• Der Melchnauer Luca Wyss hat beim NLB-Verein EVZ Academy eine Leaderrolle inne. · Bild: Keystone, Leroy Ryser

31.01.2020
Sport

«Der Schweden-Treffer bleibt für immer»

Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Luca Wyss, Eishockeyspieler aus Melchnau Eishockey ist seine grosse Liebe. Und diese hat den 20-jährigen Melchnauer Luca Wyss schon weit gebracht. Der Flügelstürmer schaffte es mit der Schweiz an die U20-WM und schoss dort gegen Schweden den 2:0-Siegtreffer. Jetzt wurde er für seine Leistungen mit dem Gewinn des Club 88-Sportpreises belohnt. Der Eishockey-Freak im Interview.

Eishockey · Sie sind erstmals am Club 88-Sportpreis mit dabei und haben auf Anhieb die Nachwuchs-Kategorie gewonnen. Was bedeutet Ihnen eine solche Auszeichnung?
Ich wurde im Dezember bereits beim Oberaargauer Sportpreis geehrt. Es ehrt mich extrem, wenn sich die Leute dafür interessieren und zugleich anerkennen, was ich im Eishockey leiste. Zugleich ist es eine riesige Motivation.

Haben Sie einen Bezug zu Huttwil?
Klar. In Huttwil stand ich erstmals auf dem Eis. Ausserdem habe ich mit Robin Nyffeler, Luca Christen und Christian Trüssel Huttwiler Wegbegleiter. Mit ihnen spielte ich viele Jahre Eishockey. Es sind auch neben dem Eis gute Freunde von mir.
 
Sie standen schon als 3-jähriger Knirps auf dem Eis. Wie kam es dazu?
Mein Vater, Markus Wyss, hat damals für Huttwil gespielt und auch als Trainer gearbeitet. Ich war oft dabei. Ich habe immer den Eislauf auf dem Huttwiler Ausseneisfeld besucht und grossen Spass daran gehabt.
Dann besuchte ich in Huttwil die Eishockeyschule. Allerdings nur gerade ein einziges Mal. Dann haben mich die Verantwortlichen direkt zu den Bambini des EHC Napf geschickt. So kam meine Eishockeykarriere blitzartig ins Rollen.

Ihr Fokus lag schon früh beim Eishockeysport. Wie stark wirkte sich dies auf Ihre schulischen Leistungen aus?
Zuerst ging ich in Melchnau zur Schule. Die Begeisterung für die Schule war natürlich niemals so gross wie für das Eishockey. Mir war bewusst, dass das Lernen wichtig ist. Nur mit der Umsetzung happerte es etwas. Ich war gewiss nicht der Beste – aber auch nicht schlecht. Für die Sekundarschule reichte es jedenfalls. Und diese Talentschule in Langenthal erleichterte mir dann einiges. Die Kombination Schule und Training harmonierte viel besser. Natürlich auch deshalb, weil das Eisstadion viel näher lag.

Wieso Eishockey?
Seit meinem ersten Kontakt bin ich mit dem Eishockeyfieber infiziert. Der Teamspirit ist mir wichtig. Hockey ist einfach ein geiler Sport.

Wo sehen Sie denn selbst Ihre Stärken in dieser populären Mannschaftssportart?
Meine Geschwindigkeit und die Spielübersicht würde ich als positive Punkte nennen. Dafür lässt die Abschlussstärke noch zu wünschen übrig.

Ihre Laufbahn begann bei den Bambini des EHC Napf. Dann folgte die Juniorenzeit beim SC Langenthal mit einem Abstecher zu den SCL Tigers. Welche Nachwuchsstufe prägte Sie?
Ganz klar die Zeit bei den Elite-Novizen und den Elite-Junioren der SCL Tigers. Dort habe ich am meisten profitiert. Die Luftveränderung war wichtig für mich.

Ganz speziell dürfte auch die Saison 2014/15 gewesen sein. Erinnern Sie sich weshalb?
Gerade nicht, nein.

Sie spielten damals in der U17-Equipe des SC Langenthal. An der Bande als Trainer stand ein gewisser Markkus Wyss …
Ach ja, genau. Ich wusste bloss die Jahrzahl nicht mehr. Diese Zeit ist noch sehr präsent. Ich erhielt keine «Zückerli», wurde von meinem Vater genauso hart angefasst. Während dem Training und dem Ernstkampf hätte man nie meinen können, dass er mein Vater ist. Und dies war super so. Es war eine gute Zeit, über die wir auch heute noch sprechen.

Sie haben es nach den Nachwuchsstufen ins NLB-Team von Langenthal geschafft und 64 Spiele absolviert.
Es war am Anfang sehr speziell. Als 18-Jähriger spielte ich bereits in der NLB. Und dies mit Grössen wie Stefan Tschannen oder Brent Kelly, welche ich kurz zuvor noch als Fan auf der Tribüne anhimmelte. Die beiden SCL-Saisons waren für mich extrem wertvoll. Und sie gipfelten im Gewinn des NLB-Schweizermeistertitels 2018/19.
 
Im Sommer 2019 haben Sie Ihre KV-Lehre abgeschlossen und setzen seither auf eine Profikarriere als Eishockeyspieler. Haben Sie diesen gewagten Schritt bereits einmal bereut?
Nein, niemals. Ich gehe jeden Tag mit grosser Freude ins Training. Und ich lerne täglich hinzu.

