• Der Blick durch die Schweizerfahne: Das Land braucht Patrioten. Demokratie und Politik dürfen kein «rotes Tuch» sein.Bild: Marcel Bieri

02.08.2019
Oberaargau

Die Demokratie nicht «anderen» überlassen

An der Bundesfeier in Kleindietwil sprach der Bernische Regierungspräsident und Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann.

KLEINDIETWIL · Der Berner Oberländer kehrte damit zu den Wurzeln zurück, denn sein Heimatort ist Madiswil. Heimat habe allerdings weniger mit einem Ort, wo man abstamme, geboren sei oder gearbeitet habe, zu tun, als vielmehr mit gemeinsamer Sprache. «Dass man verstanden wird und selber versteht», definierte er. «Wer die Schweiz als Heimat bezeichnet, hat sich auch einer Verantwortung zu stellen. Patriotismus, sich einer Verantwortung stellen heisse aber nicht, dass man blind hinter der Schweizerfahne hermarschiere. Es sei kein Gelegenheitspatriotismus wie bei einer Sportveranstaltung. «Patriotismus heisst, dass man sein Land, seine Heimat gestalten will, dass man dort bewahrt, wo sich etwas bewährt hat. Dass man dort verändert, wo etwas besser zu machen ist», stellte er fest. Aber auch, dass man offen sei gegenüber anderem und neuem, anderen Menschen und anderen Kulturen. «Patriotismus heisst, dass man mitmacht, Verantwortung übernimmt im Dorf und in der Gemeinde, im Verein und in der Nachbarschaft, in der Politik wie im Privaten.» 

Die Schweiz sei eine der ältesten Demokratien. Diese Demokratie habe sich bewährt und immer wieder zur Stabilität und Sicherheit in unserem Land beigetragen. «Darauf darf man stolz sein.» Nach wie vor gehe es der Schweiz in allen Beziehungen gut. Dennoch habe man mit Blick auf die Gegenwart und Zukunft auch Grund zur Sorge. 

Der Regierungsratspräsident erwähnte dabei die politischen Entwicklungen und Konflikte in Europa, die Klima- und Energiediskussionen, das Thema Digitalisierung, die stetig steigenden Krankenkassenprämien und die Finanzierung des Gesundheitswesens und der Altersvorsorge. 

Deshalb sei es umso wichtiger, dass wir Demokratie leben würden. «Wer Demokratie konsumiert und zuschaut, überlässt die Gestaltung anderen.» Denen «in Bern», die «machen würden, was sie wollen». Demokratie aber müsse täglich neu erarbeitet werden. Probleme, die teils bedrohlichen Charakter angenommen hätten, «können wir nur gemeinsam und solidarisch lösen, indem wir einander helfen, so wie es im Bundesbrief steht, ‹mit aller Kraft und Bereitschaft›.» 

Mit einem ernsten Aufruf an alle schloss Christoph Ammann seine Rede: «Ob Digitalisierung, Klimaschutz, die Finanzierung der Sozialwerke und des Gesundheitswesens, ob Energieversorgung oder ob bei innenpolitischen oder aussenpolitischen Fragen: Die Schweiz wird nur dann ihre im Moment noch starke Stellung verteidigen können, wenn sie sich weiterentwickelt. Dazu braucht es die Bereitschaft und Tatkraft von uns allen – auch als Bürgerinnen und Bürger!»

Weitere Rednerinnen und Redner an den regionalen Bundesfeiern benützten die Plattform, um aufzuzeigen, wie schön und lebenswert die Schweiz bis heute ist. Mit ernsthaften Aufrufen liessen allerdings auch sie keine Zweifel offen, welch grosse Herausforderung es ist, die Schönheit, Eigenständigkeit und den Wohlstand des Landes zu erhalten. 

Von Liselotte Jost-Zürcher