil sie über Jahrzehnte diese Leidenschaft teilte, sind die beiden auch heute noch ein Ehepaar. «Jede andere wäre sicher davongelaufen», lacht Hanspeter Mathys. Das Paar hat sich – passend zur Geschichte – an einem Langnau-Match kennen und lieben gelernt. «Der SC Langnau ist für mich eine Religion», gibt Mathys zu. «Er blieb unzähligen wichtigen Familienfesten oder Anlässen fern, weil gleichzeitig ein Langnauer Spiel stattfand», bestätigt die Ehefrau. «Als ich einmal beim Skifahren das Bein gebrochen habe, hat mich Hanspeter in Frutigen im Spital besucht – allerdings nur kurz, weil er sofort nach Villars an die nächste Langnau-Partie weiterreisen musste», erzählt Verena Mathys. Eine von unzähligen Anekdoten, welche die Liebe von Hanspeter Mathys zum SC Langnau beschreibt.

«Ho, ho, hopp Langnou»
Natürlich war der Huttwiler, den zur damaligen Zeit das gesamte Clubumfeld kannte, auch am Meisterspiel am 2. März 1976 live im Stadion. «Wie über Jahrzehnte reiste ich an diesem Dienstag direkt nach der Arbeit mit Coiffeurmeister Kobi Tritschler und meiner Frau nach Langnau. Schon beim Hinfahren war ich mir ganz sicher, dass wir den Titel holen.» Die Stimmung beschreibt er auf den Tag 45 Jahre später als «schlicht gigantisch». «Vom ersten Puckeinwurf weg stand das berstend volle Stadion wie eine Wand hinter seiner Mannschaft. Das gemeinsame ‹Ho, ho, hopp Langnou›, egal ob auf den Sitz- oder Stehplätzen, habe ich in dieser Kraft und Form nie mehr erlebt. Ich hatte andauernd Gänsehaut», berichtet Mathys mit leuchtenden Augen. Er erinnert sich ganz genau an jede Spielszene, an jedes Tor dieser legendären Partie. «Ausgerechnet der unscheinbare und oft verschmähte Hansruedi Tanner eröffnete das Skore.» Das Langnauer Meisterteam sei so stabil gewesen, dass gegen Biel nichts hätte anbrennen können. «Und mit dem Spielertrainer Jean Cusson ist ein in Langnau nie mehr dagewesener ‹Reisser› vorangeschritten.» Seine Entschlossenheit und Motivationskunst habe dafür gesorgt, dass das Langnauer Team voll durchgezogen habe. «Eigentlich war die Partie schon nach dem Startdrittel entschieden. Passend sorgte Cusson mit dem sechsten Treffer für den Schlusspunkt», sagt Mathys, der aus dem gleichen Holz geschnitzt ist wie der Frankokanadier.

Die Meisternacht
Nach der Schlusssirene brachen alle Dämme. «Der Jubel war grenzenlos und ohrenbetäubend. Die Fans strömten auf die Eisfläche und feierten mit den Spielern diesen Grosserfolg für das ganze Emmental.» Die Militärmusik Langnau spielte auf. Nach der Pokalübergabe und den Feierlichkeiten im Stadion wechselte Hanspeter Mathys in den Saal des Restaurants Ilfisbrücke, wo er sich mit allen Meisterspielern austauschen konnte. «Es fand eine feuchtfröhliche Meisterfeier statt. Sie verlief sehr ausgelassen. Meine Frau drückte Jean Cusson einen Meisterkuss auf. Da habe ich sofort reagiert und Cussons Frau geschnappt und ihr ebenfalls einen Schmatzer aufgedrückt. Das war eine ganz hübsche», schmunzelt Mathys. «Die Bauern hatten schon Licht im Stall, als wir nach Hause zurückgekehrt sind.» Der Meistertitel war auch für Hanspeter Mathys der bisher schönste Moment in seiner SCL-Geschichte.

