• Flurina Cantieni, Projektleiterin des Designers’ Saturday in Langenthal, glaubt trotz der diesjährigen Absage an die Zukunft des Anlasses. · Bild: Thomas Peter

  • «Aktuell tut es einfach sehr weh, dass wir uns im November mit den Gastkuratorinnen und -kuratoren nicht präsentieren können, nachdem sich diese fast ein ganzes Jahr lang intensiv auf diesen Anlass vorbereitet haben», sagt Flurina Cantieni. · Bild: Thomas Peter

03.08.2020
Langenthal

«Designers’ Saturday bleibt ein Fixstern»

Es hätte ihr erster grosser Auftritt am Designers’ Saturday in Langenthal werden sollen. Die neue Projektleiterin Flurina Cantieni hätte im November nur zu gerne das neue Konzept präsentiert. Die 37-jährige Baslerin sagt deshalb: «Es tut extrem weh, dass wir uns nicht präsentieren können.» Gleichzeitig ist die gebürtige St. Gallerin überzeugt, dass der Event durch die Absage nicht Schaden nehmen wird, im Gegenteil: «Der Designers’ Saturday bleibt ein Fixstern in der Szene», sagt sie.

Langenthal · Flurina Cantieni, Sie dürften sich freuen: Das zweite Halbjahr 2020 können Sie beruflich ganz entspannt angehen, denn der Designers’ Saturday in Langenthal ist abgesagt worden. Sie können sich also zurücklehnen?
Uh, nein, ganz und gar nicht. Momentan bin ich damit beschäftigt, die 18. Ausstellung abzuschliessen, das heisst, mit allen Vertragspartnern Kontakt aufzunehmen, die reservierten Zimmer abzusagen, die Helfer und Helferinnen zu informieren und so weiter. Und dann geht es darum, wie es weitergeht – ich wünsche mir an der Mailänder Möbelmesse im nächsten Frühling Aussteller für den DS 2022 akquirieren zu können.

Man spürt es aus Ihren Worten: Die Absage schmerzt.
Ja, aktuell tut es einfach sehr weh, dass wir uns im November mit den Gastkuratorinnen und -kuratoren nicht präsentieren können, nachdem sich diese fast ein ganzes Jahr lang intensiv auf diesen Anlass vorbereitet haben.

Welche Überlegungen haben dazu geführt, dass man letztendlich sagen musste: So können wir den Designers’ Saturday nicht durchführen?
Die Situation mit der Corona-Pandemie hat den Vorstand zur Absage gezwungen, es lässt sich nicht einschätzen, wie es in den nächsten Monaten weitergeht. Und dann machen die nötig gewordenen Schutzmassnahmen den Anlass unattraktiv. Wir mussten die Notbremse ziehen, bevor die Aussteller sich in weitere Kosten stürzen, denn ihre Hauptarbeit liegt noch bevor, jetzt Ende Juli wäre der Termin für die Konzepteinreichung und die damit verbundene zweite Ratenzahlung gewesen.

Wie weit waren die Vorarbeiten fortgeschritten und welche (finanziellen) Konsequenzen hat die Absage für die Veranstaltende D’S Design Center AG?
Zum Zeitpunkt der Absage befanden wir uns mitten im Vorbereitungsprozess, vieles war bereits organisiert und aufgegleist. Wir standen unmittelbar vor der Realisierung des Programmhefts. Die Einladungen wären im nächsten Monat verschickt und der Ticket-Vorverkauf eröffnet worden. Die Absage des Anlasses erfolgte deshalb bewusst vor der kostenintensivsten Phase für die Aussteller wie für uns. Die finanziellen Folgen für die veranstaltende D’S Design Center AG lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffern. Aber eine Nichtdurchführung frisst immer ein Loch in die Kasse.