Wieso erfolgte im Sommer 2019 der Wechsel zum NLB-Ligakonkurrenten EVZ Academy?
Ich hätte in Langenthal bleiben können. Ich wollte aber eine andere Rolle übernehmen. Mehr Verantwortung. Im Zuger Team bin ich trotz meinem geringen Alter einer der älteren Spieler. Die Leaderrolle, die ich in Zug ausüben kann, bringt mich auf meinem Weg weiter. Es gefällt mir sehr in Zug. Ich kann bei der EVZ Academy viele neue Erfahrungen sammeln.

Wo möchten Sie in Zukunft auf Clubebene Eishockey spielen?
Es ist mein klares Ziel, mich raschmöglichst als NLA-Spieler zu etablieren. Als kleiner Bub habe ich dem SC Bern die Daumen gedrückt. Darum wäre es cool, später für den SC Bern vor derart begeisternder Heimkulisse spielen zu dürfen.

Ihr Talent wurde früh erkannt. Als 16-Jähriger wurden Sie erstmals für eine Nationalmannschaft aufgeboten. Seither trugen Sie das U17-, U18-, U19- und U20-Natidress. Das klare bisherige Highlight dürfte die Teilnahme an der U20-WM in Kanada vor einem Jahr gewesen sein.
Was ich in diesem Monat erlebt und an Eindrücken gesammelt habe, ist unvergesslich.

Wegen einer Hirnerschütterung verpassten Sie die Vorrunde. Erstmals dabei waren Sie beim sensationellen 2:0-Viertelfinal-Triumph über Schweden dabei, wo Sie das 2:0 geschossen haben. Ein unvergesslicher Moment.
Ich war verletzt, wusste nicht, ob ich an der WM überhaupt zu Einsätzen komme. Dann bekam ich das Okay für den Viertelfinal. Ich werde für immer im Kopf haben, wie ich gegen das grosse Schweden traf. Die Krönung war der Sieg, was gegen Schweden nicht alltäglich ist.

Nach der 1:6-Niederlage im Halbfinal gegen Finnland folgte gegen Russland im Spiel um Bronze eine empfindliche 2:5-Niederlage. Wie gross war die Enttäuschung, eine Medaille und damit etwas Historisches knapp verpasst zu haben?
Die war unmittelbar danach riesig. Nun, mit einiger Distanz, überwiegt der Stolz über das Geleistete.
 
Was hat Sie an der WM in Kanada 2019 fasziniert?
Die Begeisterung und Leidenschaft für das Eishockey ist in Kanada einfach atemberaubend.

An der kürzlich zu Ende gegangenen Junioren-WM 2020 in Tschechien – die Schweiz schied im Viertelfinal gegen Russland aus – durften Sie altershalber nicht mehr mittun. Wie soll Ihre Nationalmannschaftskarriere weiter gehen?
Ich will unbedingt einmal an der A-WM für die Schweiz auflaufen. Dafür arbeite ich tagtäglich hart. Zuerst muss ich es aber in die NLA schaffen. Gelingt mir dies, ist alles möglich.

Wie realistisch ist ein Engagement in der NHL?
Diesen Traum hegt jeder ambitionierte Eishockeyspieler. Ich mache mir aber noch keine grossen Gedanken darüber. Ganz einfach aus dem Grund, dass nur die besten NLA-Stürmer auf ein NHL-Engagement hoffen dürfen. Dorthin muss ich es erst schaffen.

Ihr Leben dreht sich um das Eishockey: Bei wem und wo können Sie abschalten?
Freundin habe ich keine. Dafür reicht die Zeit nicht aus. So geniesse ich die eishockeyfreie Zeit mit meinen Kollegen. Wir gehen in den Ausgang oder unternehmen auch tagsüber spontan gemeinsame Freizeitaktivitäten.

Gibt es auch Momente im Leben von Luca Wyss, wo das Eishockey mehrere Tage kein Thema ist?
In den Sommerferien. Dort geniesse ich das Nichtstun. Ansonsten ist dies nicht der Fall, da ich – die Matchtage ausgeschlossen – jeden Tag trainiere.

Aber es gibt bestimmt Dinge ausser Eishockey, die Sie richtig gerne tun?
Ich mag Beachvolleyball sehr. Im letzten Sommer habe ich im Zuger Strandbad oft gespielt.

Was wird Luca Wyss tun, wenn seine Aktivlaufbahn einmal zu Ende ist?
Meine Gedanken gehören dem Eishockey. Eventuell werde ich später einmal etwas im Trainerbereich machen. Und falls ich mich dann total vom Eishockey abwenden möchte, ist dies kein grosses Problem. Ich verfüge über eine Ausbildung. Das ist sehr wichtig.

Erzählen Sie uns bitte zum Abschluss noch, was es mit Ihrer Rückennummer auf sich hat?
Dies war ein spontaner Entscheid. An einem U18-Turnier fragte mich der damalige Sportchef Noel Guyaz, welche Rückennummer ich haben möchte. Ich fragte nach der 17 oder der 77, welche aber schon vergeben waren. So nahm ich die 82, welche ich noch heute trage. Die Wahl basiert also auf purem Zufall. An der U20-WM spielte ich allerdings mit der 17. Dies war toll, denn mein Vater hat früher die Nummer 17 gehabt.