• Langenthal und sein Stadtpräsident Reto Müller werden am übernächsten Samstag den Wakkerpreis erhalten. «Wir dürfen stolz sein», sagt Müller. Die Verleihung wird deshalb gebührend gefeiert. · Bild: Leroy Ryser

20.06.2019
Langenthal

Der Wakkerpreis als Chance, stolz zu sein und stolz zu bleiben

Am 29. Juni führt die Stadt Langenthal ein Fest zur Verleihung des Wakkerpreises durch. Stadtpräsident Reto Müller hofft nicht nur auf tolles Wetter und schöne Feierlichkeiten, sondern auch auf eine positive Auswirkung und Ausstrahlung rund um diesen Preis, die das Jahr überdauern.

Reto Müller, Langenthals Stadtpräsident, steht auf der Dachterasse der Verwaltung der diesjährigen Wakkerpreis-Trägerin. Er blickt über das Geländer des Langenthaler Glaspalasts und sagt: «Vor einem Jahrhundert endete der Siedlungsperimeter der Stadt Langenthal beim Stadttheater.» Diesen Fakt wird er später beim Interview mit dem «Unter-Emmentaler» in seinem Büro mit einer Aufnahme aus dieser Zeit bestätigen. Seither ist so einiges passiert und vor allem auch viel gebaut worden. Und mittlerweile kann sich das Oberaargauer Zentrum auch noch Preisträgerin eines renommierten, landesweit bekannten Preises nennen. «Darüber waren wir schon überrascht», gibt Reto Müller zu. Er selbst habe die Wakkerpreisträger immer mit einer schönen Altstadt in Verbindung gebracht und deshalb den Preis auch nicht erwartet. «Aber das passt ja eigentlich auch zu uns. Manchmal muss die Anerkennung von aussen kommen, weil wir selbst das gar nicht erkennen. Ausserdem sind wir schon eher bescheiden, wir Oberaargauer.» Dadurch könne der Wakkerpreis dazu beitragen, den Bürgern von Langenthal die Schönheit von Langenthal neu oder erneut aufzuzeigen. Man darf stolz sein, findet der 40-Jährige selbst. «Ich bin es. Ich bin stolz und freue mich.»

Geschichtsträchtige Merkmale
Auch ohne «klassische» Altstadt hat Langenthal einiges zu bieten ist Reto Müller derweil überzeugt. Der Wandel aus der ersten Industrialisierung heraus sei gut gelungen, obwohl oder weil zahlreiche Bauten schützenswert sind oder der kantonalen Denkmalpflege unterstehen. Langenthal hat deshalb und dank umsichtigen Entscheiden von Privaten und der Planungsbehörden noch heute einen besonderen, geschichtsträchtigen Charakter. Zudem verfügt es in seinem Bauinventar über zahlreiche Villen mit stattlichen Gartenanlagen oder Arbeitersiedlungen die eigene Gärtchen bieten. «Die Unternehmer haben damals nicht nur für sich Villen gebaut, sondern auch gleich für die Arbeiter neue Siedlungen erschaffen», erklärt Müller. Daraus sind Quartiere entstanden wie beispielsweise die Pappelhöfe, die Belchenstrasse oder die Gabismatte, und überall sind auch dort Grünflächen mitintegriert worden. «Dieses Zusammenspiel macht Langenthal einzigartig und verleiht einen speziellen Charakter», sagt der «Stapi». Auch sonst gebe es zahlreiche Orte in «seiner» Stadt, an denen er gerne innehalte. Dazu gehört nicht zuletzt das Stadttheater oder der Wuhrplatz.

Der Wakkerpreis verpflichtet
Dass man dies im Rahmen des Wakkerpreises nun zeigen darf, ja gar speziell präsentieren soll, bietet nicht zuletzt auch Chancen, welche die Stadt nutzen will. Führungen werden angeboten, ein Buch wird erscheinen, auch hat die Stadt das Gewerbe aufgefordert, passende Artikel wie Wakkerpreis-Brote oder Wakkerpreis-Biere zu verkaufen. Bis die Stadt als Preisträgerin auch im öffentlichen Raum wahrgenommen wurde, hat es aber durchaus länger gedauert. Bis gut zwei Wochen vor dem Fest war nur wenig davon im Stadtbild präsent. «Das hat auch mit dem politischen System zu tun. Wir mussten uns organisieren und finanzielle Beiträge absegnen, letztliche Entscheidungen treffen – aber jetzt können wir sagen, dass wir bereits für das Fest sind», sagt Reto Müller. Dieses soll indes noch weitere Überraschungen bereithalten, stattfinden wird es am 29. Juni. «Mit einer Freinacht», betont Müller, schliesslich solle die Bevölkerung in und mit der Stadt auch gebührend feiern können. Mit dieser Feier ist das Wakkerpreis-Jahr für Langenthal aber nicht abgeschlossen, bis in den Dezember werden beispielsweise Vorträge gehalten, die Führungen sollen sogar übers Jahr hinaus angeboten werden. Ausserdem soll der Wakkerpreis auch für die Zukunft positive Auswirkungen haben. «Es ist eine Anerkennung, aber auch eine Verpflichtung. Diese Verfahren, diesen Dialog, die sich in der Langenthaler Baulandschaft bewährt hat, wollen wir weiterpflegen.» Gerade dies sei schliesslich ausgezeichnet worden, dass in Langenthal grössenunabhängig und gemeinsam nach konsensfähigen Lösungen gesucht wird.
Auch in diesem Sinn stellt der Wakkerpreis eine Chance dar, die Reto Müller für Langenthal gerne nutzen möchte. Dann darf man nicht nur stolz sein, man darf es eben selbst als Oberaargauer auch bleiben.

Von Leroy Ryser