Wie reagierten die beteiligten Firmen, Gastkuratorinnen und -kuratoren auf die Absage, was bedeutet dies für sie?
Wir haben von allen Seiten grosses Verständnis gespürt. Viele waren sich der besonderen Situation bewusst und waren auf eine mögliche Absage vorbereitet. Wir haben lange an eine Durchführung geglaubt, bei allen Beteiligten war eine positive Grundstimmung spürbar. Das lässt sich auch daran erkennen, dass wir bis zur Absage lediglich eine Handvoll Rückzüge von Ausstellern hinnehmen mussten. Für viele bildete der DS eine letzte mögliche Präsentations-Plattform in diesem Jahr. Deshalb dürfte die Absage für etliche Aussteller und natürlich auch für die Gastkuratoren einen riesengrossen Frust darstellen.

Mit der Absage des Designers’  Saturday haben Sie als Projektleiterin der Veranstaltung einen denkbar schlechten Start erwischt, wäre dies doch nach ihrem Amtsantritt im letzten Sommer ihr erster Anlass gewesen. Was hätten Sie uns denn mit Ihrer Arbeit gerne vermittelt?
Mit Ihrer Aussage bin ich nicht ganz einverstanden, denn ich hatte keinen schlechten Start. Ich habe nämlich ein unglaublich spannendes Jahr erlebt. Ich durfte in Langenthal Fuss fassen und viele sehr wertvolle Kontakte knüpfen. Auch konnte ich mit vielen Ausstellern eine enge Beziehung aufbauen. Aber ja, ich hätte der Bevölkerung in der Region und der ganzen Designer-Szene gerne unser neues Konzept vorgestellt. Ich darf deshalb hier einige Leckerbissen erwähnen: So war beispielsweise eine 67 Meter lange Bar bei Hector Egger Holzbau geplant. Neu hätten wir auch einige Aussenräume «bespielt». Auch der Einbezug von Gastkuratorinnen und -kuratoren hätte neuen, frischen Wind in den Event getragen. Dazu hatten wir eine neue, grossartige Idee für den Abend-Event. Diese Idee behalten wir vorerst in unserem DS-Tresor.

Die Veranstaltung hat bei Besuchern, Ausstellern und Designern einen sehr hohen Stellenwert. Befürchten Sie durch die Absage einen Imageverlust des Designers’  Saturday oder gar noch schlimmer, ein starkes Abflauen des Interesses an dieser Veranstaltung, weil die Zeitspanne zwischen der letzten und der nächsten Austragung einfach zu gross sein wird. Ist der Designers’  Saturday schon bald Geschichte?
Nein, das wird nicht eintreffen, denn der Designers’  Saturday bleibt ein Fixstern in der Szene. Wenn der DS einmal in seiner über 30-jährigen Geschichte aussetzen muss, fällt das nicht ins Gewicht. Ich glaube vielmehr, dass der Anlass in zwei Jahren noch viel wichtiger sein wird, denn er wird niemals digital ersetzt werden können.

Aufgeschoben ist also nicht aufgehoben. Welche Gedanken machen Sie sich bereits für die nächste Austragung im Jahr 2022?
Gedanklich bin ich noch sehr mit der aktuellen Ausgabe beschäftigt, aber natürlich sind schon Ideen und Vorstellungen für die Ausgabe 2022 vorhanden. Die zentrale Frage, die sich uns stellt, ist, was sich von der diesjährigen Ausstellung auf die nächste übertragen lässt. Ich wurde in diesem Zusammenhang schon auf das diesjährige Thema «Enough» angesprochen, ob die nächste Austragung unter dem gleichen Motto stehen werde.