Der gleiche Sitzplatz wie vor 50 Jahren
Hanspeter Mathys war lange vor dem legendären Meisterjahr ein grosser SCL-Anhänger. Seine Leidenschaft begann im März 1961. «Als Welschland-Student besuchte ich anlässlich der Eishockey-WM in der Schweiz die Partie Russland gegen Schweden. Wenig später fand ebenfalls in Lausanne die Partie EHC Lausanne gegen den SC Langnau statt, die ich ebenfalls besuchte. Langnau schaffte den erstmaligen Aufstieg in die NLA, während Lausanne in die NLB abstieg. Es war Liebe auf den ersten Blick. Seither brennt mein Herz für den Tiger.» In all den Jahren knüpfte Mathys viele Kontakte, lernte Leute im Umfeld des SCL kennen – oder kannte sie bereits. Seit Jahren verfügt der langjährige Donator (im Jahr 1000 Franken) über zwei Sitzplätze nahe der Spielerbank und mit gutem Spielfeld-Überblick. «Ich sitze noch auf dem gleichen Holzbank, wie es diesen schon zur Zeit unter freiem Himmel gab. Der Huttwiler Hockeykenner verpasste über Jahrzehnte kein einziges Heim- und Auswärtsspiel. «Die Ferientage und -destinationen haben wir nach den Spieldaten und -orten von Langnau ausgewählt», erwähnt der Blumenstädter schelmisch und mit seinem spitzbübischen Lächeln. Einmal stand der militärische Rigi-Langlauf auf dem Programm. Um den Langnau-Match nicht zu verpassen, reiste der ambitionierte Militärsportler Hanspeter Mathys gleich mit den Ski ans Spiel nach Lugano. Nicht nur einmal ist der fite Huttwiler von einem Heimspiel in Langnau zu Fuss nach Hause gelaufen. «Andere Leute gehen in die Kirche oder ins Theater – ich an die Langnou-Matchs.» Dies führte dazu, dass vor allem in den 70-er und 80er-Jahren alle den SCL-«Hampi» kannten. Mit allen Spielern wechselte er Worte, mit einigen ging er Skifahren oder spielte Tennis, andere absolvierten mit dem Huttwiler Dauermotivator sogar ihre Trainingseinheiten. «Es hat sich alles so ergeben. Ich habe mich nie aufgedrängt oder wollte im Mittelpunkt stehen. Ich war und bin einfach ein grosser Langnou-Anhänger.» Hanspeter Mathys lebt für seinen Hockeyclub. Das Schweizer Fernsehen widmete dem Edel-Tiger-Fan aus «Huttu» im September 1998 anlässlich des ersten Saisonspiels (gegen den SC Bern) nach dem dritten NLA-Aufstieg der Vereinsgeschichte in der Sendung «Sportpanorama» sogar einen ausführlichen Bericht. «Das war sehr speziell – und schön.»

Nicht fahnenschwingend dafür genau hinschauend
Heute ist Hanspeter Mathys 76 Jahre alt, geniesst den Ruhestand, frönt wann immer möglich dem Schiesssport (wo er sein Wissen bei den Jungschützen und Kadetten immer noch jungen Willigen weiter gibt) und ist ungebrochen Feuer und Flamme für den Langnauer Eishockeyverein. «An die Auswärtsspiele gehe ich seit dem Tod meines langjährigen Matchbegleiters Andreas Sägesser allerdings nicht mehr. Heimspiele verpasse ich aber keines.» Mathys ist seit jeher nicht der laute und bekränzte Fan in der Kurve. «Ich geniesse die Partien seit vielen Jahrzehnten von meinem Sitzplatz, schaue genau hin und analysiere und diskutiere gerne. Ich will damit aber nicht den Besserwisser spielen. Ich interessiere mich einfach dafür, wie der Trainer mit den Spielern umgeht, wie und ob er die Jungen einsetzt. Ich achte auch immer genau darauf, ob sich die Spieler und das ganze Team weiterentwickeln.» Auch während der Coronavirus-Zeit, wo ein Stadionverbot herrscht, verpasst Mathys keine Partie. «Ich schaue alle Partien am Fernsehen.» Die Huttwiler SCL-Ikone verzichtet auch nicht darauf, wenn wieder ein «Familienschlauch» ansteht ...

