• Hannes Lanz war viel beruflich unterwegs: In Spanien hielt er sich von 1958–1959 auf und war in Barcelona für den Schmuck-Verkauf und -Export zuständig. Seine berufliche Reise führte ihn in den 60er-Jahren weiter nach Japan, wo er Kundenbetreuung nach traditioneller Art erlebte. Auch kam er auf japanischem Boden in den Genuss seines ersten Gerichts mit Stäbchen. 1977 machte er sich selbstständig, und so war er auch in anderen asiatischen Ländern unterwegs.

  • Vor seiner Pensionierung war er mit seiner Frau Cecila (rechts) oft in Europa unterwegs – so auch in der Schweiz. · Bilder: zvg

30.07.2021
Huttwil

Der wohl treuste Abonnent lebt in Hongkong

Der Huttwiler Hannes Lanz hat in seinem Leben vieles erreicht und erlebt: Er lebte in der Schweiz, in England, Spanien, Japan und seit 1967 ist der 86-Jährige in Hongkong wohnhaft. Er verliess die Schweiz nicht etwa, weil es ihm hier nicht gefiel, sondern seine Aufenthalte im Ausland waren meistens zur Erlernung der dortigen Sprache gedacht – ohne dabei Vorausplanungen zu machen, wie lange er dort bleiben würde. Er selbst hat die Vermutung, «dass er wohl der längste Abonnent des ‹Unter-Emmentaler›» ist.

Der UE geht um die Welt · Geboren ist Hannes Lanz vor 86 Jahren in einem Stöckli der Familie Minder in Ober-Tschäppel. Er kam ohne Hilfe der Hebamme auf die Welt, weil diese den steilen Weg der Eriswilstrasse von Huttwil aus mit dem Fahrrad unterschätzte. Sein Vater war Primarlehrer der Mittelschule Nyffel und nahm den langen Weg viermal pro Tag auf sich, um das Mittagessen zuhause einnehmen zu können. Der Kontakt zu Familie Minder, die im unteren Haus wohnte, war eng. Auch nach dem Wegzug im Jahr 1939 ins neuerbaute Haus gleich neben dem Schulhaus in Nyffel wurde der Kontakt mit Emma und Walter Minder aufrecht erhalten, denn Mutter Lanz war froh, so während den Schulferien in den Kriegsjahren ein Maul weniger füttern zu müssen. Bei Minders war er der «Chummerzhilf» und «Hüterbueb» und sein Lohn waren Eier und ein Kännli Milch. Die ­Eltern Lanz wünschten sich für ihren Sohn einen sicheren Beruf wie den eines Briefträgers. Doch es sollte nicht sein Weg sein, denn er bestand die Aufnahmeprüfung in der Verkehrsschule aufgrund seiner dort festgestellten Farbenblindheit nicht. Seine Garantie für ein sorgloses Leben als Briefträger war damit vom Tisch.