Nun zu Ihnen. Was hat Sie bewogen, sich für den Job als Projektleiterin des Designers’  Saturday zu bewerben?
Ich war schon vor meinem Engagement beim DS in der Szene zu Hause und kannte den DS auch als Aussteller. Ich habe gespürt, dass hier viel Potenzial drinsteckt und ich von meinem beruflichen Hintergrund her sehr viel einbringen könnte. Ich habe bei meinem letzten beruflichen Engagement bei der Vitra International AG diverse Kooperationsprojekte begleitet und dabei gemerkt, dass mir solche Arbeiten Spass machen. Deshalb habe ich mich für die Stelle bei der D’S Design Center AG beworben. Denn eine meiner Stärken liegt darin, Ideen, die herumschwirren, auf den Boden zu bringen, und in der Vermittlung verschiedener Akteure fühle ich mich zu Hause. Ich will mich aber nicht selber verwirklichen, sondern Projekte realisieren.

Welchen Bezug zu Design haben Sie, was macht für Sie gutes Design aus?
Design spielt schon länger eine Rolle in meinem Leben. Ich hatte schon immer ein grosses Interesse an Manufakturen oder daran, jemandem über die Schulter zu schauen und mitzuverfolgen, wenn etwas entsteht, egal ob in einem Einmannbetrieb oder in einer grossen Firma. Bei meiner Tätigkeit bei den Herstellern Laufen und Vitra konnte ich meine Verbindung zu Design stärken und lernen, was gutes Design ausmacht. Eben nicht nur Ästhetik und Funktionalität, sondern es geht auch um Innovation. Dies kann im Bereich des Materials sein, dank einer neuen Technologie oder das Produkt deckt ein neues Bedürfnis ab.

Langenthal wird auch die Design-Stadt genannt. Sie sind gebürtige Ostschweizerin und wohnhaft in Basel. Nehmen Sie als Auswärtige Langenthal als Design-Stadt wahr, wie stark ist das Wort Design Ihrer Meinung nach mit dem Ort verknüpft? Oder ist es bloss eine schöne Worthülse, ein purer Marketingname für Langenthal?
Nein, das ist keine Worthülse. In der Szene wird oft davon gesprochen, dass man nach Langenthal geht. Die Leute bringen den DS mit der Ortschaft in Verbindung. Das zeigt, dass der Designers’  Saturday stark mit Langenthal verbunden ist.

Für viele Leute ist Design etwas Ab-straktes und kaum Fassbares. Als Projektleiterin des Designers’  Saturday wäre es mitunter ihre Aufgabe, den Begriff Design als etwas Alltägliches erscheinen zu lassen, der breite Bevölkerungsschichten anspricht. Wie macht man das?
Dazu kann ich nur sagen: Leute kommt an den Designers’  Saturday zum Schauen und Staunen. Ihr werdet Produkte und Firmen aus eurem Alltag entdecken und merken, wie ihr von Design umgeben seid.

Was glauben Sie persönlich, wie stark hat die hiesige Designer-Szene unter der Corona-Pandemie gelitten oder wird noch darunter leiden?
Das kann ich nicht beurteilen. Ich stelle aber fest, dass es alle betrifft – vom Veranstalter, Aussteller, Gestalter bis zum Messebauer – einige vermutlich mit einer gewissen Verzögerung.

Welche Auswirkungen befürchten Sie auf Ihre Arbeit als Projektleiterin des Designers’  Saturday?
Nach der Absage werde ich dieses Jahr einige Monate früher fertig sein als sonst. Für uns stellt sich die Frage, ob wir beispielsweise im Zwischenjahr 2021 in irgendeiner Form in Erscheinung treten wollen.

Wenn Sie privat unterwegs sind, wie stark designt ist Ihr Leben dann, kann es auch «Chäs u Brot» beinhalten?
Ja, klar – es geht einfach oder aufwändig, unabhängig vom Design. Ich würde nebst Brot und Käse noch eine St. Galler Bratwurst oder einen Cervelat mitnehmen, sodass der Ausflug zu einem «Bröötle»-Spass wird. Mit einem Haselstecken, der mit einem Schweizer Sackmesser geschnitzt wurde (lacht).

Walter Ryser im Gespräch mit Flurina Cantieni, Projektleiterin Designers’ Saturday