Kurz gefragt

Bester Eishockeyspieler ever: Ganz klar Wayne Gretzky.

Bester Langnauer Eishockeyspieler: Bruno Wittwer und Reto von Arx.

Bester Langnauer des Meisterteams: Jürg Berger.

Todd Elik oder Merlin Malinowski: Todd Elik.

Grösster Langnauer Erfolg: Unangefochten der Schweizermeistertitel 1975/76.

Bestes Langnauer Spiel: Das war in der Meistersaison die Auswärtspartie gegen den Erzrivalen SC Bern. Vor 16 151 Zuschauern lag Langnau nach 54 Minuten 1:3 hinten. Zweimal Jürg Berger und Hans Wüthrich schossen in der Schlussphase die Tore zum aus Langnauer Sicht euphorisch umjubelten 4:3-Auswärtserfolg.

Langnauer Tiefpunkt: Das war Ende der Saison 1990/91 der erste der bisher zwei Abstiege in die 1. Liga.

Unvergesslicher Zwischenfall: Eine Begebenheit aus der Meistersaison: Die Langnauer Spieler leisteten im 15. Regiment Militärdienst in der Umgebung Huttwil. Damit sie sich für das nächste Eishockeyspiel schonen konnten, bot ich (verbotene) Hilfe an.
Beim Patrouillenlauf chauffierte ich ein Langnauer Viererteam von Posten zu Posten, so beispielsweise von
Gondiswil nach St. Urban. Im Ziel in Lotzwil waren die SCL-Spieler mit grossem Vorsprung die Ersten – und waren frisch für das Hockeyspiel. Aufgeflogen ist dieser «Bschiss» nie.  

Bester Langnauer Trainer: Ganz klar Simon Schenk. Er hat aus der Mannschaft am meisten herausgeholt und sie am weitesten nach vorne gebracht. Ich pflegte eine sehr freundschaftliche Beziehung zum Verstorbenen. Er hat mich im Hirschen in Langnau sogar gefragt, ob er das Amt als Schweizer Nationaltrainer annehmen soll oder nicht.

Langnauer Strafenkönig: Da kann ich nur Todd Elik nennen. Aber: Der Kanadier war eigentlich ein Gerechtigkeitsfanatiker und von Grund auf ein erdenguter Mensch.

Fairster Langnauer Spieler: Andreas Meyer. Obwohl: ich habe ihn tatsächlich einmal bei einer Boxeinlage mit Paul-André Cadieux erlebt.

Lieblingsgegner von Langnau: Der SC Bern. In Huttwil hat es über Jahrzehnte zwei feurige Fanlager gegeben: Die Langnou- und die Bärn-Fans.

Langnauer Hallendach-Trikots: Wenn ein solcher Brauch dann richtig: Es hätten noch ganz viel andere Spieler diese Ehre verdient, allen voran sämtliche Meisterspieler, denn Eishockey ist bekanntlich eine Teamsportart.

Langnauer Fanartikel: Eine verrückte Geschichte: Meine Frau und ich haben das Langnauer Fanartikel-Business, das heute so gewaltig ist, lanciert. An einem Auswärtsmatch in Ambri habe ich eine Frau mit einer gestrickten Mütze gesehen. Ich kam mit ihr ins Gespräch. Sie hatte Heimatort Huttwil. Ich bat sie, mir 20 Stück mit dem Tigerkopf zu machen. Diese haben wir in Langnau im Stadion verkauft. Es war die Geburtsstunde des SCL-Merchandising.
 
Langnauer Fans: Sie sind einfach phänomenal, gehen für das Team durch dick und dünn.

Von Stefan Leuenberger