• Die «Brass Explosion», unter der Leitung von André Gygli, schaffte vorweihnachtliche Freude mit Werken russischer Musik. · Bild: Rolf Bleisch

28.12.2017
Oberaargau

Die «Brass Explosion» verlieh Flügel

Die 13 -köpfige «Brass Explosion», unter der Leitung von André Gygli, offerierte in der Kirche Eriswil ein vorweihnachtliches Geschenk mit Klängen aus Russland.

 

Eriswil · Brass-Band-Klänge in allen möglichen Schattierungen boten in der voll besetzten Kirche in Eriswil ein wahrlich nicht alltägliches Musikvergnügen. Dirigent André Gygli hielt die Zuhörerinnen und Zuhörer mit seinem Orchester vom ersten bis zum letzten Ton in Atem und verlieh ihnen buchstäblich Flügel. Das darf einerseits auf die ausgewählten und bestens für eine Brassband arrangierten Werke zurückgeführt werden und andererseits auf die meisterliche Beherrschung der Instrumente, die Musikalität der Spielenden, das bewundernswerte Zusammenspiel des Orchesters und die impulsiv und fein differenzierte Arbeit des Dirigenten.

Blick in die russische Seele
Das Bilder und Empathie prägende Spiel der «Brass Explosion» wurde schon mit dem ersten Werk der Sardar Prozession von Mikhail Ivanov (1849 bis 1927) zu einem besondern Erlebnis. Die tristen und schwermütigen Klänge der Prozession vermittelten die einzelnen Instrumente über einen sanften Einstieg und führten über das zunehmend impulsive Verarbeiten des Themas durch das Orchester zu einer musikalischen Bildgeschichte mit lebensbejahendem Charakter. Aus der bekannten Melodie des Stückes «Kalinka» bauten die Musiker das Thema variationenreich zu einem grossartigen Finale auf.
In einem vergleichbaren Stil zeigte sich das ebenfalls traditionelle Wolgalied mit Swingcharakter. Die einzelnen Register übernahmen die Grundmelodie über ihre besondern instrumentalen Eigenheiten und begegneten sich schlussendlich zu einem rauschenden Zusammenspiel. Mit dem polnischen Pianisten Arthur Rubinstein (1887 bis 1982) setzte man mit dem Werk «Melodie in F» einen besondern Akzent. Seine Klänge erinnerten an fröhliche Momente in spielerischer Wärme und aufgeweckter musikalischer Liebkosung mit schöner Unterstützung durch die Perkussionsinstrumente.
Dass mit diesen verschieden klingenden Instrumenten eine besondere Stimmung im Kirchenraum geschaffen werden konnte, bewies der von einem zum andern «wandernde» Solist Michael Barmet mit seinen begleitenden Mitspielern Julia Christen und Christoph Mehr mit dem Werk «Russky Perkussky» des britischen Musikers Goff Richards (1944 bis 2011).
Mit an allen Blasinstrumenten aufgesetzten Schalldämpfern änderte sich der Sound des Orchesters hin zum sibirischen Schlaflied «Bajuschki Bajou» (Russischer kindlicher Jubelruf). Von den «Schlafklängen» wechselten die Bläser dann ohne Schalldämpfer zu warmen Klängen, die durch fröhliche Glockenklänge verziert wurden.

Grandioses Finale
Damit schaffte die «Brass Explosion» beste Vorbereitung zum grossen Konzertfinale mit der «Ouverture solanelle 1812» von Piotr Ilitsch Tschaikovsky. Mit der kleinen Brass Band dieses gewaltige Werk aufzuführen, war die grosse Herausforderung für den Dirigenten und seine Musiker. Mit feierlichen, glasklaren und vielschichtigen Registerklängen eröffnete das Orchester die Ouverture. Es folgte die Aufstellung der russischen Truppen und die Kampfansage mit der «Marseillaise». Folkloristische Elemente wurden durch ohrenbetäubende Kanonenklänge über die grosse Pauke abgelöst. Den Zuhörerinnen und Zuhörern wurde der Boden unter den Schuhen weggerissen, und sie erlebten über den Anfangschoral in majestätischen und pompösen Klängen, vermischt mit dem Glockengeläut, den Sieg der russischen Truppen. Mit der Zarenhymne endete die fantastische Interpretation dieses Werkes.
Mit dem Kosakentanz von Peter Graham wechselte die Brassband von der dramatischen «1812» zu freudigem Musizieren als erste Zugabe, in der die Musiker ihr Können ein weiteres Mal unter Beweis stellten. Den Bezug zu Weihnachten rief das Orchester mit «Tochter Zion …» von Händel in Erinnerung und beendete damit diese faszinierende Zeit mit der «Brass Explosion» in der Kirche Eriswil.

Von Rolf Bleisch