Berufserfahrung im Ausland
Hannes Lanz durchlief die Primarschule in Nyffel, die Sekundarschule in Huttwil und besuchte nachträglich für drei Jahre die Handelsschule in La Neuveville. Nach seinem Diplom verbrachte er zwei Jahre in der Verkaufsabteilung einer Pneufabrik im Zürcher Oberland. Damit er sich die englische Sprache aneignen konnte, siedelte er nach London um, wo er tagsüber in einer Transportfirma tätig war und abends Nachtschulen besuchte. Zwei Jahre später kehrte er in die Schweiz zurück und nahm eine Stelle in einer international tätigen Handelsfirma an. Er lernte auch noch Spanisch, weil es sein Wunsch war, später nach Südamerika auszuwandern. In Barcelona nahm er eine Stelle in der Exportabteilung einer Schmuckfirma an und besuchte abends den Sprachunterricht an der dortigen Universität.
Zwei Jahre danach kehrte er erneut in die Schweiz in die gleiche Handelsfirma zurück, wo ihm eine Position in deren Südamerika-Abteilung zugeteilt wurde. Sein Interesse wurde durch ein Inserat aus einer Zeitung geweckt: Ein Schweizer Unternehmen mit Zweigsitz in Kobe (Japan) suchte dort einen Spanisch-Korrespondenten. Nach erfolgreicher Bewerbung reiste er am 30. Juli 1960 an einen Vierjahreskontrakt gebunden nach Japan ab. Seine Aufgaben war die Bearbeitung des süd- und zentralamerikanischen Marktes und er bereiste diese Länder auch regelmässig. Nach vier Jahren verlängerte er seinen Kontrakt um weitere drei Jahre, bis ihm schliesslich 1967 eine Stelle in Hongkong angeboten wurde, wo er sich hauptsächlich mit dem Export von Spielwaren ­befasste.
Drei Jahre später heiratete er Cecilia, eine gebürtige Hongkong-Chinesin, die ihn privat wie auch auf der Geschäftsebene unterstützte. 1977 mach­te er sich selbstständig und eröffnete neben Hongkong Zweigniederlassungen in Korea, Taiwan und den Philippinen. Er schuf sich in Zusammenarbeit mit einer Schweizer Firma im Bereich Bäckereimaschinen ein zweites Standbein und verkaufte in Hongkong, China, Taiwan und in anderen asiatischen Ländern erfolgreich deren Produkte. Hannes Lanz war vor den 80er- Jahren bis zu seiner Pension öfters in Europa an Messen anzutreffen. Auch besuchte er seine dortigen Kunden und Lieferanten regelmässig. Im Jahr 2000 hat er seine Unternehmen einem tüchtigen Nachfolger abgetreten und ging in Pension.

Die Zeit von heute
Seit elf Jahren wohnt er mit seiner Frau Cecilia in Hongkong in einem Hochaus im 55. Stock. Kinder haben sie ­keine. Sie pflegen ein gutes Verhältnis zu ihren Nachbarn in den Wohnungen B und C. Das Ehepaar ist nach wie vor aktiv: Zwar ist Hannes Lanz seit 20 Jahren beruflich gesehen in den Ruhestand getreten, nicht aber im sozialen Bereich. Die beiden treffen sich durchschnittlich zwei- bis dreimal in der Woche mit Freunden zum Nachtessen oder zur Diskussion aktueller Begebenheiten. Seine Frau geht noch einer Tätigkeit im Bereich Chigong, das heisst Heilung und Verhütung von Krebs, nach. Sie erteilt zweimal wöchentlich ohne Kosten für die Schüler – momentan über 200 – Lektionen in zwei Turnhallen in Saikung (Vorort von Hongkong).

«UE»-Abonnent seit 1960
Den Bezug zur Schweiz hat Hannes Lanz nie ganz verloren: «Der ‹UE› wurde 1960 für mich von meinem Vater abonniert», erzählt Lanz. Seither ­begleite ihn das Blatt ständig in Japan wie auch in Hongkong. «Er informiert mich laufend, was in Huttwil und der näheren Umgebung so los und geplant ist.» Die Zeitung sei für ihn so etwas wie eine «Laferitante», die Nachbarn, Freunde und Bekannte über die letzten Neuigkeiten aus dieser Region informiere. In den Augen von Hannes Lanz ist dies auch ein Grund, warum etliche Heimweh-Huttwiler und Weggezogene aus der Region das Blatt in Ehren halten würden.
Europa-Besuche waren vor seiner Pen­sionierung öfters der Fall – meistens geschäftlich –, aber seit drei Jahren sei dies nicht mehr so. Auch andere Reisen ins Ausland kann das Ehepaar aufgrund der Pandemie-Situation nicht mehr gross machen: «Früher reisten wir rund dreimal pro Jahr nach Japan, China oder Kanada, wo Cecilias Geschwister, Nichten und Neffen ­leben», so Lanz, und fährt fort: «Ihre Mutter wird dieses Jahr 104 Jahre alt.»  

Von Chantal Bigler